edle Lord hat uns bekanntlich zwar keine Meister- stücke seiner Pädagogik hinterlassen; wenn aber die körperliche Arbeit, welche man einem jungen Prin- zen auferlegt, nicht bloße Spielerei ist, und man ihm es begreiflich macht, wie schwer es sey, im Schweiße seines Angesichts sein Brod zu essen, und wie schändlich, wie unverantwortlich derjenige han- delt, der dem fleißigen, hülflosen Armen die Früchte seiner Arbeit entreißt, um sie in üppiger Lust zu verschwelgen; dann kann eine solche prak- tische Lehre einem Prinzen und noch mehr in der Zukunft seinem Volke sehr nützlich werden.
Ueberhaupt sollte man junge Fürsten früher an das Gehorchen, als an das Gebieten gewöhnen. Wo ihnen schon in der Kindheit das despotische Prinzip eingeprägt wird, da setzt man für die Folge ihre Köpfe und ihre Kronen wahrlich in die größte Gefahr. Jenes Prinzip paßte wohl für die grauen Jahrhunderte, wo die Menschen noch Thiere wa- ren; es mag auch noch passen für orientalische Barbaren, für Tataren, Kalmücken, Baschkiren, Kosacken, Wallachen, die bloße Thiermenschen sind, und sich mit dem Stourdza oder Kantschuh regieren oder beherrschen lassen; nur nicht für gebildete Na- tionen, die durch tausendfache Verletzung der Rechte des Menschen zur Erkenntniß dieser Rechte geführt wurden; sie mit einer, dem Despotismus sehr un- günstigen Klarheit entwickelt, und überall, wenn
III. Bändchen. 16
edle Lord hat uns bekanntlich zwar keine Meiſter- ſtuͤcke ſeiner Paͤdagogik hinterlaſſen; wenn aber die koͤrperliche Arbeit, welche man einem jungen Prin- zen auferlegt, nicht bloße Spielerei iſt, und man ihm es begreiflich macht, wie ſchwer es ſey, im Schweiße ſeines Angeſichts ſein Brod zu eſſen, und wie ſchaͤndlich, wie unverantwortlich derjenige han- delt, der dem fleißigen, huͤlfloſen Armen die Fruͤchte ſeiner Arbeit entreißt, um ſie in uͤppiger Luſt zu verſchwelgen; dann kann eine ſolche prak- tiſche Lehre einem Prinzen und noch mehr in der Zukunft ſeinem Volke ſehr nuͤtzlich werden.
Ueberhaupt ſollte man junge Fuͤrſten fruͤher an das Gehorchen, als an das Gebieten gewoͤhnen. Wo ihnen ſchon in der Kindheit das despotiſche Prinzip eingepraͤgt wird, da ſetzt man fuͤr die Folge ihre Koͤpfe und ihre Kronen wahrlich in die groͤßte Gefahr. Jenes Prinzip paßte wohl fuͤr die grauen Jahrhunderte, wo die Menſchen noch Thiere wa- ren; es mag auch noch paſſen fuͤr orientaliſche Barbaren, fuͤr Tataren, Kalmuͤcken, Baſchkiren, Koſacken, Wallachen, die bloße Thiermenſchen ſind, und ſich mit dem Stourdza oder Kantſchuh regieren oder beherrſchen laſſen; nur nicht fuͤr gebildete Na- tionen, die durch tauſendfache Verletzung der Rechte des Menſchen zur Erkenntniß dieſer Rechte gefuͤhrt wurden; ſie mit einer, dem Despotismus ſehr un- guͤnſtigen Klarheit entwickelt, und uͤberall, wenn
III. Baͤndchen. 16
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0185"n="185"/>
edle Lord hat uns bekanntlich zwar keine Meiſter-<lb/>ſtuͤcke ſeiner Paͤdagogik hinterlaſſen; wenn aber die<lb/>
koͤrperliche Arbeit, welche man einem jungen Prin-<lb/>
