Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>


geldgierige, räuberische und mordsüchtige Pfaffen,
die wohl das Bild des edlen Gekreuzigten in ihren
Händen trugen und seinen Namen auf ihren, vor
Wuth schäumenden, unheiligen Lippen führten, de-
ren Seelen aber der Geist seiner freundlichen, sanf-
ten, liebevollen Lehre ganz fremd war; wie konn-
ten, sag' ich, diese Pfaffen wohl Herzen gewinnen?
Was anders blieb ihnen übrig, als Gift und Dolch,
Feuer und Schwert, um ihre teuflische Lehre zu
verbreiten?

Nicht allein Religionseifer, sondern auch Ei-
gennutz der Christen war häufig die Ursache bluti-
ger Verfolgungen gegen die Juden, wodurch der
Haß derselben gegen ihre Widersacher gesteigert
wurde. Ehe man noch Steuern, Accisen, Kopfgeld
und manche andere Auflagen kannte, brauchten
Fürsten, Pfaffen und Edelleute oft weit mehr Geld,
als ihr schlecht bebautes Grundeigenthum ihnen ein-
trug. Woher sollte man es nehmen? Die Juden
kannte man als Meister im Wuchern, Schachern,
Stehlen und manchen kleinlichen Künsten, die man
Ehrenhalber unter eigener Firma nicht treiben durf-
te; denn Länderraub im Großen, Straßenraub im
Kleinen, Ablaß- und Reliquienhandel und einige
andere damit verwandte Nahrungszweige waren die
einzigen Mittel, wodurch jene drei Klassen etwas
zu außerordentlichen Bedürfnissen erwerben konnten.
Man verstattete daher den frommen Jsraeliten zu

thun,


geldgierige, raͤuberiſche und mordſuͤchtige Pfaffen,
die wohl das Bild des edlen Gekreuzigten in ihren
Haͤnden trugen und ſeinen Namen auf ihren, vor
Wuth ſchaͤumenden, unheiligen Lippen fuͤhrten, de-
ren Seelen aber der Geiſt ſeiner freundlichen, ſanf-
ten, liebevollen Lehre ganz fremd war; wie konn-
ten, ſag’ ich, dieſe Pfaffen wohl Herzen gewinnen?
Was anders blieb ihnen uͤbrig, als Gift und Dolch,
Feuer und Schwert, um ihre teufliſche Lehre zu
verbreiten?

Nicht allein Religionseifer, ſondern auch Ei-
gennutz der Chriſten war haͤufig die Urſache bluti-
ger Verfolgungen gegen die Juden, wodurch der
Haß derſelben gegen ihre Widerſacher geſteigert
wurde. Ehe man noch Steuern, Acciſen, Kopfgeld
und manche andere Auflagen kannte, brauchten
Fuͤrſten, Pfaffen und Edelleute oft weit mehr Geld,
als ihr ſchlecht bebautes Grundeigenthum ihnen ein-
trug. Woher ſollte man es nehmen? Die Juden
kannte man als Meiſter im Wuchern, Schachern,
Stehlen und manchen kleinlichen Kuͤnſten, die man
Ehrenhalber unter eigener Firma nicht treiben durf-
te; denn Laͤnderraub im Großen, Straßenraub im
Kleinen, Ablaß- und Reliquienhandel und einige
andere damit verwandte Nahrungszweige waren die
einzigen Mittel, wodurch jene drei Klaſſen etwas
zu außerordentlichen Beduͤrfniſſen erwerben konnten.
Man verſtattete daher den frommen Jſraeliten zu

