Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.mer Hinsicht für die sittliche und geistige Entwicke- lung und für die Zukunft eines Volks eben so wich- tig und folgenreich, wie die erste Erziehung für die Ausbildung und das ganze Leben des einzelnen Menschen. Wie dieser Vorurtheile, Thorheiten, Tugenden und Laster, die man ihm in seiner zarten Kindheit einpflanzte, gewöhnlich mit in das Grei- senalter hinüber nimmt; so behält ein ganzes Volk die sittliche, bürgerliche und geistige Richtung bei, die ihm durch seine frühern Gesetzgebungen und Verhältnisse gegeben wurden. Wo diese Richtung nicht allein durch ein mehrtausendjähriges Alter, sondern selbst durch religiösen Glauben geheiliget wird, und überdies den natürlichen, nicht an- gebildeten Eigenthümlichkeiten eines Volks zusagt, da wird dasselbe sich auch durch die heftigsten Er- schütterungen und Drangsale nicht davon abwenden lassen. So verschließt der eigensinnige Greis sein blödes Auge dem Sonnenlichte der Vernunft und der Wahrheit, und wird ein Märtyrer seines Vor- urtheils, blos aus dem einfachen Grunde, weil es ihm in seiner Jugend gelehrt worden ist. Jn gleichem Fall befinden sich die Juden. Wenn mer Hinſicht fuͤr die ſittliche und geiſtige Entwicke- lung und fuͤr die Zukunft eines Volks eben ſo wich- tig und folgenreich, wie die erſte Erziehung fuͤr die Ausbildung und das ganze Leben des einzelnen Menſchen. Wie dieſer Vorurtheile, Thorheiten, Tugenden und Laſter, die man ihm in ſeiner zarten Kindheit einpflanzte, gewoͤhnlich mit in das Grei- ſenalter hinuͤber nimmt; ſo behaͤlt ein ganzes Volk die ſittliche, buͤrgerliche und geiſtige Richtung bei, die ihm durch ſeine fruͤhern Geſetzgebungen und Verhaͤltniſſe gegeben wurden. Wo dieſe Richtung nicht allein durch ein mehrtauſendjaͤhriges Alter, ſondern ſelbſt durch religioͤſen Glauben geheiliget wird, und uͤberdies den natuͤrlichen, nicht an- gebildeten Eigenthuͤmlichkeiten eines Volks zuſagt, da wird daſſelbe ſich auch durch die heftigſten Er- ſchuͤtterungen und Drangſale nicht davon abwenden laſſen. So verſchließt der eigenſinnige Greis ſein bloͤdes Auge dem Sonnenlichte der Vernunft und der Wahrheit, und wird ein Maͤrtyrer ſeines Vor- urtheils, blos aus dem einfachen Grunde, weil es ihm in ſeiner Jugend gelehrt worden iſt. Jn gleichem Fall befinden ſich die Juden. Wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0199" n="199"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> mer Hinſicht fuͤr die ſittliche und geiſtige Entwicke-<lb/> lung und fuͤr die Zukunft eines Volks eben ſo wich-<lb/> tig und folgenreich, wie die <hi rendition="#g">erſte</hi> Erziehung fuͤr die<lb/> Ausbildung und das ganze Leben des einzelnen<lb/> Menſchen. Wie dieſer Vorurtheile, Thorheiten,<lb/> Tugenden und Laſter, die man ihm in ſeiner zarten<lb/> Kindheit einpflanzte, gewoͤhnlich mit in das Grei-<lb/> ſenalter hinuͤber nimmt; ſo behaͤlt ein ganzes Volk<lb/> die ſittliche, buͤrgerliche und geiſtige Richtung bei,<lb/> die ihm durch ſeine fruͤhern Geſetzgebungen und<lb/> Verhaͤltniſſe gegeben wurden. Wo dieſe Richtung<lb/> nicht allein durch ein mehrtauſendjaͤhriges Alter,<lb/> ſondern ſelbſt durch religioͤſen Glauben geheiliget<lb/> wird, und uͤberdies den <hi rendition="#g">natuͤrlichen,</hi> nicht an-<lb/> gebildeten Eigenthuͤmlichkeiten eines Volks zuſagt,<lb/> da wird daſſelbe ſich auch durch die heftigſten Er-<lb/> ſchuͤtterungen und Drangſale nicht davon abwenden<lb/> laſſen. So verſchließt der eigenſinnige Greis ſein<lb/> bloͤdes Auge dem Sonnenlichte der Vernunft und<lb/> der Wahrheit, und wird ein Maͤrtyrer ſeines Vor-<lb/> urtheils, blos aus dem einfachen Grunde, weil es<lb/> ihm in ſeiner Jugend gelehrt worden iſt.</p><lb/> <p>Jn gleichem Fall befinden ſich die Juden. Wenn<lb/> man die moſaiſchen Geſetze durchliest, ſo ſtaunt<lb/> man uͤber die Menge kleinlichſcheinender Foͤrmlich-<lb/> keiten, die ſelbſt der unermuͤdetſte, ſcharfſinnigſte<lb/> und phantaſiereichſte Gruͤbler nicht zu deuten ver-<lb/> mag; uͤber das ſteife morgenlaͤndiſchſklaviſche Cere-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [199/0199]
mer Hinſicht fuͤr die ſittliche und geiſtige Entwicke-
lung und fuͤr die Zukunft eines Volks eben ſo wich-
tig und folgenreich, wie die erſte Erziehung fuͤr die
Ausbildung und das ganze Leben des einzelnen
Menſchen. Wie dieſer Vorurtheile, Thorheiten,
Tugenden und Laſter, die man ihm in ſeiner zarten
Kindheit einpflanzte, gewoͤhnlich mit in das Grei-
ſenalter hinuͤber nimmt; ſo behaͤlt ein ganzes Volk
die ſittliche, buͤrgerliche und geiſtige Richtung bei,
die ihm durch ſeine fruͤhern Geſetzgebungen und
Verhaͤltniſſe gegeben wurden. Wo dieſe Richtung
nicht allein durch ein mehrtauſendjaͤhriges Alter,
ſondern ſelbſt durch religioͤſen Glauben geheiliget
wird, und uͤberdies den natuͤrlichen, nicht an-
gebildeten Eigenthuͤmlichkeiten eines Volks zuſagt,
da wird daſſelbe ſich auch durch die heftigſten Er-
ſchuͤtterungen und Drangſale nicht davon abwenden
laſſen. So verſchließt der eigenſinnige Greis ſein
bloͤdes Auge dem Sonnenlichte der Vernunft und
der Wahrheit, und wird ein Maͤrtyrer ſeines Vor-
urtheils, blos aus dem einfachen Grunde, weil es
ihm in ſeiner Jugend gelehrt worden iſt.
Jn gleichem Fall befinden ſich die Juden. Wenn
man die moſaiſchen Geſetze durchliest, ſo ſtaunt
man uͤber die Menge kleinlichſcheinender Foͤrmlich-
keiten, die ſelbſt der unermuͤdetſte, ſcharfſinnigſte
und phantaſiereichſte Gruͤbler nicht zu deuten ver-
mag; uͤber das ſteife morgenlaͤndiſchſklaviſche Cere-
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