sunkenes Volk wohl zu bilden im Stande seyn? Welcher Fremde würde es wagen dürfen, in Han- dels-, oder andern Angelegenheiten in das Jnnere ihres Landes zu kommen? Wo würde, im Fall er gemißhandelt, betrogen oder sonst in seinen Rech- ten gekränkt würde, für ihn Gerechtigkeit zu finden seyn bei einem Volke, dessen Grundsatz es ist, daß kein Goi auf der Welt persönliche oder dingliche Befugnisse, ja selbst nicht einmal eheliche und vä- terliche Rechte haben könne?
Das Staatsbürgerrecht haben die Juden frei- lich bereits in den meisten europäischen Ländern er- halten, da man von Dohms ganz verkehrtem Grund- satze ausgieng, daß die Hebräer, wenn sie nur erst alle bürgerlichen Rechte besäßen, auch sittlich wür- den gebessert werden. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß man vorsichtiger gehandelt haben würde, wenn man die staatsbürgerlichen Rechte als einen Preis sittlicher Veredlung aufgestellt hätte. Dohm soll in spätern Zeiten gleichfalls dieser Meinung geworden seyn. Jn allen Ländern, wo die Juden jene Rechte erlangt haben, hört man die laute Klage, daß sie dadurch nicht allein nichts besser, sondern in jeder Rücksicht noch weit schlimmer geworden sind.
Sollen die Jsraeliten gute Staatsbürger und fähig werden, dereinst wieder einen unabhängigen eigenen Staat zu bilden, so müssen sie den größten
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ſunkenes Volk wohl zu bilden im Stande ſeyn? Welcher Fremde wuͤrde es wagen duͤrfen, in Han- dels-, oder andern Angelegenheiten in das Jnnere ihres Landes zu kommen? Wo wuͤrde, im Fall er gemißhandelt, betrogen oder ſonſt in ſeinen Rech- ten gekraͤnkt wuͤrde, fuͤr ihn Gerechtigkeit zu finden ſeyn bei einem Volke, deſſen Grundſatz es iſt, daß kein Goi auf der Welt perſoͤnliche oder dingliche Befugniſſe, ja ſelbſt nicht einmal eheliche und vaͤ- terliche Rechte haben koͤnne?
Das Staatsbuͤrgerrecht haben die Juden frei- lich bereits in den meiſten europaͤiſchen Laͤndern er- halten, da man von Dohms ganz verkehrtem Grund- ſatze ausgieng, daß die Hebraͤer, wenn ſie nur erſt alle buͤrgerlichen Rechte beſaͤßen, auch ſittlich wuͤr- den gebeſſert werden. Die Erfahrung hat aber gelehrt, daß man vorſichtiger gehandelt haben wuͤrde, wenn man die ſtaatsbuͤrgerlichen Rechte als einen Preis ſittlicher Veredlung aufgeſtellt haͤtte. Dohm ſoll in ſpaͤtern Zeiten gleichfalls dieſer Meinung geworden ſeyn. Jn allen Laͤndern, wo die Juden jene Rechte erlangt haben, hoͤrt man die laute Klage, daß ſie dadurch nicht allein nichts beſſer, ſondern in jeder Ruͤckſicht noch weit ſchlimmer geworden ſind.
Sollen die Jſraeliten gute Staatsbuͤrger und faͤhig werden, dereinſt wieder einen unabhaͤngigen eigenen Staat zu bilden, ſo muͤſſen ſie den groͤßten
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ſunkenes Volk wohl zu bilden im Stande ſeyn?
Welcher Fremde wuͤrde es wagen duͤrfen, in Han-
dels-, oder andern Angelegenheiten in das Jnnere
ihres Landes zu kommen? Wo wuͤrde, im Fall
er gemißhandelt, betrogen oder ſonſt in ſeinen Rech-
ten gekraͤnkt wuͤrde, fuͤr ihn Gerechtigkeit zu finden
ſeyn bei einem Volke, deſſen Grundſatz es iſt, daß
kein Goi auf der Welt perſoͤnliche oder dingliche
Befugniſſe, ja ſelbſt nicht einmal eheliche und vaͤ-
terliche Rechte haben koͤnne?
Das Staatsbuͤrgerrecht haben die Juden frei-
lich bereits in den meiſten europaͤiſchen Laͤndern er-
halten, da man von Dohms ganz verkehrtem Grund-
ſatze ausgieng, daß die Hebraͤer, wenn ſie nur erſt
alle buͤrgerlichen Rechte beſaͤßen, auch ſittlich wuͤr-
den gebeſſert werden. Die Erfahrung hat aber
gelehrt, daß man vorſichtiger gehandelt haben wuͤrde,
wenn man die ſtaatsbuͤrgerlichen Rechte als einen
Preis ſittlicher Veredlung aufgeſtellt haͤtte. Dohm
ſoll in ſpaͤtern Zeiten gleichfalls dieſer Meinung
geworden ſeyn. Jn allen Laͤndern, wo die Juden
jene Rechte erlangt haben, hoͤrt man die laute Klage,
daß ſie dadurch nicht allein nichts beſſer, ſondern
in jeder Ruͤckſicht noch weit ſchlimmer geworden
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Sollen die Jſraeliten gute Staatsbuͤrger und
faͤhig werden, dereinſt wieder einen unabhaͤngigen
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 27. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/27>, abgerufen am 16.02.2025.
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