haben es nicht gerne, daß man ihnen strenge auf die Finger sieht. Sie fürchten zwar nicht, daß wir Laien blind davon werden, aber daß wir zu viel sehen möchten.
Bei dem Mittagmahl ist man sehr lustig, und spricht fleißig dem Becher zu. Essen darf man hin- gegen nicht viel, um nicht den Appetit zu den Ku- chen zu verderben. Mit der hastigsten Eile wird die Abendandacht gehalten, denn erst nachher darf wieder gekocht werden, und man soll, was wirklich vernünftig ist, über die Kirche nicht die Küche und über das Beten nicht das Essen vergessen. Die Feierlichkeiten des Nachtmahls sind denen der vori- gen Nacht gleich; blos die Kuchen, welche man jetzt ißt, werden Kuchen der zweiten Nacht genannt, z. B. Kuchen Cohen der zweiten Nacht. Der zweite Tag wird auf gleiche Weise, und, wie gesagt, deshalb gefeiert, weil man nicht weiß, ob der Tag, den man als den ersten begieng, wirklich der erste war; wäre er es nicht gewesen, so soll es doch dieser seyn. Die vier folgenden Tage gelten nur für halbe Festtage. Der siebente wird wieder, nach mosaischer Anordnung, mit vielem Gepränge ganz geheiligt; auch wird die Thorah zweimal aus der Arche gehoben. Dasselbe geschieht am achten Tage, aus der gleichen Ursache, weshalb man den zwei- ten Tag feierte. Um dem heiligen, hochgelobten Gott zu zeigen, daß man nicht länger, als er
haben es nicht gerne, daß man ihnen ſtrenge auf die Finger ſieht. Sie fuͤrchten zwar nicht, daß wir Laien blind davon werden, aber daß wir zu viel ſehen moͤchten.
Bei dem Mittagmahl iſt man ſehr luſtig, und ſpricht fleißig dem Becher zu. Eſſen darf man hin- gegen nicht viel, um nicht den Appetit zu den Ku- chen zu verderben. Mit der haſtigſten Eile wird die Abendandacht gehalten, denn erſt nachher darf wieder gekocht werden, und man ſoll, was wirklich vernuͤnftig iſt, uͤber die Kirche nicht die Kuͤche und uͤber das Beten nicht das Eſſen vergeſſen. Die Feierlichkeiten des Nachtmahls ſind denen der vori- gen Nacht gleich; blos die Kuchen, welche man jetzt ißt, werden Kuchen der zweiten Nacht genannt, z. B. Kuchen Cohen der zweiten Nacht. Der zweite Tag wird auf gleiche Weiſe, und, wie geſagt, deshalb gefeiert, weil man nicht weiß, ob der Tag, den man als den erſten begieng, wirklich der erſte war; waͤre er es nicht geweſen, ſo ſoll es doch dieſer ſeyn. Die vier folgenden Tage gelten nur fuͤr halbe Feſttage. Der ſiebente wird wieder, nach moſaiſcher Anordnung, mit vielem Gepraͤnge ganz geheiligt; auch wird die Thorah zweimal aus der Arche gehoben. Daſſelbe geſchieht am achten Tage, aus der gleichen Urſache, weshalb man den zwei- ten Tag feierte. Um dem heiligen, hochgelobten Gott zu zeigen, daß man nicht laͤnger, als er
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haben es nicht gerne, daß man ihnen ſtrenge auf
die Finger ſieht. Sie fuͤrchten zwar nicht, daß wir
Laien blind davon werden, aber daß wir zu viel
ſehen moͤchten.
Bei dem Mittagmahl iſt man ſehr luſtig, und
ſpricht fleißig dem Becher zu. Eſſen darf man hin-
gegen nicht viel, um nicht den Appetit zu den Ku-
chen zu verderben. Mit der haſtigſten Eile wird
die Abendandacht gehalten, denn erſt nachher darf
wieder gekocht werden, und man ſoll, was wirklich
vernuͤnftig iſt, uͤber die Kirche nicht die Kuͤche und
uͤber das Beten nicht das Eſſen vergeſſen. Die
Feierlichkeiten des Nachtmahls ſind denen der vori-
gen Nacht gleich; blos die Kuchen, welche man
jetzt ißt, werden Kuchen der zweiten Nacht genannt,
z. B. Kuchen Cohen der zweiten Nacht. Der zweite
Tag wird auf gleiche Weiſe, und, wie geſagt,
deshalb gefeiert, weil man nicht weiß, ob der Tag,
den man als den erſten begieng, wirklich der erſte
war; waͤre er es nicht geweſen, ſo ſoll es doch
dieſer ſeyn. Die vier folgenden Tage gelten nur
fuͤr halbe Feſttage. Der ſiebente wird wieder, nach
moſaiſcher Anordnung, mit vielem Gepraͤnge ganz
geheiligt; auch wird die Thorah zweimal aus der
Arche gehoben. Daſſelbe geſchieht am achten Tage,
aus der gleichen Urſache, weshalb man den zwei-
ten Tag feierte. Um dem heiligen, hochgelobten
Gott zu zeigen, daß man nicht laͤnger, als er
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 321. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/321>, abgerufen am 22.11.2024.
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