gegründetsten Ansprüche auf den Namen eines Ti- tus, eines Nerva, eines Trajan, eines Antonin, eines Mark Aurel machen dürfte! Es giebt keinen Landammann, keinen Amtsschultheissen, keinen Amtsburgermeister, keinen täglichen Rath in der Schweiz, der nicht mit einem Solon, einem Miltiades, einem Aristides, einem Themistokles, könnte verglichen werden!
Sehr prahlsüchtig sind die Kinder der Ketura und sehr eitel. Wenn sie mehr zur Lust, als der Nothwendigkeit halber, mehr um sich in der freien Ausübung ihrer despotischen Willkühr zu befestigen, als das Glück der Völker zu gründen, eine Reise von hundert Stunden unternehmen, so müssen ihre Herolde es ausposaunen, welche ungeheure Opfer sie der ganzen Menschheit darbringen, da sie auf Monate lang sich von ihren "geliebten" Völkern trennen, um die Ruhe des Erdballs zu sichern. Dies war namentlich und sehr oft der Fall bei Napoleon. Machten auch Witzlinge und Zeitungs- schreiber darüber sich lustig, flüsterte man dem hoch- müthigen Jmperator auch ziemlich laut und derbe ins Ohr: "eine so anmaßende Sprache gebühre sich nur gegen rohe Völker, wie etwa die Kalmücken, Baschkiren und Tartaren, nicht gegen einen Welt- theil voll gebildeter Nationen, denn dort sey sie lächerlich und unanständig; es wohnten hinter dem Berge gleichfalls Leute;" so tobte er gegen die,
gegruͤndetſten Anſpruͤche auf den Namen eines Ti- tus, eines Nerva, eines Trajan, eines Antonin, eines Mark Aurel machen duͤrfte! Es giebt keinen Landammann, keinen Amtsſchultheiſſen, keinen Amtsburgermeiſter, keinen taͤglichen Rath in der Schweiz, der nicht mit einem Solon, einem Miltiades, einem Ariſtides, einem Themiſtokles, koͤnnte verglichen werden!
Sehr prahlſuͤchtig ſind die Kinder der Ketura und ſehr eitel. Wenn ſie mehr zur Luſt, als der Nothwendigkeit halber, mehr um ſich in der freien Ausuͤbung ihrer despotiſchen Willkuͤhr zu befeſtigen, als das Gluͤck der Voͤlker zu gruͤnden, eine Reiſe von hundert Stunden unternehmen, ſo muͤſſen ihre Herolde es auspoſaunen, welche ungeheure Opfer ſie der ganzen Menſchheit darbringen, da ſie auf Monate lang ſich von ihren »geliebten« Voͤlkern trennen, um die Ruhe des Erdballs zu ſichern. Dies war namentlich und ſehr oft der Fall bei Napoleon. Machten auch Witzlinge und Zeitungs- ſchreiber daruͤber ſich luſtig, fluͤſterte man dem hoch- muͤthigen Jmperator auch ziemlich laut und derbe ins Ohr: »eine ſo anmaßende Sprache gebuͤhre ſich nur gegen rohe Voͤlker, wie etwa die Kalmuͤcken, Baſchkiren und Tartaren, nicht gegen einen Welt- theil voll gebildeter Nationen, denn dort ſey ſie laͤcherlich und unanſtaͤndig; es wohnten hinter dem Berge gleichfalls Leute;« ſo tobte er gegen die,
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gegruͤndetſten Anſpruͤche auf den Namen eines Ti-
tus, eines Nerva, eines Trajan, eines Antonin,
eines Mark Aurel machen duͤrfte! Es giebt keinen
Landammann, keinen Amtsſchultheiſſen, keinen
Amtsburgermeiſter, keinen taͤglichen Rath in
der Schweiz, der nicht mit einem Solon, einem
Miltiades, einem Ariſtides, einem Themiſtokles,
koͤnnte verglichen werden!
Sehr prahlſuͤchtig ſind die Kinder der Ketura
und ſehr eitel. Wenn ſie mehr zur Luſt, als der
Nothwendigkeit halber, mehr um ſich in der freien
Ausuͤbung ihrer despotiſchen Willkuͤhr zu befeſtigen,
als das Gluͤck der Voͤlker zu gruͤnden, eine Reiſe
von hundert Stunden unternehmen, ſo muͤſſen ihre
Herolde es auspoſaunen, welche ungeheure Opfer
ſie der ganzen Menſchheit darbringen, da ſie auf
Monate lang ſich von ihren »geliebten« Voͤlkern
trennen, um die Ruhe des Erdballs zu ſichern.
Dies war namentlich und ſehr oft der Fall bei
Napoleon. Machten auch Witzlinge und Zeitungs-
ſchreiber daruͤber ſich luſtig, fluͤſterte man dem hoch-
muͤthigen Jmperator auch ziemlich laut und derbe
ins Ohr: »eine ſo anmaßende Sprache gebuͤhre ſich
nur gegen rohe Voͤlker, wie etwa die Kalmuͤcken,
Baſchkiren und Tartaren, nicht gegen einen Welt-
theil voll gebildeter Nationen, denn dort ſey ſie
laͤcherlich und unanſtaͤndig; es wohnten hinter dem
Berge gleichfalls Leute;« ſo tobte er gegen die,
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/141>, abgerufen am 23.11.2024.
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