Bedienter einen Becher voll köstlichen Weins reicht. Der zürnende Herr nimmt den Becher, und gießt ihn dem Bedienten ins Angesicht. Ein eben so würdiges, als passendes Gleichniß!
Frauen und Dienstboten sind nicht schuldig, die Laubhütten mit gleicher Strenge zu bewohnen, wie die Männer, weil sie von der Erfüllung derjenigen Gebote, die sich an eine gewisse Zeit binden, theils ganz, theils zum Theil freigesprochen sind.
Die Sachen, deren sich die Jsraeliten bei der Feier dieses Festes vorzugsweise bedienen, nemlich die Palmzweige, die Citronen, die Myrthen und die Weidenbüschel haben sämmtlich, nach der Aus- legung ihrer talmudischen und rabbinischen Schrift- steller, eine sinnbildliche Bedeutung. Der Palm- baum, sagen sie, ist sehr schön, allein seine Früchte sind unschmackhaft. Jhm gleichen jene Jsraeliten, die zwar das Gesetz haben, aber keine gute Werke aufweisen können. Darnach müßte man freilich wohl die meisten Juden zu den Palmbäumen rech- nen. Die Citronen sind schön von außen, und ihr Geruch ist gleichfalls lieblich und angenehm; daher werden durch sie die Tzaddikim, die frommen Ju- den bezeichnet, die wegen ihrer vielen guten Werke einen süßen Geruch vor dem Herrn haben, und auch im Aeußern voll Anmuth sind. Die Myrthen duften freilich gut, allein sie tragen keine Früchte und gleichen denen, die wohl etwas Gutes thun,
Bedienter einen Becher voll koͤſtlichen Weins reicht. Der zuͤrnende Herr nimmt den Becher, und gießt ihn dem Bedienten ins Angeſicht. Ein eben ſo wuͤrdiges, als paſſendes Gleichniß!
Frauen und Dienſtboten ſind nicht ſchuldig, die Laubhuͤtten mit gleicher Strenge zu bewohnen, wie die Maͤnner, weil ſie von der Erfuͤllung derjenigen Gebote, die ſich an eine gewiſſe Zeit binden, theils ganz, theils zum Theil freigeſprochen ſind.
Die Sachen, deren ſich die Jſraeliten bei der Feier dieſes Feſtes vorzugsweiſe bedienen, nemlich die Palmzweige, die Citronen, die Myrthen und die Weidenbuͤſchel haben ſaͤmmtlich, nach der Aus- legung ihrer talmudiſchen und rabbiniſchen Schrift- ſteller, eine ſinnbildliche Bedeutung. Der Palm- baum, ſagen ſie, iſt ſehr ſchoͤn, allein ſeine Fruͤchte ſind unſchmackhaft. Jhm gleichen jene Jſraeliten, die zwar das Geſetz haben, aber keine gute Werke aufweiſen koͤnnen. Darnach muͤßte man freilich wohl die meiſten Juden zu den Palmbaͤumen rech- nen. Die Citronen ſind ſchoͤn von außen, und ihr Geruch iſt gleichfalls lieblich und angenehm; daher werden durch ſie die Tzaddikim, die frommen Ju- den bezeichnet, die wegen ihrer vielen guten Werke einen ſuͤßen Geruch vor dem Herrn haben, und auch im Aeußern voll Anmuth ſind. Die Myrthen duften freilich gut, allein ſie tragen keine Fruͤchte und gleichen denen, die wohl etwas Gutes thun,
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Bedienter einen Becher voll koͤſtlichen Weins reicht.
Der zuͤrnende Herr nimmt den Becher, und gießt
ihn dem Bedienten ins Angeſicht. Ein eben ſo
wuͤrdiges, als paſſendes Gleichniß!
Frauen und Dienſtboten ſind nicht ſchuldig, die
Laubhuͤtten mit gleicher Strenge zu bewohnen, wie
die Maͤnner, weil ſie von der Erfuͤllung derjenigen
Gebote, die ſich an eine gewiſſe Zeit binden, theils
ganz, theils zum Theil freigeſprochen ſind.
Die Sachen, deren ſich die Jſraeliten bei der
Feier dieſes Feſtes vorzugsweiſe bedienen, nemlich
die Palmzweige, die Citronen, die Myrthen und
die Weidenbuͤſchel haben ſaͤmmtlich, nach der Aus-
legung ihrer talmudiſchen und rabbiniſchen Schrift-
ſteller, eine ſinnbildliche Bedeutung. Der Palm-
baum, ſagen ſie, iſt ſehr ſchoͤn, allein ſeine Fruͤchte
ſind unſchmackhaft. Jhm gleichen jene Jſraeliten,
die zwar das Geſetz haben, aber keine gute Werke
aufweiſen koͤnnen. Darnach muͤßte man freilich
wohl die meiſten Juden zu den Palmbaͤumen rech-
nen. Die Citronen ſind ſchoͤn von außen, und ihr
Geruch iſt gleichfalls lieblich und angenehm; daher
werden durch ſie die Tzaddikim, die frommen Ju-
den bezeichnet, die wegen ihrer vielen guten Werke
einen ſuͤßen Geruch vor dem Herrn haben, und
auch im Aeußern voll Anmuth ſind. Die Myrthen
duften freilich gut, allein ſie tragen keine Fruͤchte
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 350. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/350>, abgerufen am 25.11.2024.
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