Einrichtungen dieses Gesetzgebers, da es den edlen Zweck hatte, noch bei den entferntesten Nachkommen die Gefühle der Ehrfurcht und Dankbarkeit gegen das höchste Wesen zu beleben, und durch das An- denken an die Befreiung aus dem ägyptischen Skla- venjoch den Muth und das Vertrauen des Volks zu dem allmächtigen Vater im Himmel zu stärken.
Jetzt ist aber das Osterfest der Juden mit dem Rost kleinlicher, läppischer und pfäffischer Possen überzogen; denn dies ist leider, das gewöhnliche Schicksal aller menschlichen, sowohl kirchlichen, als weltlichen Einrichtungen. Wenn sie auch wirklich Jahrtausende lang gegen den nagenden Zahn der Zeit sich bewahren, so werden sie doch endlich durch Unverstand und Dummheit, durch Eigennutz, Aber- glauben und grübelnden Vorwitz verunstaltet. Das lehrt uns sogar die Geschichte der christlichen Kirche! Man muß erstaunen, wie schnell das Christenthum seiner ursprünglichen Einfachheit und Reinheit be- raubt und mit einem Ballast alberner Gebräuche, Fratzen, Mährchen und Glaubenslehren überladen ward! Man muß erstaunen, wie leichtfertig und frech eifernde Pfaffen das himmlische Band der Bruderliebe zerrißen, womit der göttliche Erlöser alle Menschen umschlingen und zu sich und seinem allliebenden Vater hinaufziehen wollte! Käme er noch einmal zu uns auf die Erde herab, er würde sein reines Christenthum vielleicht in wenigen an- dern Kirchen, als in denen der Unitarier finden.
Einrichtungen dieſes Geſetzgebers, da es den edlen Zweck hatte, noch bei den entfernteſten Nachkommen die Gefuͤhle der Ehrfurcht und Dankbarkeit gegen das hoͤchſte Weſen zu beleben, und durch das An- denken an die Befreiung aus dem aͤgyptiſchen Skla- venjoch den Muth und das Vertrauen des Volks zu dem allmaͤchtigen Vater im Himmel zu ſtaͤrken.
Jetzt iſt aber das Oſterfeſt der Juden mit dem Roſt kleinlicher, laͤppiſcher und pfaͤffiſcher Poſſen uͤberzogen; denn dies iſt leider, das gewoͤhnliche Schickſal aller menſchlichen, ſowohl kirchlichen, als weltlichen Einrichtungen. Wenn ſie auch wirklich Jahrtauſende lang gegen den nagenden Zahn der Zeit ſich bewahren, ſo werden ſie doch endlich durch Unverſtand und Dummheit, durch Eigennutz, Aber- glauben und gruͤbelnden Vorwitz verunſtaltet. Das lehrt uns ſogar die Geſchichte der chriſtlichen Kirche! Man muß erſtaunen, wie ſchnell das Chriſtenthum ſeiner urſpruͤnglichen Einfachheit und Reinheit be- raubt und mit einem Ballaſt alberner Gebraͤuche, Fratzen, Maͤhrchen und Glaubenslehren uͤberladen ward! Man muß erſtaunen, wie leichtfertig und frech eifernde Pfaffen das himmliſche Band der Bruderliebe zerrißen, womit der goͤttliche Erloͤſer alle Menſchen umſchlingen und zu ſich und ſeinem allliebenden Vater hinaufziehen wollte! Kaͤme er noch einmal zu uns auf die Erde herab, er wuͤrde ſein reines Chriſtenthum vielleicht in wenigen an- dern Kirchen, als in denen der Unitarier finden.
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Einrichtungen dieſes Geſetzgebers, da es den edlen
Zweck hatte, noch bei den entfernteſten Nachkommen
die Gefuͤhle der Ehrfurcht und Dankbarkeit gegen
das hoͤchſte Weſen zu beleben, und durch das An-
denken an die Befreiung aus dem aͤgyptiſchen Skla-
venjoch den Muth und das Vertrauen des Volks
zu dem allmaͤchtigen Vater im Himmel zu ſtaͤrken.
Jetzt iſt aber das Oſterfeſt der Juden mit dem
Roſt kleinlicher, laͤppiſcher und pfaͤffiſcher Poſſen
uͤberzogen; denn dies iſt leider, das gewoͤhnliche
Schickſal aller menſchlichen, ſowohl kirchlichen, als
weltlichen Einrichtungen. Wenn ſie auch wirklich
Jahrtauſende lang gegen den nagenden Zahn der
Zeit ſich bewahren, ſo werden ſie doch endlich durch
Unverſtand und Dummheit, durch Eigennutz, Aber-
glauben und gruͤbelnden Vorwitz verunſtaltet. Das
lehrt uns ſogar die Geſchichte der chriſtlichen Kirche!
Man muß erſtaunen, wie ſchnell das Chriſtenthum
ſeiner urſpruͤnglichen Einfachheit und Reinheit be-
raubt und mit einem Ballaſt alberner Gebraͤuche,
Fratzen, Maͤhrchen und Glaubenslehren uͤberladen
ward! Man muß erſtaunen, wie leichtfertig und
frech eifernde Pfaffen das himmliſche Band der
Bruderliebe zerrißen, womit der goͤttliche Erloͤſer
alle Menſchen umſchlingen und zu ſich und ſeinem
allliebenden Vater hinaufziehen wollte! Kaͤme er
noch einmal zu uns auf die Erde herab, er wuͤrde
ſein reines Chriſtenthum vielleicht in wenigen an-
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/292>, abgerufen am 23.11.2024.
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