Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.fall bedient man sich statt des Weins auch eines andern Getränks, z. B. Meth, Cyder oder Apfel- wein, Bier und dergleichen. Es wird von dem Baalbajis oder Hausvater auf dieselbe Weise ein- gesegnet, wie der Wein. Man mag übrigens dazu nehmen, welches Getränk man will, so muß doch Jeder, und selbst der, welcher es nie trinkt, oder dem es gar nachtheilig ist, vier volle Becher davon leeren. Eine wichtige und noch unentschiedene Streit- frage der israelitischen Gottesgelehrten ist es: ob man vor dem Segensprechen oder nachher die Hände waschen soll? Um nicht zu sündigen, nehmen ge- wissenhafte Leute ihre Zuflucht zu einer List. Sie waschen sich nemlich vorher, und greifen während des Segens an ihre bloßen Posteriora oder an ei- nen andern, nicht appetitlichen Ort, um sich zum zweiten Mal waschen zu müssen. Dies ist unstreitig das Vernünftigste. Nachher lehnt sich Jeder recht gravitätisch und mit Ehrfurcht gebietendem Anstan- de, wie Königen und Fürsten es ziemt, an die linke Seite seines Sessels und leert seinen Becher. Der Baalbajis oder Hausvater, der auch hinsicht- lich des Trinkens die Stelle des Propheten Elias vertritt, segnet hierauf den Salat mit den Wor- ten: gelobet seyst du Herr unser Gott, König der Welt, der du mancherlei Kräuter auf Erden ge- schaffen hast. Nun taucht Jeder etwas in Eßig und ißt es. Der Hausherr nimmt sodann den Kuchen fall bedient man ſich ſtatt des Weins auch eines andern Getraͤnks, z. B. Meth, Cyder oder Apfel- wein, Bier und dergleichen. Es wird von dem Baalbajis oder Hausvater auf dieſelbe Weiſe ein- geſegnet, wie der Wein. Man mag uͤbrigens dazu nehmen, welches Getraͤnk man will, ſo muß doch Jeder, und ſelbſt der, welcher es nie trinkt, oder dem es gar nachtheilig iſt, vier volle Becher davon leeren. Eine wichtige und noch unentſchiedene Streit- frage der iſraelitiſchen Gottesgelehrten iſt es: ob man vor dem Segenſprechen oder nachher die Haͤnde waſchen ſoll? Um nicht zu ſuͤndigen, nehmen ge- wiſſenhafte Leute ihre Zuflucht zu einer Liſt. Sie waſchen ſich nemlich vorher, und greifen waͤhrend des Segens an ihre bloßen Poſteriora oder an ei- nen andern, nicht appetitlichen Ort, um ſich zum zweiten Mal waſchen zu muͤſſen. Dies iſt unſtreitig das Vernuͤnftigſte. Nachher lehnt ſich Jeder recht gravitaͤtiſch und mit Ehrfurcht gebietendem Anſtan- de, wie Koͤnigen und Fuͤrſten es ziemt, an die linke Seite ſeines Seſſels und leert ſeinen Becher. Der Baalbajis oder Hausvater, der auch hinſicht- lich des Trinkens die Stelle des Propheten Elias vertritt, ſegnet hierauf den Salat mit den Wor- ten: gelobet ſeyſt du Herr unſer Gott, Koͤnig der Welt, der du mancherlei Kraͤuter auf Erden ge- ſchaffen haſt. Nun taucht Jeder etwas in Eßig und ißt es. Der Hausherr nimmt ſodann den Kuchen <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0309" n="309"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> fall bedient man ſich ſtatt des Weins auch eines<lb/> andern Getraͤnks, z. B. Meth, Cyder oder Apfel-<lb/> wein, Bier und dergleichen. Es wird von dem<lb/> Baalbajis oder Hausvater auf dieſelbe Weiſe ein-<lb/> geſegnet, wie der Wein. Man mag uͤbrigens dazu<lb/> nehmen, welches Getraͤnk man will, ſo muß doch<lb/> Jeder, und ſelbſt der, welcher es nie trinkt, oder<lb/> dem es gar nachtheilig iſt, vier volle Becher davon<lb/> leeren. Eine wichtige und noch unentſchiedene Streit-<lb/> frage der iſraelitiſchen Gottesgelehrten iſt es: ob<lb/> man vor dem Segenſprechen oder nachher die Haͤnde<lb/> waſchen ſoll? Um nicht zu ſuͤndigen, nehmen ge-<lb/> wiſſenhafte Leute ihre Zuflucht zu einer Liſt. Sie<lb/> waſchen ſich nemlich vorher, und greifen waͤhrend<lb/> des Segens an ihre bloßen Poſteriora oder an ei-<lb/> nen andern, nicht appetitlichen Ort, um ſich zum<lb/> zweiten Mal waſchen zu muͤſſen. Dies iſt unſtreitig<lb/> das Vernuͤnftigſte. Nachher lehnt ſich Jeder recht<lb/> gravitaͤtiſch und mit Ehrfurcht gebietendem Anſtan-<lb/> de, wie Koͤnigen und Fuͤrſten es ziemt, an die<lb/> linke Seite ſeines Seſſels und leert ſeinen Becher.<lb/> Der Baalbajis oder Hausvater, der auch hinſicht-<lb/> lich des Trinkens die Stelle des Propheten Elias<lb/> vertritt, ſegnet hierauf den Salat mit den Wor-<lb/> ten: gelobet ſeyſt du Herr unſer Gott, Koͤnig der<lb/> Welt, der du mancherlei Kraͤuter auf Erden ge-<lb/> ſchaffen haſt. Nun taucht Jeder etwas in Eßig und<lb/> ißt es. Der Hausherr nimmt ſodann den Kuchen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0309]
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wein, Bier und dergleichen. Es wird von dem
Baalbajis oder Hausvater auf dieſelbe Weiſe ein-
geſegnet, wie der Wein. Man mag uͤbrigens dazu
nehmen, welches Getraͤnk man will, ſo muß doch
Jeder, und ſelbſt der, welcher es nie trinkt, oder
dem es gar nachtheilig iſt, vier volle Becher davon
leeren. Eine wichtige und noch unentſchiedene Streit-
frage der iſraelitiſchen Gottesgelehrten iſt es: ob
man vor dem Segenſprechen oder nachher die Haͤnde
waſchen ſoll? Um nicht zu ſuͤndigen, nehmen ge-
wiſſenhafte Leute ihre Zuflucht zu einer Liſt. Sie
waſchen ſich nemlich vorher, und greifen waͤhrend
des Segens an ihre bloßen Poſteriora oder an ei-
nen andern, nicht appetitlichen Ort, um ſich zum
zweiten Mal waſchen zu muͤſſen. Dies iſt unſtreitig
das Vernuͤnftigſte. Nachher lehnt ſich Jeder recht
gravitaͤtiſch und mit Ehrfurcht gebietendem Anſtan-
de, wie Koͤnigen und Fuͤrſten es ziemt, an die
linke Seite ſeines Seſſels und leert ſeinen Becher.
Der Baalbajis oder Hausvater, der auch hinſicht-
lich des Trinkens die Stelle des Propheten Elias
vertritt, ſegnet hierauf den Salat mit den Wor-
ten: gelobet ſeyſt du Herr unſer Gott, Koͤnig der
Welt, der du mancherlei Kraͤuter auf Erden ge-
ſchaffen haſt. Nun taucht Jeder etwas in Eßig und
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