Paradeplätze aber mit Waffen und buntgekleideten Puppen angefüllt findet; wo Jhr bemerkt, daß Einwohner und Fremde überall von Schergen und Aufpassern belauert werden, und daß man über öffentliche Angelegenheiten mehr durch Mienen und Seufzer, als durch Worte redet; wo Geistes- und Gedankenverkehr von Polizeispionen und Censoren gewaltsam gehemmt werden; wenn Jhr, sage ich, dies Alles, oder auch nur Etwas im Einzelnen davon findet; so fliehet das Land; denn es herrscht ein Sohn der Ketura darin.
Nicht immer ist der, welcher, dem Titel und Namen nach, der Höchste im Staate seyn soll, es in der That. Manche Staatsoberhäupter sind bloße Nominalregenten; sie regieren nicht, sie wer- den regiert, und stehen zu wirklichen Regenten, wie z. B. Friedrich der Große, Joseph II., Karl Frie- drich von Baden ehemals waren, und wie die meisten jetzigen Souveräne in Europa Gottlob! noch sind, in demselben Verhältnisse, wie Herrn von Rothschilds Papiergeld zu Friederichs- und Napoleonsd'or. Sie steigen und sinken sowohl in Rücksicht ihrer Macht, als der öffentlichen Mei- nung, je nachdem sich ein kluger oder unkluger, ein guter oder schlechter Steuermann am Staatsruder befindet. Man darf ihnen daher so wenig das Gute, als das Böse zuschreiben, was in ihrem Lande geschieht; denn man muß nie den Pinsel
Paradeplaͤtze aber mit Waffen und buntgekleideten Puppen angefuͤllt findet; wo Jhr bemerkt, daß Einwohner und Fremde uͤberall von Schergen und Aufpaſſern belauert werden, und daß man uͤber oͤffentliche Angelegenheiten mehr durch Mienen und Seufzer, als durch Worte redet; wo Geiſtes- und Gedankenverkehr von Polizeiſpionen und Cenſoren gewaltſam gehemmt werden; wenn Jhr, ſage ich, dies Alles, oder auch nur Etwas im Einzelnen davon findet; ſo fliehet das Land; denn es herrſcht ein Sohn der Ketura darin.
Nicht immer iſt der, welcher, dem Titel und Namen nach, der Hoͤchſte im Staate ſeyn ſoll, es in der That. Manche Staatsoberhaͤupter ſind bloße Nominalregenten; ſie regieren nicht, ſie wer- den regiert, und ſtehen zu wirklichen Regenten, wie z. B. Friedrich der Große, Joſeph II., Karl Frie- drich von Baden ehemals waren, und wie die meiſten jetzigen Souveraͤne in Europa Gottlob! noch ſind, in demſelben Verhaͤltniſſe, wie Herrn von Rothſchilds Papiergeld zu Friederichs- und Napoleonsd’or. Sie ſteigen und ſinken ſowohl in Ruͤckſicht ihrer Macht, als der oͤffentlichen Mei- nung, je nachdem ſich ein kluger oder unkluger, ein guter oder ſchlechter Steuermann am Staatsruder befindet. Man darf ihnen daher ſo wenig das Gute, als das Boͤſe zuſchreiben, was in ihrem Lande geſchieht; denn man muß nie den Pinſel
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0130"n="130"/>
Paradeplaͤtze aber mit Waffen und buntgekleideten<lb/>
Puppen angefuͤllt findet; wo Jhr bemerkt, daß<lb/>
Einwohner und Fremde uͤberall von Schergen und<lb/>
Aufpaſſern belauert werden, und daß man uͤber<lb/>
oͤffentliche Angelegenheiten mehr durch Mienen und<lb/>
Seufzer, als durch Worte redet; wo Geiſtes- und<lb/>
Gedankenverkehr von Polizeiſpionen und Cenſoren<lb/>
gewaltſam gehemmt werden; wenn Jhr, ſage ich,<lb/>
dies Alles, oder auch nur Etwas im Einzelnen<lb/>
davon findet; ſo fliehet das Land; denn es herrſcht<lb/>
ein Sohn der Ketura darin.</p><lb/><p>Nicht immer iſt der, welcher, dem Titel und<lb/>
Namen nach, der Hoͤchſte im Staate ſeyn ſoll, es<lb/>
in der That. Manche Staatsoberhaͤupter ſind<lb/>
bloße Nominalregenten; ſie regieren nicht, ſie wer-<lb/>
den regiert, und ſtehen zu wirklichen Regenten, wie<lb/>
z. B. Friedrich der Große, Joſeph <hirendition="#aq">II.,</hi> Karl Frie-<lb/>
drich von Baden <hirendition="#g">ehemals</hi> waren, und wie die<lb/>
meiſten jetzigen Souveraͤne in Europa Gottlob!<lb/><hirendition="#g">noch</hi>ſind, in demſelben Verhaͤltniſſe, wie Herrn<lb/>
von Rothſchilds Papiergeld zu Friederichs- und<lb/>
Napoleonsd’or. Sie ſteigen und ſinken ſowohl in<lb/>
Ruͤckſicht ihrer Macht, als der oͤffentlichen Mei-<lb/>
nung, je nachdem ſich ein kluger oder unkluger, ein<lb/>
guter oder ſchlechter Steuermann am Staatsruder<lb/>
befindet. Man darf ihnen daher ſo wenig das<lb/>
Gute, als das Boͤſe zuſchreiben, was in ihrem<lb/>
Lande geſchieht; denn man muß nie den <hirendition="#g">Pinſel</hi><lb/></p></div></body></text></TEI>
[130/0130]
Paradeplaͤtze aber mit Waffen und buntgekleideten
Puppen angefuͤllt findet; wo Jhr bemerkt, daß
Einwohner und Fremde uͤberall von Schergen und
Aufpaſſern belauert werden, und daß man uͤber
oͤffentliche Angelegenheiten mehr durch Mienen und
Seufzer, als durch Worte redet; wo Geiſtes- und
Gedankenverkehr von Polizeiſpionen und Cenſoren
gewaltſam gehemmt werden; wenn Jhr, ſage ich,
dies Alles, oder auch nur Etwas im Einzelnen
davon findet; ſo fliehet das Land; denn es herrſcht
ein Sohn der Ketura darin.
Nicht immer iſt der, welcher, dem Titel und
Namen nach, der Hoͤchſte im Staate ſeyn ſoll, es
in der That. Manche Staatsoberhaͤupter ſind
bloße Nominalregenten; ſie regieren nicht, ſie wer-
den regiert, und ſtehen zu wirklichen Regenten, wie
z. B. Friedrich der Große, Joſeph II., Karl Frie-
drich von Baden ehemals waren, und wie die
meiſten jetzigen Souveraͤne in Europa Gottlob!
noch ſind, in demſelben Verhaͤltniſſe, wie Herrn
von Rothſchilds Papiergeld zu Friederichs- und
Napoleonsd’or. Sie ſteigen und ſinken ſowohl in
Ruͤckſicht ihrer Macht, als der oͤffentlichen Mei-
nung, je nachdem ſich ein kluger oder unkluger, ein
guter oder ſchlechter Steuermann am Staatsruder
befindet. Man darf ihnen daher ſo wenig das
Gute, als das Boͤſe zuſchreiben, was in ihrem
Lande geſchieht; denn man muß nie den Pinſel
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/130>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.