thun,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="48"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
geldgierige, ra&#x0364;uberi&#x017F;che und mord&#x017F;u&#x0364;chtige Pfaffen,<lb/>
die wohl das Bild des edlen Gekreuzigten in ihren<lb/>
Ha&#x0364;nden trugen und &#x017F;einen Namen auf ihren, vor<lb/>
Wuth &#x017F;cha&#x0364;umenden, unheiligen Lippen fu&#x0364;hrten, de-<lb/>
ren Seelen aber der Gei&#x017F;t &#x017F;einer freundlichen, &#x017F;anf-<lb/>
ten, liebevollen Lehre ganz fremd war; wie konn-<lb/>
ten, &#x017F;ag&#x2019; ich, die&#x017F;e Pfaffen wohl Herzen gewinnen?<lb/>
Was anders blieb ihnen u&#x0364;brig, als Gift und Dolch,<lb/>
Feuer und Schwert, um ihre teufli&#x017F;che Lehre zu<lb/>
verbreiten?</p><lb/>
        <p>Nicht allein Religionseifer, &#x017F;ondern auch Ei-<lb/>
gennutz der Chri&#x017F;ten war ha&#x0364;ufig die Ur&#x017F;ache bluti-<lb/>
ger Verfolgungen gegen die Juden, wodurch der<lb/>
Haß der&#x017F;elben gegen ihre Wider&#x017F;acher ge&#x017F;teigert<lb/>
wurde. Ehe man noch Steuern, Acci&#x017F;en, Kopfgeld<lb/>
und manche andere Auflagen kannte, brauchten<lb/>
Fu&#x0364;r&#x017F;ten, Pfaffen und Edelleute oft weit mehr Geld,<lb/>
als ihr &#x017F;chlecht bebautes Grundeigenthum ihnen ein-<lb/>
trug. Woher &#x017F;ollte man es nehmen? Die Juden<lb/>
kannte man als Mei&#x017F;ter im Wuchern, Schachern,<lb/>
Stehlen und manchen kleinlichen Ku&#x0364;n&#x017F;ten, die man<lb/>
Ehrenhalber unter eigener Firma nicht treiben durf-<lb/>
te; denn La&#x0364;nderraub im Großen, Straßenraub im<lb/>
Kleinen, Ablaß- und Reliquienhandel und einige<lb/>
andere damit verwandte Nahrungszweige waren die<lb/>
einzigen Mittel, wodurch jene drei Kla&#x017F;&#x017F;en etwas<lb/>
zu außerordentlichen Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;en erwerben konnten.<lb/>
Man ver&#x017F;tattete daher den frommen J&#x017F;raeliten zu<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">thun,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[48/0048] geldgierige, raͤuberiſche und mordſuͤchtige Pfaffen, die wohl das Bild des edlen Gekreuzigten in ihren Haͤnden trugen und ſeinen Namen auf ihren, vor Wuth ſchaͤumenden, unheiligen Lippen fuͤhrten, de- ren Seelen aber der Geiſt ſeiner freundlichen, ſanf- ten, liebevollen Lehre ganz fremd war; wie konn- ten, ſag’ ich, dieſe Pfaffen wohl Herzen gewinnen? Was anders blieb ihnen uͤbrig, als Gift und Dolch, Feuer und Schwert, um ihre teufliſche Lehre zu verbreiten? Nicht allein Religionseifer, ſondern auch Ei- gennutz der Chriſten war haͤufig die Urſache bluti- ger Verfolgungen gegen die Juden, wodurch der Haß derſelben gegen ihre Widerſacher geſteigert wurde. Ehe man noch Steuern, Acciſen, Kopfgeld und manche andere Auflagen kannte, brauchten Fuͤrſten, Pfaffen und Edelleute oft weit mehr Geld, als ihr ſchlecht bebautes Grundeigenthum ihnen ein- trug. Woher ſollte man es nehmen? Die Juden kannte man als Meiſter im Wuchern, Schachern, Stehlen und manchen kleinlichen Kuͤnſten, die man Ehrenhalber unter eigener Firma nicht treiben durf- te; denn Laͤnderraub im Großen, Straßenraub im Kleinen, Ablaß- und Reliquienhandel und einige andere damit verwandte Nahrungszweige waren die einzigen Mittel, wodurch jene drei Klaſſen etwas zu außerordentlichen Beduͤrfniſſen erwerben konnten. Man verſtattete daher den frommen Jſraeliten zu thun,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/48
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 48. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/48>, abgerufen am 23.11.2024.