Völker, wenn sie einmal durch den gespenstischen Schatten ihrer Verfassung geweckt und an die ih- nen geraubten Rechte erinnert werden. Grausam ist die Rache, die über die meineidigen Gewalt- haber und die treulosen Volksvertreter ergeht, die um Geld, um Ehrenstellen oder gar wohl aus Feigheit ganze Nationen auf Jahrhunderte lang in Ketten zu schmieden versuchten. Noch lebt das Andenken Karls des Ersten in der Geschichte; möchte es von allen, die nach unbegränzter Macht stre- ben, und die Rechte der Menschheit höhnend mit Füßen treten wollen, beherziget werden! Möchten die Fürsten immer bedenken, daß nicht unbegränzte Willkühr ihnen die Liebe, wohl aber den Haß der Völker erwirbt; daß Pfaffen, Schergen, Spione und Henker eine sehr schwache und entehrende Leib- wache für Könige sind; daß der gute und konstitu- tionelle Regent sicherer ohne Begleitung in der Mitte seiner Bürger einhergeht, als der schlimme und willkührliche, der sich mit Tausenden von Krie- gern umgiebt, um sich gegen die wohlverdiente Rache seiner von ihm gequälten Sklaven zu schützen!
Nicht Rosse, nicht Reisige Sichern die steile Höh'; Wo Fürsten stehn! Liebe des Volkes kann's, Liebe des freien Manns!
Man sollte nicht so viel klagen über den bö- sen, unruhigen Geist unserer Zeit. Die Völker
Voͤlker, wenn ſie einmal durch den geſpenſtiſchen Schatten ihrer Verfaſſung geweckt und an die ih- nen geraubten Rechte erinnert werden. Grauſam iſt die Rache, die uͤber die meineidigen Gewalt- haber und die treuloſen Volksvertreter ergeht, die um Geld, um Ehrenſtellen oder gar wohl aus Feigheit ganze Nationen auf Jahrhunderte lang in Ketten zu ſchmieden verſuchten. Noch lebt das Andenken Karls des Erſten in der Geſchichte; moͤchte es von allen, die nach unbegraͤnzter Macht ſtre- ben, und die Rechte der Menſchheit hoͤhnend mit Fuͤßen treten wollen, beherziget werden! Moͤchten die Fuͤrſten immer bedenken, daß nicht unbegraͤnzte Willkuͤhr ihnen die Liebe, wohl aber den Haß der Voͤlker erwirbt; daß Pfaffen, Schergen, Spione und Henker eine ſehr ſchwache und entehrende Leib- wache fuͤr Koͤnige ſind; daß der gute und konſtitu- tionelle Regent ſicherer ohne Begleitung in der Mitte ſeiner Buͤrger einhergeht, als der ſchlimme und willkuͤhrliche, der ſich mit Tauſenden von Krie- gern umgiebt, um ſich gegen die wohlverdiente Rache ſeiner von ihm gequaͤlten Sklaven zu ſchuͤtzen!
Nicht Roſſe, nicht Reiſige Sichern die ſteile Hoͤh’; Wo Fuͤrſten ſtehn! Liebe des Volkes kann’s, Liebe des freien Manns!
Man ſollte nicht ſo viel klagen uͤber den boͤ- ſen, unruhigen Geiſt unſerer Zeit. Die Voͤlker
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Voͤlker, wenn ſie einmal durch den geſpenſtiſchen
Schatten ihrer Verfaſſung geweckt und an die ih-
nen geraubten Rechte erinnert werden. Grauſam
iſt die Rache, die uͤber die meineidigen Gewalt-
haber und die treuloſen Volksvertreter ergeht, die
um Geld, um Ehrenſtellen oder gar wohl aus
Feigheit ganze Nationen auf Jahrhunderte lang in
Ketten zu ſchmieden verſuchten. Noch lebt das
Andenken Karls des Erſten in der Geſchichte; moͤchte
es von allen, die nach unbegraͤnzter Macht ſtre-
ben, und die Rechte der Menſchheit hoͤhnend mit
Fuͤßen treten wollen, beherziget werden! Moͤchten
die Fuͤrſten immer bedenken, daß nicht unbegraͤnzte
Willkuͤhr ihnen die Liebe, wohl aber den Haß der
Voͤlker erwirbt; daß Pfaffen, Schergen, Spione
und Henker eine ſehr ſchwache und entehrende Leib-
wache fuͤr Koͤnige ſind; daß der gute und konſtitu-
tionelle Regent ſicherer ohne Begleitung in der
Mitte ſeiner Buͤrger einhergeht, als der ſchlimme
und willkuͤhrliche, der ſich mit Tauſenden von Krie-
gern umgiebt, um ſich gegen die wohlverdiente
Rache ſeiner von ihm gequaͤlten Sklaven zu ſchuͤtzen!
Nicht Roſſe, nicht Reiſige
Sichern die ſteile Hoͤh’;
Wo Fuͤrſten ſtehn!
Liebe des Volkes kann’s,
Liebe des freien Manns!
Man ſollte nicht ſo viel klagen uͤber den boͤ-
ſen, unruhigen Geiſt unſerer Zeit. Die Voͤlker
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 177. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/177>, abgerufen am 27.11.2024.
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