jestätsverbrecher, ein Ruhestörer; daher tönen ihnen auch die Worte Konstitution, Verfassung, Men- schen- und Völkerrechte fürchterlicher, als ihren schwarzen Oheimen und Vettern der Ausruf Hep! Hep! Sogar der Schatten einer Verfassung ist ih- nen ein grauenvolles Gespenst, welches sie mit frecher Hand zu vernichten streben, selbst wenn sie seine Erhaltung noch so heilig beschworen haben. Stets suchen sie Mißtrauen und Argwohn bei den Fürsten gegen ihre Völker zu erregen, um sich und ihre Kreaturen desto unentbehrlicher zu machen. Jede freie Rede eines muthvollen Mannes ist bei ihnen das Signal zu einem Aufruhr; jeder Tadel ihrer Handlungen ein Hochverrath. Weislich wie- gen sie die Könige in süße Träume ein, über den glücklichen Zustand der Völker und über die Zufrie- denheit derselben mit ihrem Schicksale, und möchten gerne die ganze Welt überreden, daß alle Thrä- nen, die man sieht, Wonnethränen, daß alle Flü- che und Seufzer Segnungen wären. Der Fürst, der sich auf Rebhühner- und Mädchenjagd und andere Thorheiten und Spielereien beschränkt, und ihnen sorglos das Staatsruder hingiebt, heißt bei ihnen ein weiser Regent, ein Vater seiner Unter- thanen, den Welt und Nachwelt vergöttern müssen. Unter allen Despotismen ist Ministerdespotismus der Menschheit am verderblichsten. Der despotische Fürst wird, wenn auch nicht aus Liebe für sein
Volk,
jeſtaͤtsverbrecher, ein Ruheſtoͤrer; daher toͤnen ihnen auch die Worte Konſtitution, Verfaſſung, Men- ſchen- und Voͤlkerrechte fuͤrchterlicher, als ihren ſchwarzen Oheimen und Vettern der Ausruf Hep! Hep! Sogar der Schatten einer Verfaſſung iſt ih- nen ein grauenvolles Geſpenſt, welches ſie mit frecher Hand zu vernichten ſtreben, ſelbſt wenn ſie ſeine Erhaltung noch ſo heilig beſchworen haben. Stets ſuchen ſie Mißtrauen und Argwohn bei den Fuͤrſten gegen ihre Voͤlker zu erregen, um ſich und ihre Kreaturen deſto unentbehrlicher zu machen. Jede freie Rede eines muthvollen Mannes iſt bei ihnen das Signal zu einem Aufruhr; jeder Tadel ihrer Handlungen ein Hochverrath. Weislich wie- gen ſie die Koͤnige in ſuͤße Traͤume ein, uͤber den gluͤcklichen Zuſtand der Voͤlker und uͤber die Zufrie- denheit derſelben mit ihrem Schickſale, und moͤchten gerne die ganze Welt uͤberreden, daß alle Thraͤ- nen, die man ſieht, Wonnethraͤnen, daß alle Fluͤ- che und Seufzer Segnungen waͤren. Der Fuͤrſt, der ſich auf Rebhuͤhner- und Maͤdchenjagd und andere Thorheiten und Spielereien beſchraͤnkt, und ihnen ſorglos das Staatsruder hingiebt, heißt bei ihnen ein weiſer Regent, ein Vater ſeiner Unter- thanen, den Welt und Nachwelt vergoͤttern muͤſſen. Unter allen Despotismen iſt Miniſterdespotismus der Menſchheit am verderblichſten. Der despotiſche Fuͤrſt wird, wenn auch nicht aus Liebe fuͤr ſein
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jeſtaͤtsverbrecher, ein Ruheſtoͤrer; daher toͤnen ihnen
auch die Worte Konſtitution, Verfaſſung, Men-
ſchen- und Voͤlkerrechte fuͤrchterlicher, als ihren
ſchwarzen Oheimen und Vettern der Ausruf Hep!
Hep! Sogar der Schatten einer Verfaſſung iſt ih-
nen ein grauenvolles Geſpenſt, welches ſie mit
frecher Hand zu vernichten ſtreben, ſelbſt wenn ſie
ſeine Erhaltung noch ſo heilig beſchworen haben.
Stets ſuchen ſie Mißtrauen und Argwohn bei den
Fuͤrſten gegen ihre Voͤlker zu erregen, um ſich und
ihre Kreaturen deſto unentbehrlicher zu machen.
Jede freie Rede eines muthvollen Mannes iſt bei
ihnen das Signal zu einem Aufruhr; jeder Tadel
ihrer Handlungen ein Hochverrath. Weislich wie-
gen ſie die Koͤnige in ſuͤße Traͤume ein, uͤber den
gluͤcklichen Zuſtand der Voͤlker und uͤber die Zufrie-
denheit derſelben mit ihrem Schickſale, und moͤchten
gerne die ganze Welt uͤberreden, daß alle Thraͤ-
nen, die man ſieht, Wonnethraͤnen, daß alle Fluͤ-
che und Seufzer Segnungen waͤren. Der Fuͤrſt,
der ſich auf Rebhuͤhner- und Maͤdchenjagd und
andere Thorheiten und Spielereien beſchraͤnkt, und
ihnen ſorglos das Staatsruder hingiebt, heißt bei
ihnen ein weiſer Regent, ein Vater ſeiner Unter-
thanen, den Welt und Nachwelt vergoͤttern muͤſſen.
Unter allen Despotismen iſt Miniſterdespotismus
der Menſchheit am verderblichſten. Der despotiſche
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/168>, abgerufen am 26.11.2024.
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