zen auferlegt, nicht bloße Spielerei iſt, und man<lb/>
ihm es begreiflich macht, wie ſchwer es ſey, im<lb/>
Schweiße ſeines Angeſichts ſein Brod zu eſſen, und<lb/>
wie ſchaͤndlich, wie unverantwortlich derjenige han-<lb/>
delt, der dem fleißigen, huͤlfloſen Armen die<lb/>
Fruͤchte ſeiner Arbeit entreißt, um ſie in uͤppiger<lb/>
Luſt zu verſchwelgen; dann kann eine ſolche prak-<lb/>
tiſche Lehre einem Prinzen und noch mehr in der<lb/>
Zukunft ſeinem Volke ſehr nuͤtzlich werden.</p><lb/><p>Ueberhaupt ſollte man junge Fuͤrſten fruͤher<lb/>
an das Gehorchen, als an das Gebieten gewoͤhnen.<lb/>
Wo ihnen ſchon in der Kindheit das despotiſche<lb/>
Prinzip eingepraͤgt wird, da ſetzt man fuͤr die Folge<lb/>
ihre Koͤpfe und ihre Kronen wahrlich in die groͤßte<lb/>
Gefahr. Jenes Prinzip paßte wohl fuͤr die grauen<lb/>
Jahrhunderte, wo die Menſchen noch Thiere wa-<lb/>
ren; es mag auch noch paſſen fuͤr orientaliſche<lb/>
Barbaren, fuͤr Tataren, Kalmuͤcken, Baſchkiren,<lb/>
Koſacken, Wallachen, die bloße Thiermenſchen ſind,<lb/>
und ſich mit dem Stourdza oder Kantſchuh regieren<lb/>
oder beherrſchen laſſen; nur nicht fuͤr gebildete Na-<lb/>
tionen, die durch tauſendfache Verletzung der Rechte<lb/>
des Menſchen zur Erkenntniß dieſer Rechte gefuͤhrt<lb/>
wurden; ſie mit einer, dem Despotismus ſehr un-<lb/>
guͤnſtigen Klarheit entwickelt, und uͤberall, wenn<lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#aq">III.</hi> Baͤndchen. 16</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[185/0185]
edle Lord hat uns bekanntlich zwar keine Meiſter-
ſtuͤcke ſeiner Paͤdagogik hinterlaſſen; wenn aber die
koͤrperliche Arbeit, welche man einem jungen Prin-
zen auferlegt, nicht bloße Spielerei iſt, und man
ihm es begreiflich macht, wie ſchwer es ſey, im
Schweiße ſeines Angeſichts ſein Brod zu eſſen, und
wie ſchaͤndlich, wie unverantwortlich derjenige han-
delt, der dem fleißigen, huͤlfloſen Armen die
Fruͤchte ſeiner Arbeit entreißt, um ſie in uͤppiger
Luſt zu verſchwelgen; dann kann eine ſolche prak-
tiſche Lehre einem Prinzen und noch mehr in der
Zukunft ſeinem Volke ſehr nuͤtzlich werden.
Ueberhaupt ſollte man junge Fuͤrſten fruͤher
an das Gehorchen, als an das Gebieten gewoͤhnen.
Wo ihnen ſchon in der Kindheit das despotiſche
Prinzip eingepraͤgt wird, da ſetzt man fuͤr die Folge
ihre Koͤpfe und ihre Kronen wahrlich in die groͤßte
Gefahr. Jenes Prinzip paßte wohl fuͤr die grauen
Jahrhunderte, wo die Menſchen noch Thiere wa-
ren; es mag auch noch paſſen fuͤr orientaliſche
Barbaren, fuͤr Tataren, Kalmuͤcken, Baſchkiren,
Koſacken, Wallachen, die bloße Thiermenſchen ſind,
und ſich mit dem Stourdza oder Kantſchuh regieren
oder beherrſchen laſſen; nur nicht fuͤr gebildete Na-
tionen, die durch tauſendfache Verletzung der Rechte
des Menſchen zur Erkenntniß dieſer Rechte gefuͤhrt
wurden; ſie mit einer, dem Despotismus ſehr un-
guͤnſtigen Klarheit entwickelt, und uͤberall, wenn
III. Baͤndchen. 16
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/185>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.