ihre rechtmäßigen Erben, ja selbst ihre Kinder von ihrer Erbschaft ausschließen, und sie mit ihren Fa- milien dem Mangel und der Verzweiflung Preis geben. Die Hebräer halten es selbst für eine löb- liche Handlung, kein Testament als Zeugen zu un- terschreiben, in welchem die Erbschaft auf einen andern, als den rechtmäßigen Erben übertragen wird.
Um, wo möglich, den Kranken vom Tode zu retten, bedienen sie sich eines eben so sonderbaren, als wirksamen Mittels; sie verändern nemlich sei- nen Namen und beten dabei: "Herr unser Gott, König der Welt erbarme dich über den Joseph Schmuel und gieb ihm seine Gesundheit wieder; sein Name soll auch künftig Amschel heißen! Laß ihn genesen, o Gott, von seiner Krankheit, und laß durch diese Veränderung seines Namens Alles, was du Hartes über ihn beschlossen, von ihm abgewandt werden. Willst du also, daß Joseph Schmuel ster- ben soll, so geht es jetzt den Amschel nichts an, denn was du wider Joseph Schmuel gesprochen hast, das hast du ja nicht wider Amschel gesprochen. Siehe, er ist jetzt ein ganz anderer Mann, ein neues Geschöpf, und wie ein kleines Kind zu einem guten und langen Leben geboren."
Die übrigen Gebräuche bei den Sterbenden unterscheiden sich nach den Verhältnissen des letztern. Jst es ein Ehemann, so ladet man zwei bis drei,
ihre rechtmaͤßigen Erben, ja ſelbſt ihre Kinder von ihrer Erbſchaft ausſchließen, und ſie mit ihren Fa- milien dem Mangel und der Verzweiflung Preis geben. Die Hebraͤer halten es ſelbſt fuͤr eine loͤb- liche Handlung, kein Teſtament als Zeugen zu un- terſchreiben, in welchem die Erbſchaft auf einen andern, als den rechtmaͤßigen Erben uͤbertragen wird.
Um, wo moͤglich, den Kranken vom Tode zu retten, bedienen ſie ſich eines eben ſo ſonderbaren, als wirkſamen Mittels; ſie veraͤndern nemlich ſei- nen Namen und beten dabei: »Herr unſer Gott, Koͤnig der Welt erbarme dich uͤber den Joſeph Schmuel und gieb ihm ſeine Geſundheit wieder; ſein Name ſoll auch kuͤnftig Amſchel heißen! Laß ihn geneſen, o Gott, von ſeiner Krankheit, und laß durch dieſe Veraͤnderung ſeines Namens Alles, was du Hartes uͤber ihn beſchloſſen, von ihm abgewandt werden. Willſt du alſo, daß Joſeph Schmuel ſter- ben ſoll, ſo geht es jetzt den Amſchel nichts an, denn was du wider Joſeph Schmuel geſprochen haſt, das haſt du ja nicht wider Amſchel geſprochen. Siehe, er iſt jetzt ein ganz anderer Mann, ein neues Geſchoͤpf, und wie ein kleines Kind zu einem guten und langen Leben geboren.«
Die uͤbrigen Gebraͤuche bei den Sterbenden unterſcheiden ſich nach den Verhaͤltniſſen des letztern. Jſt es ein Ehemann, ſo ladet man zwei bis drei,
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0430"n="430"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ihre rechtmaͤßigen Erben, ja ſelbſt ihre Kinder von<lb/>
ihrer Erbſchaft ausſchließen, und ſie mit ihren Fa-<lb/>
milien dem Mangel und der Verzweiflung Preis<lb/>
geben. Die Hebraͤer halten es ſelbſt fuͤr eine loͤb-<lb/>
liche Handlung, kein Teſtament als Zeugen zu un-<lb/>
terſchreiben, in welchem die Erbſchaft auf einen<lb/>
andern, als den rechtmaͤßigen Erben uͤbertragen<lb/>
wird.</p><lb/><p>Um, wo moͤglich, den Kranken vom Tode zu<lb/>
retten, bedienen ſie ſich eines eben ſo ſonderbaren,<lb/>
als wirkſamen Mittels; ſie veraͤndern nemlich ſei-<lb/>
nen Namen und beten dabei: »Herr unſer Gott,<lb/>
Koͤnig der Welt erbarme dich uͤber den Joſeph<lb/>
Schmuel und gieb ihm ſeine Geſundheit wieder; ſein<lb/>
Name ſoll auch kuͤnftig Amſchel heißen! Laß ihn<lb/>
geneſen, o Gott, von ſeiner Krankheit, und laß<lb/>
durch dieſe Veraͤnderung ſeines Namens Alles, was<lb/>
du Hartes uͤber ihn beſchloſſen, von ihm abgewandt<lb/>
werden. Willſt du alſo, daß Joſeph Schmuel ſter-<lb/>
ben ſoll, ſo geht es jetzt den Amſchel nichts an,<lb/>
denn was du wider Joſeph Schmuel geſprochen haſt,<lb/>
das haſt du ja nicht wider Amſchel geſprochen.<lb/>
Siehe, er iſt jetzt ein ganz anderer Mann, ein<lb/>
neues Geſchoͤpf, und wie ein kleines Kind zu einem<lb/>
guten und langen Leben geboren.«</p><lb/><p>Die uͤbrigen Gebraͤuche bei den Sterbenden<lb/>
unterſcheiden ſich nach den Verhaͤltniſſen des letztern.<lb/>
Jſt es ein Ehemann, ſo ladet man zwei bis drei,<lb/></p></div></body></text></TEI>
[430/0430]
ihre rechtmaͤßigen Erben, ja ſelbſt ihre Kinder von
ihrer Erbſchaft ausſchließen, und ſie mit ihren Fa-
milien dem Mangel und der Verzweiflung Preis
geben. Die Hebraͤer halten es ſelbſt fuͤr eine loͤb-
liche Handlung, kein Teſtament als Zeugen zu un-
terſchreiben, in welchem die Erbſchaft auf einen
andern, als den rechtmaͤßigen Erben uͤbertragen
wird.
Um, wo moͤglich, den Kranken vom Tode zu
retten, bedienen ſie ſich eines eben ſo ſonderbaren,
als wirkſamen Mittels; ſie veraͤndern nemlich ſei-
nen Namen und beten dabei: »Herr unſer Gott,
Koͤnig der Welt erbarme dich uͤber den Joſeph
Schmuel und gieb ihm ſeine Geſundheit wieder; ſein
Name ſoll auch kuͤnftig Amſchel heißen! Laß ihn
geneſen, o Gott, von ſeiner Krankheit, und laß
durch dieſe Veraͤnderung ſeines Namens Alles, was
du Hartes uͤber ihn beſchloſſen, von ihm abgewandt
werden. Willſt du alſo, daß Joſeph Schmuel ſter-
ben ſoll, ſo geht es jetzt den Amſchel nichts an,
denn was du wider Joſeph Schmuel geſprochen haſt,
das haſt du ja nicht wider Amſchel geſprochen.
Siehe, er iſt jetzt ein ganz anderer Mann, ein
neues Geſchoͤpf, und wie ein kleines Kind zu einem
guten und langen Leben geboren.«
Die uͤbrigen Gebraͤuche bei den Sterbenden
unterſcheiden ſich nach den Verhaͤltniſſen des letztern.
Jſt es ein Ehemann, ſo ladet man zwei bis drei,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/430>, abgerufen am 09.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.