das Schimpfen und Toben der Buchhändler und Schriftsteller im Mindesten zu kümmern. Sollte ein Fürst von so vieler Einsicht und so tiefem Recht- lichkeitsgefühl, dem überdies das Meiste, was im Felde der Literatur Wichtiges sich ereignete, sehr bekannt war, wohl so geruhig zugesehen haben, wenn ihm der Nachdruck als etwas Unsittliches oder Widerrechtliches erschienen wäre? Er war doch sonst allem, was gegen Recht und Billigkeit ver- stieß, äußerst feind!
Jch würde diese Beispiele nicht anführen, wenn Sie, Herr Abgeordneter, mich nicht durch ihre Berufung auf Napoleons in Jtalien erlassenes De- kret dazu veranlaßten. Wer keine Gründe hat, beruft sich gerne auf Autoritäten; man muß ihm daher mit andern Autoritäten entgegen kommen, so wenig sie auch in einer Streitfrage entscheiden, wo nur Vernunftgründe etwas gelten können.
Selbst ein Schimpfwort englischer Verleger, wodurch sie den Nachdruck bezeichnen, soll, nach Jhnen, eine Autorität gegen denselben bilden. Gu- ter Gott, hätten Sie doch statt diesen erst bewiesen, worin der von den Buchhändlern behauptete Raub und Diebstahl der Nachdrucker besteht? Aus wel- chem Grunde Schriftsteller und Buchhändler sich anmaßen können, die Nachbildung einer, von ihnen unbedingt und mit vollem Eigenthum verkauften und dem Käufer übergebenen Waare verbieten zu wol-
das Schimpfen und Toben der Buchhaͤndler und Schriftſteller im Mindeſten zu kuͤmmern. Sollte ein Fuͤrſt von ſo vieler Einſicht und ſo tiefem Recht- lichkeitsgefuͤhl, dem uͤberdies das Meiſte, was im Felde der Literatur Wichtiges ſich ereignete, ſehr bekannt war, wohl ſo geruhig zugeſehen haben, wenn ihm der Nachdruck als etwas Unſittliches oder Widerrechtliches erſchienen waͤre? Er war doch ſonſt allem, was gegen Recht und Billigkeit ver- ſtieß, aͤußerſt feind!
Jch wuͤrde dieſe Beiſpiele nicht anfuͤhren, wenn Sie, Herr Abgeordneter, mich nicht durch ihre Berufung auf Napoleons in Jtalien erlaſſenes De- kret dazu veranlaßten. Wer keine Gruͤnde hat, beruft ſich gerne auf Autoritaͤten; man muß ihm daher mit andern Autoritaͤten entgegen kommen, ſo wenig ſie auch in einer Streitfrage entſcheiden, wo nur Vernunftgruͤnde etwas gelten koͤnnen.
Selbſt ein Schimpfwort engliſcher Verleger, wodurch ſie den Nachdruck bezeichnen, ſoll, nach Jhnen, eine Autoritaͤt gegen denſelben bilden. Gu- ter Gott, haͤtten Sie doch ſtatt dieſen erſt bewieſen, worin der von den Buchhaͤndlern behauptete Raub und Diebſtahl der Nachdrucker beſteht? Aus wel- chem Grunde Schriftſteller und Buchhaͤndler ſich anmaßen koͤnnen, die Nachbildung einer, von ihnen unbedingt und mit vollem Eigenthum verkauften und dem Kaͤufer uͤbergebenen Waare verbieten zu wol-
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das Schimpfen und Toben der Buchhaͤndler und
Schriftſteller im Mindeſten zu kuͤmmern. Sollte ein
Fuͤrſt von ſo vieler Einſicht und ſo tiefem Recht-
lichkeitsgefuͤhl, dem uͤberdies das Meiſte, was im
Felde der Literatur Wichtiges ſich ereignete, ſehr
bekannt war, wohl ſo geruhig zugeſehen haben,
wenn ihm der Nachdruck als etwas Unſittliches oder
Widerrechtliches erſchienen waͤre? Er war doch
ſonſt allem, was gegen Recht und Billigkeit ver-
ſtieß, aͤußerſt feind!
Jch wuͤrde dieſe Beiſpiele nicht anfuͤhren, wenn
Sie, Herr Abgeordneter, mich nicht durch ihre
Berufung auf Napoleons in Jtalien erlaſſenes De-
kret dazu veranlaßten. Wer keine Gruͤnde hat,
beruft ſich gerne auf Autoritaͤten; man muß ihm
daher mit andern Autoritaͤten entgegen kommen, ſo
wenig ſie auch in einer Streitfrage entſcheiden, wo
nur Vernunftgruͤnde etwas gelten koͤnnen.
Selbſt ein Schimpfwort engliſcher Verleger,
wodurch ſie den Nachdruck bezeichnen, ſoll, nach
Jhnen, eine Autoritaͤt gegen denſelben bilden. Gu-
ter Gott, haͤtten Sie doch ſtatt dieſen erſt bewieſen,
worin der von den Buchhaͤndlern behauptete Raub
und Diebſtahl der Nachdrucker beſteht? Aus wel-
chem Grunde Schriftſteller und Buchhaͤndler ſich
anmaßen koͤnnen, die Nachbildung einer, von ihnen
unbedingt und mit vollem Eigenthum verkauften und
dem Kaͤufer uͤbergebenen Waare verbieten zu wol-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 3. Jerusalem [i. e. Aarau], 1823, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule03_1823/102>, abgerufen am 22.11.2024.
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