fromme Kinder denken doch wahrscheinlich mehr an das wohlschmeckende Fleisch ihrer gefiederten Gott- versöhner, als an Reue und Besserung.
Die Eingeweide der Hühner wirft man auf die Dächer. Dies geschieht aus einem zweifachen Grunde. Die Sünden sitzen nemlich in den Ein- geweiden des Thieres; wenn die Raubvögel diesel- ben fressen und damit fortfliegen, so sind die Juden von all' ihrer Sündenschuld frei, und dann ist es oben so gut, als hätte man seine Uebertretungen sämmtlich, nach Mosis weisem Befehl, auf einen Bock bekannt, und den damit fort in die Wüste gejagt. Zweitens wünscht man auch den Vögeln unter dem Himmel etwas von den Opfern zu gönnen.
Wer keinen Hahn bezahlen und kochen kann, der giebt einem Christenkinde einige Pfenninge oder etwas Zuckerwerk, und frägt es schmeichelnd: willst du seyn mein Capporah? Antwortet das Kind: Ja, so muß es dereinst in der Hölle für die Sün- den des Juden büßen.
Ehemals schenkten die reichern Jsraeliten ihre Hähne und Hennen den ärmern, die selbst keine kaufen konnten. Dies ward aber endlich von den letztern sehr empfindlich genommen; sie sagten, ih- nen eckelte vor den Sünden der Reichen; sie woll- ten sie nicht essen; Jeder möchte sich seine Missetha- ten selbst kochen und braten, und sie allein verzeh-
fromme Kinder denken doch wahrſcheinlich mehr an das wohlſchmeckende Fleiſch ihrer gefiederten Gott- verſoͤhner, als an Reue und Beſſerung.
Die Eingeweide der Huͤhner wirft man auf die Daͤcher. Dies geſchieht aus einem zweifachen Grunde. Die Suͤnden ſitzen nemlich in den Ein- geweiden des Thieres; wenn die Raubvoͤgel dieſel- ben freſſen und damit fortfliegen, ſo ſind die Juden von all’ ihrer Suͤndenſchuld frei, und dann iſt es oben ſo gut, als haͤtte man ſeine Uebertretungen ſaͤmmtlich, nach Moſis weiſem Befehl, auf einen Bock bekannt, und den damit fort in die Wuͤſte gejagt. Zweitens wuͤnſcht man auch den Voͤgeln unter dem Himmel etwas von den Opfern zu goͤnnen.
Wer keinen Hahn bezahlen und kochen kann, der giebt einem Chriſtenkinde einige Pfenninge oder etwas Zuckerwerk, und fraͤgt es ſchmeichelnd: willſt du ſeyn mein Capporah? Antwortet das Kind: Ja, ſo muß es dereinſt in der Hoͤlle fuͤr die Suͤn- den des Juden buͤßen.
Ehemals ſchenkten die reichern Jſraeliten ihre Haͤhne und Hennen den aͤrmern, die ſelbſt keine kaufen konnten. Dies ward aber endlich von den letztern ſehr empfindlich genommen; ſie ſagten, ih- nen eckelte vor den Suͤnden der Reichen; ſie woll- ten ſie nicht eſſen; Jeder moͤchte ſich ſeine Miſſetha- ten ſelbſt kochen und braten, und ſie allein verzeh-
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fromme Kinder denken doch wahrſcheinlich mehr an
das wohlſchmeckende Fleiſch ihrer gefiederten Gott-
verſoͤhner, als an Reue und Beſſerung.
Die Eingeweide der Huͤhner wirft man auf
die Daͤcher. Dies geſchieht aus einem zweifachen
Grunde. Die Suͤnden ſitzen nemlich in den Ein-
geweiden des Thieres; wenn die Raubvoͤgel dieſel-
ben freſſen und damit fortfliegen, ſo ſind die Juden
von all’ ihrer Suͤndenſchuld frei, und dann iſt es
oben ſo gut, als haͤtte man ſeine Uebertretungen
ſaͤmmtlich, nach Moſis weiſem Befehl, auf einen
Bock bekannt, und den damit fort in die Wuͤſte
gejagt. Zweitens wuͤnſcht man auch den Voͤgeln
unter dem Himmel etwas von den Opfern zu
goͤnnen.
Wer keinen Hahn bezahlen und kochen kann,
der giebt einem Chriſtenkinde einige Pfenninge oder
etwas Zuckerwerk, und fraͤgt es ſchmeichelnd: willſt
du ſeyn mein Capporah? Antwortet das Kind:
Ja, ſo muß es dereinſt in der Hoͤlle fuͤr die Suͤn-
den des Juden buͤßen.
Ehemals ſchenkten die reichern Jſraeliten ihre
Haͤhne und Hennen den aͤrmern, die ſelbſt keine
kaufen konnten. Dies ward aber endlich von den
letztern ſehr empfindlich genommen; ſie ſagten, ih-
nen eckelte vor den Suͤnden der Reichen; ſie woll-
ten ſie nicht eſſen; Jeder moͤchte ſich ſeine Miſſetha-
ten ſelbſt kochen und braten, und ſie allein verzeh-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/372>, abgerufen am 25.11.2024.
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