Von der Beschneidung, der Lösung der Erst- geburt, und andern Dingen.
Meine gefühlvollen und theilnehmenden Leserinnen werden sich wahrscheinlich schon lange nach diesem Kapitelchen gesehnt haben, um zu erfahren, wo und wie die kleinen Juden paradiesfähig gemacht werden. Manchen von Jhnen möchte eine sehr um- ständliche Beschreibung dieser schmerzhaften Opera- tion leicht Ohnmachten zuziehen; darum will ich mich mit möglichster Kürze fassen. Wem dies nicht genügt, der lese das zweite Kapitel in Buxtorffs salbungs- und geistvoller Judenschule, wo man Al- les, sogar die Wöchnerin und die Wiege in saubern Holzschnitten dargestellt findet.
Die Beschneidung selbst geschieht an der großen Zehe des rechten Fußes, und was dort beschnitten wird, heißt die Vorhaut, lateinisch das Präputium, weil es sich an der äußersten Spitze des menschli- chen Körpers befindet. Blos die Knaben werden beschnitten; warum nicht auch die kleinen Mädchen weiß ich nicht! Vielleicht aus derselben Ursache, weshalb die Juden wohl Dukaten, aber keine Pfen- ninge beschneiden.
Von der Beſchneidung, der Loͤſung der Erſt- geburt, und andern Dingen.
Meine gefuͤhlvollen und theilnehmenden Leſerinnen werden ſich wahrſcheinlich ſchon lange nach dieſem Kapitelchen geſehnt haben, um zu erfahren, wo und wie die kleinen Juden paradiesfaͤhig gemacht werden. Manchen von Jhnen moͤchte eine ſehr um- ſtaͤndliche Beſchreibung dieſer ſchmerzhaften Opera- tion leicht Ohnmachten zuziehen; darum will ich mich mit moͤglichſter Kuͤrze faſſen. Wem dies nicht genuͤgt, der leſe das zweite Kapitel in Buxtorffs ſalbungs- und geiſtvoller Judenſchule, wo man Al- les, ſogar die Woͤchnerin und die Wiege in ſaubern Holzſchnitten dargeſtellt findet.
Die Beſchneidung ſelbſt geſchieht an der großen Zehe des rechten Fußes, und was dort beſchnitten wird, heißt die Vorhaut, lateiniſch das Praͤputium, weil es ſich an der aͤußerſten Spitze des menſchli- chen Koͤrpers befindet. Blos die Knaben werden beſchnitten; warum nicht auch die kleinen Maͤdchen weiß ich nicht! Vielleicht aus derſelben Urſache, weshalb die Juden wohl Dukaten, aber keine Pfen- ninge beſchneiden.
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Von der Beſchneidung, der Loͤſung der Erſt-
geburt, und andern Dingen.
Meine gefuͤhlvollen und theilnehmenden Leſerinnen
werden ſich wahrſcheinlich ſchon lange nach dieſem
Kapitelchen geſehnt haben, um zu erfahren, wo
und wie die kleinen Juden paradiesfaͤhig gemacht
werden. Manchen von Jhnen moͤchte eine ſehr um-
ſtaͤndliche Beſchreibung dieſer ſchmerzhaften Opera-
tion leicht Ohnmachten zuziehen; darum will ich
mich mit moͤglichſter Kuͤrze faſſen. Wem dies nicht
genuͤgt, der leſe das zweite Kapitel in Buxtorffs
ſalbungs- und geiſtvoller Judenſchule, wo man Al-
les, ſogar die Woͤchnerin und die Wiege in ſaubern
Holzſchnitten dargeſtellt findet.
Die Beſchneidung ſelbſt geſchieht an der großen
Zehe des rechten Fußes, und was dort beſchnitten
wird, heißt die Vorhaut, lateiniſch das Praͤputium,
weil es ſich an der aͤußerſten Spitze des menſchli-
chen Koͤrpers befindet. Blos die Knaben werden
beſchnitten; warum nicht auch die kleinen Maͤdchen
weiß ich nicht! Vielleicht aus derſelben Urſache,
weshalb die Juden wohl Dukaten, aber keine Pfen-
ninge beſchneiden.
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 76. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/76>, abgerufen am 22.11.2024.
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