ausgeheckt und für allein seligmachende Wahrheit erkannt hatten. Nicht also der reinen, menschen- freundlichen Lehre des Heilandes und seiner Apostel und Jünger, sondern der uneingeschränkten Annah- me des alten Testaments und dem, von den Juden auf die Christen übergegangenen Wahn, daß Alles, was die, als so fromm gerühmten Vorfahren der erstern gelehrt und gethan, recht und nachahmungs- werth sey, fällt der größte Theil der Abscheulich- keiten zur Last, wodurch sich die Bekenner des Chri- stenthums entehrt haben.
Wir haben gesehen, wie die ersten Christen und Kirchenväter alle Mittel für zuläßig und er- laubt hielten, ihrem Religionssysteme, welches so weit von der Lehre des Heilandes abwich, Eingang und Aufnahme zu verschaffen. Die Liebesmahle des göttlichen Dulders, die uns zur gesellschaftlichen, brüderlichen Erinnerung an sein Beispiel, an seine Lehren und seinen Tod dienen sollten, wurden zu einer kalten, kirchlichen Förmlichkeit herab gewür- digt, welcher man den mystischen Namen eines Sa- kraments gab. Die Kirchenväter und Geistlichen, immer nur nach Vergrößerung ihres Ansehens und ihrer Einkünfte trachtend, schoben Dinge in die neutestamentischen Schriften ein, von denen so we- nig unserm Heiland, als seinen Jüngern jemals etwas in den Sinn gekommen war. Zu Einschieb- seln der Art gehören Matth. Kap. 16. V. 18 und
ausgeheckt und fuͤr allein ſeligmachende Wahrheit erkannt hatten. Nicht alſo der reinen, menſchen- freundlichen Lehre des Heilandes und ſeiner Apoſtel und Juͤnger, ſondern der uneingeſchraͤnkten Annah- me des alten Teſtaments und dem, von den Juden auf die Chriſten uͤbergegangenen Wahn, daß Alles, was die, als ſo fromm geruͤhmten Vorfahren der erſtern gelehrt und gethan, recht und nachahmungs- werth ſey, faͤllt der groͤßte Theil der Abſcheulich- keiten zur Laſt, wodurch ſich die Bekenner des Chri- ſtenthums entehrt haben.
Wir haben geſehen, wie die erſten Chriſten und Kirchenvaͤter alle Mittel fuͤr zulaͤßig und er- laubt hielten, ihrem Religionsſyſteme, welches ſo weit von der Lehre des Heilandes abwich, Eingang und Aufnahme zu verſchaffen. Die Liebesmahle des goͤttlichen Dulders, die uns zur geſellſchaftlichen, bruͤderlichen Erinnerung an ſein Beiſpiel, an ſeine Lehren und ſeinen Tod dienen ſollten, wurden zu einer kalten, kirchlichen Foͤrmlichkeit herab gewuͤr- digt, welcher man den myſtiſchen Namen eines Sa- kraments gab. Die Kirchenvaͤter und Geiſtlichen, immer nur nach Vergroͤßerung ihres Anſehens und ihrer Einkuͤnfte trachtend, ſchoben Dinge in die neuteſtamentiſchen Schriften ein, von denen ſo we- nig unſerm Heiland, als ſeinen Juͤngern jemals etwas in den Sinn gekommen war. Zu Einſchieb- ſeln der Art gehoͤren Matth. Kap. 16. V. 18 und
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ausgeheckt und fuͤr allein ſeligmachende Wahrheit
erkannt hatten. Nicht alſo der reinen, menſchen-
freundlichen Lehre des Heilandes und ſeiner Apoſtel
und Juͤnger, ſondern der uneingeſchraͤnkten Annah-
me des alten Teſtaments und dem, von den Juden
auf die Chriſten uͤbergegangenen Wahn, daß Alles,
was die, als ſo fromm geruͤhmten Vorfahren der
erſtern gelehrt und gethan, recht und nachahmungs-
werth ſey, faͤllt der groͤßte Theil der Abſcheulich-
keiten zur Laſt, wodurch ſich die Bekenner des Chri-
ſtenthums entehrt haben.
Wir haben geſehen, wie die erſten Chriſten
und Kirchenvaͤter alle Mittel fuͤr zulaͤßig und er-
laubt hielten, ihrem Religionsſyſteme, welches ſo
weit von der Lehre des Heilandes abwich, Eingang
und Aufnahme zu verſchaffen. Die Liebesmahle des
goͤttlichen Dulders, die uns zur geſellſchaftlichen,
bruͤderlichen Erinnerung an ſein Beiſpiel, an ſeine
Lehren und ſeinen Tod dienen ſollten, wurden zu
einer kalten, kirchlichen Foͤrmlichkeit herab gewuͤr-
digt, welcher man den myſtiſchen Namen eines Sa-
kraments gab. Die Kirchenvaͤter und Geiſtlichen,
immer nur nach Vergroͤßerung ihres Anſehens und
ihrer Einkuͤnfte trachtend, ſchoben Dinge in die
neuteſtamentiſchen Schriften ein, von denen ſo we-
nig unſerm Heiland, als ſeinen Juͤngern jemals
etwas in den Sinn gekommen war. Zu Einſchieb-
ſeln der Art gehoͤren Matth. Kap. 16. V. 18 und
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/45>, abgerufen am 16.02.2025.
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