voller Nationen Hohn sprechen, und das Andenken an ihre Regenten bei der Nachwelt beschimpfen darf? Wahrlich, wir müssen in der Seele man- ches Fürsten vor unsern Nachkommen erröthen, de- nen etwa eine oder mehrere jener offiziellen Zeitungen vor Augen kommen sollten. Und was soll das fürstliche Bübchen, wenn es einst lesen kann, und alle die Herrlichkeiten erfährt, die man von seiner kleinen, erhabenen Person, als es noch in den Windeln lag, der Welt schon mitgetheilt hat, was soll es nicht von seiner Wichtigkeit für Begriffe erlangen? Es muß ja so aufgeblasen von Hochmuth und Verachtung gegen die Menschen wer- den, daß es noch vor der Zeit zerplatzt, wie der Drache zu Babel vom siedenden Pech!
Früh sollte man dem jungen Fürstensohn die, manchen Herrschern ganz unbegreiflichen Wahrhei- ten einprägen, daß alle Macht des Regenten vom Volke herstammt; daß er um des letztern, und dieses nicht um seinetwillen da sey; daß man die Völker nicht als Heerden von Schafen betrachten müsse, die blos zum Schlachten und Scheeren be- stimmt sind; daß sie vielmehr die volle und unver- äußerliche Befugniß haben, eine von ihnen über- tragene, von ihrem Vorsteher gemißbrauchte Gewalt zurück zu nehmen; daß sie nicht als vernünftige und denkende Wesen, gleich einem Marstall voll Pferde oder einem Hause voll lebloser Möbeln vom
voller Nationen Hohn ſprechen, und das Andenken an ihre Regenten bei der Nachwelt beſchimpfen darf? Wahrlich, wir muͤſſen in der Seele man- ches Fuͤrſten vor unſern Nachkommen erroͤthen, de- nen etwa eine oder mehrere jener offiziellen Zeitungen vor Augen kommen ſollten. Und was ſoll das fuͤrſtliche Buͤbchen, wenn es einſt leſen kann, und alle die Herrlichkeiten erfaͤhrt, die man von ſeiner kleinen, erhabenen Perſon, als es noch in den Windeln lag, der Welt ſchon mitgetheilt hat, was ſoll es nicht von ſeiner Wichtigkeit fuͤr Begriffe erlangen? Es muß ja ſo aufgeblaſen von Hochmuth und Verachtung gegen die Menſchen wer- den, daß es noch vor der Zeit zerplatzt, wie der Drache zu Babel vom ſiedenden Pech!
Fruͤh ſollte man dem jungen Fuͤrſtenſohn die, manchen Herrſchern ganz unbegreiflichen Wahrhei- ten einpraͤgen, daß alle Macht des Regenten vom Volke herſtammt; daß er um des letztern, und dieſes nicht um ſeinetwillen da ſey; daß man die Voͤlker nicht als Heerden von Schafen betrachten muͤſſe, die blos zum Schlachten und Scheeren be- ſtimmt ſind; daß ſie vielmehr die volle und unver- aͤußerliche Befugniß haben, eine von ihnen uͤber- tragene, von ihrem Vorſteher gemißbrauchte Gewalt zuruͤck zu nehmen; daß ſie nicht als vernuͤnftige und denkende Weſen, gleich einem Marſtall voll Pferde oder einem Hauſe voll lebloſer Moͤbeln vom
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voller Nationen Hohn ſprechen, und das Andenken
an ihre Regenten bei der Nachwelt beſchimpfen
darf? Wahrlich, wir muͤſſen in der Seele man-
ches Fuͤrſten vor unſern Nachkommen erroͤthen, de-
nen etwa eine oder mehrere jener offiziellen
Zeitungen vor Augen kommen ſollten. Und was
ſoll das fuͤrſtliche Buͤbchen, wenn es einſt leſen
kann, und alle die Herrlichkeiten erfaͤhrt, die man
von ſeiner kleinen, erhabenen Perſon, als es noch
in den Windeln lag, der Welt ſchon mitgetheilt
hat, was ſoll es nicht von ſeiner Wichtigkeit fuͤr
Begriffe erlangen? Es muß ja ſo aufgeblaſen von
Hochmuth und Verachtung gegen die Menſchen wer-
den, daß es noch vor der Zeit zerplatzt, wie der
Drache zu Babel vom ſiedenden Pech!
Fruͤh ſollte man dem jungen Fuͤrſtenſohn die,
manchen Herrſchern ganz unbegreiflichen Wahrhei-
ten einpraͤgen, daß alle Macht des Regenten vom
Volke herſtammt; daß er um des letztern, und
dieſes nicht um ſeinetwillen da ſey; daß man die
Voͤlker nicht als Heerden von Schafen betrachten
muͤſſe, die blos zum Schlachten und Scheeren be-
ſtimmt ſind; daß ſie vielmehr die volle und unver-
aͤußerliche Befugniß haben, eine von ihnen uͤber-
tragene, von ihrem Vorſteher gemißbrauchte Gewalt
zuruͤck zu nehmen; daß ſie nicht als vernuͤnftige
und denkende Weſen, gleich einem Marſtall voll
Pferde oder einem Hauſe voll lebloſer Moͤbeln vom
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/182>, abgerufen am 27.11.2024.
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