Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823.etwas erzählen und die Langeweile vertreiben zu Es steht keiner Regierung zu verdenken, von *) Einen Gesandten der letztern Art lernte ich in der
Person eines Herrn Baron von M -- g kennen. Nach dreißig Jahren sprach er von dem Gegenstande seiner Mission noch immer, als von dem wichtig- sten Staatsgeheimnisse und gewöhnlich nur leise, obgleich Jedermann wußte, daß sein Oheim, der erster Minister des Fürsten war, ihn blos als Ge- sandten fortgeschickt hatte, um ihm mit Ehren einen großen Jahrgehalt zur Tilgung seiner Schulden zu- wenden zu können, und daß man ihn an dem frem- den Hofe blos zum Harlekin und Kuppler gebraucht hatte. Um solche Wichte füttern zu können, müssen Wittwen und Waisen oft ihren letzten Bissen Brods hergeben, und ganze Familien vor Hunger und Kälte umkommen. etwas erzaͤhlen und die Langeweile vertreiben zu Es ſteht keiner Regierung zu verdenken, von *) Einen Geſandten der letztern Art lernte ich in der
Perſon eines Herrn Baron von M — g kennen. Nach dreißig Jahren ſprach er von dem Gegenſtande ſeiner Miſſion noch immer, als von dem wichtig- ſten Staatsgeheimniſſe und gewoͤhnlich nur leiſe, obgleich Jedermann wußte, daß ſein Oheim, der erſter Miniſter des Fuͤrſten war, ihn blos als Ge- ſandten fortgeſchickt hatte, um ihm mit Ehren einen großen Jahrgehalt zur Tilgung ſeiner Schulden zu- wenden zu koͤnnen, und daß man ihn an dem frem- den Hofe blos zum Harlekin und Kuppler gebraucht hatte. Um ſolche Wichte fuͤttern zu koͤnnen, muͤſſen Wittwen und Waiſen oft ihren letzten Biſſen Brods hergeben, und ganze Familien vor Hunger und Kaͤlte umkommen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0174" n="174"/> etwas erzaͤhlen und die Langeweile vertreiben zu<lb/> koͤnnen <note place="foot" n="*)">Einen Geſandten der letztern Art lernte ich in der<lb/> Perſon eines Herrn Baron von M — g kennen.<lb/> Nach dreißig Jahren ſprach er von dem Gegenſtande<lb/> ſeiner Miſſion noch immer, als von dem wichtig-<lb/> ſten Staatsgeheimniſſe und gewoͤhnlich nur leiſe,<lb/> obgleich Jedermann wußte, daß ſein Oheim, der<lb/> erſter Miniſter des Fuͤrſten war, ihn blos als Ge-<lb/> ſandten fortgeſchickt hatte, um ihm mit Ehren einen<lb/> großen Jahrgehalt zur Tilgung ſeiner Schulden zu-<lb/> wenden zu koͤnnen, und daß man ihn an dem frem-<lb/> den Hofe blos zum Harlekin und Kuppler gebraucht<lb/> hatte. Um ſolche Wichte fuͤttern zu koͤnnen, muͤſſen<lb/> Wittwen und Waiſen oft ihren letzten Biſſen<lb/> Brods hergeben, und ganze Familien vor Hunger<lb/> und Kaͤlte umkommen.</note>.</p><lb/> <p>Es ſteht keiner Regierung zu verdenken, von<lb/> den geheimen Maßregeln anderer Staaten, die ihr<lb/> nachtheilig werden koͤnnen, ſich auf rechtlichem<lb/> Wege Kenntniß zu verſchaffen. Wenn aber der<lb/> Geſandte ſtatt mit Wuͤrde ſeine Geſchaͤfte zu ver-<lb/> richten, allenthalben den argwoͤhniſchen Spaͤher und<lb/> Aufpaſſer macht; wenn er ſchlecht genug denkt,<lb/> durch Beſtechungen und Verheißungen fremde Be-<lb/> amten zum Verrath und zum Meineid gegen ihre<lb/> Nation und ihre Obern zu verleiten; wenn er dem<lb/> Fuͤrſten, an deſſen Hofe er ſteht, Mißtrauen gegen<lb/> ſein Volk und ſeine Nachbaren einfloͤßt; wenn er<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [174/0174]
etwas erzaͤhlen und die Langeweile vertreiben zu
koͤnnen *).
Es ſteht keiner Regierung zu verdenken, von
den geheimen Maßregeln anderer Staaten, die ihr
nachtheilig werden koͤnnen, ſich auf rechtlichem
Wege Kenntniß zu verſchaffen. Wenn aber der
Geſandte ſtatt mit Wuͤrde ſeine Geſchaͤfte zu ver-
richten, allenthalben den argwoͤhniſchen Spaͤher und
Aufpaſſer macht; wenn er ſchlecht genug denkt,
durch Beſtechungen und Verheißungen fremde Be-
amten zum Verrath und zum Meineid gegen ihre
Nation und ihre Obern zu verleiten; wenn er dem
Fuͤrſten, an deſſen Hofe er ſteht, Mißtrauen gegen
ſein Volk und ſeine Nachbaren einfloͤßt; wenn er
*) Einen Geſandten der letztern Art lernte ich in der
Perſon eines Herrn Baron von M — g kennen.
Nach dreißig Jahren ſprach er von dem Gegenſtande
ſeiner Miſſion noch immer, als von dem wichtig-
ſten Staatsgeheimniſſe und gewoͤhnlich nur leiſe,
obgleich Jedermann wußte, daß ſein Oheim, der
erſter Miniſter des Fuͤrſten war, ihn blos als Ge-
ſandten fortgeſchickt hatte, um ihm mit Ehren einen
großen Jahrgehalt zur Tilgung ſeiner Schulden zu-
wenden zu koͤnnen, und daß man ihn an dem frem-
den Hofe blos zum Harlekin und Kuppler gebraucht
hatte. Um ſolche Wichte fuͤttern zu koͤnnen, muͤſſen
Wittwen und Waiſen oft ihren letzten Biſſen
Brods hergeben, und ganze Familien vor Hunger
und Kaͤlte umkommen.
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