zu ziehen; wo man durch schändliche Aufreizer arg- lose Menschen zu übereilten Aeußerungen und Hand- lungen zu verleiten sucht, um sie nachher im Wege Rechtens aufs Blutgerüst schleppen und morden zu können; wo man alle menschlichen und Volksrechte mit Füßen tritt, und von keinen andern Rechten, als von denen der Herrscher etwas wissen will; nur dort kann von gewaltsamen Umwälzungen die Rede seyn; dort sind sie nicht allein zu fürchten, sondern sie erfolgen gewiß, möge man auch ergrei- fen, welche Maaßregeln man wolle.
Laßt uns die weißen legitimen Juden noch etwas näher betrachten. Jch weiß freilich wohl, daß für unsere Zeiten dieser Gegenstand wenig Jn- teresse hat, weil er der Vergangenheit, und nicht der Gegenwart angehört! Wir leben nicht mehr im Zeitalter der Tiberiusse, der Caligula, Clau- diusse, Nerone, Domitiane, und wie jene gekrön- ten Henker des Menschengeschlechts hießen! Auch Napoleon Bonaparte, der ihre Zeiten zurückführen wollte, schlummert im Grabe. Stolz und voll Entzücken können wir auf unsere Monarchen hin- blicken, denen wir Freiheit im Denken, Reden und Handeln, Frieden, blühenden Wohlstand und Ver- fassungen verdanken, wodurch die Rechte der Men- schen und Völker gesichert sind und aller tyranni- schen Willkühr vorgebauet ist. Es ist kein Kaiser und König, kein Fürst in Europa, der nicht die
zu ziehen; wo man durch ſchaͤndliche Aufreizer arg- loſe Menſchen zu uͤbereilten Aeußerungen und Hand- lungen zu verleiten ſucht, um ſie nachher im Wege Rechtens aufs Blutgeruͤſt ſchleppen und morden zu koͤnnen; wo man alle menſchlichen und Volksrechte mit Fuͤßen tritt, und von keinen andern Rechten, als von denen der Herrſcher etwas wiſſen will; nur dort kann von gewaltſamen Umwaͤlzungen die Rede ſeyn; dort ſind ſie nicht allein zu fuͤrchten, ſondern ſie erfolgen gewiß, moͤge man auch ergrei- fen, welche Maaßregeln man wolle.
Laßt uns die weißen legitimen Juden noch etwas naͤher betrachten. Jch weiß freilich wohl, daß fuͤr unſere Zeiten dieſer Gegenſtand wenig Jn- tereſſe hat, weil er der Vergangenheit, und nicht der Gegenwart angehoͤrt! Wir leben nicht mehr im Zeitalter der Tiberiuſſe, der Caligula, Clau- diuſſe, Nerone, Domitiane, und wie jene gekroͤn- ten Henker des Menſchengeſchlechts hießen! Auch Napoleon Bonaparte, der ihre Zeiten zuruͤckfuͤhren wollte, ſchlummert im Grabe. Stolz und voll Entzuͤcken koͤnnen wir auf unſere Monarchen hin- blicken, denen wir Freiheit im Denken, Reden und Handeln, Frieden, bluͤhenden Wohlſtand und Ver- faſſungen verdanken, wodurch die Rechte der Men- ſchen und Voͤlker geſichert ſind und aller tyranni- ſchen Willkuͤhr vorgebauet iſt. Es iſt kein Kaiſer und Koͤnig, kein Fuͤrſt in Europa, der nicht die
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zu ziehen; wo man durch ſchaͤndliche Aufreizer arg-
loſe Menſchen zu uͤbereilten Aeußerungen und Hand-
lungen zu verleiten ſucht, um ſie nachher im Wege
Rechtens aufs Blutgeruͤſt ſchleppen und morden zu
koͤnnen; wo man alle menſchlichen und Volksrechte
mit Fuͤßen tritt, und von keinen andern Rechten,
als von denen der Herrſcher etwas wiſſen will;
nur dort kann von gewaltſamen Umwaͤlzungen die
Rede ſeyn; dort ſind ſie nicht allein zu fuͤrchten,
ſondern ſie erfolgen gewiß, moͤge man auch ergrei-
fen, welche Maaßregeln man wolle.
Laßt uns die weißen legitimen Juden noch
etwas naͤher betrachten. Jch weiß freilich wohl,
daß fuͤr unſere Zeiten dieſer Gegenſtand wenig Jn-
tereſſe hat, weil er der Vergangenheit, und nicht
der Gegenwart angehoͤrt! Wir leben nicht mehr
im Zeitalter der Tiberiuſſe, der Caligula, Clau-
diuſſe, Nerone, Domitiane, und wie jene gekroͤn-
ten Henker des Menſchengeſchlechts hießen! Auch
Napoleon Bonaparte, der ihre Zeiten zuruͤckfuͤhren
wollte, ſchlummert im Grabe. Stolz und voll
Entzuͤcken koͤnnen wir auf unſere Monarchen hin-
blicken, denen wir Freiheit im Denken, Reden und
Handeln, Frieden, bluͤhenden Wohlſtand und Ver-
faſſungen verdanken, wodurch die Rechte der Men-
ſchen und Voͤlker geſichert ſind und aller tyranni-
ſchen Willkuͤhr vorgebauet iſt. Es iſt kein Kaiſer
und Koͤnig, kein Fuͤrſt in Europa, der nicht die
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/140>, abgerufen am 23.11.2024.
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