Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite


Du sollst ferner das Brod in hohen Ehren
halten; es nicht verunreinigen; keine Schüssel oder
dergleichen darauf setzen; nichts davon unter den
Teller legen; es nicht verachten oder gar darauf
schelten; besonders aber sollst du kein Krümchen auf
die Erde fallen lassen, und es mit Füßen treten;
denn wer irgend eins von Allen diesen Dingen thut,
der wird in große Dürftigkeit gerathen. Der En-
gel Nabel ist von dem heiligen, hochgelobten Gott
dazu bestellt, diejenigen in Unglück und Armuth zu
bringen, die sich jener Uebertretungen schuldig ma-
chen. Dieser Engel faßte einst einen tödtlichen Haß
gegen einen sehr frommen Mann, und wünschte
ihn ins Elend zu stürzen. Allenthalben schlich er
demselben nach, und lauerte auf, ob er nicht ir-
gendwo ein Krümchen Brod fallen ließe, und es
mit den Füßen träte; aber vergebens. Endlich setzte
der Mann sich einmal im Felde auf hochgewachse-
nes Gras nieder und aß. Da freuete sich der En-
gel und frohlockte: nun soll er mir gewiß nicht
entkommen! Allein, als der Fromme gegessen hatte,
nahm er eine Schaufel, grub die Rasen mit allen
Brosamen aus, und warf sie ins Wasser, damit
die Fische die Brodkrümchen aufäßen. Wie der
Engel dies sahe, rief er aus der Höhe, so daß
jener es hörte: Wehe mir, wehe mir, dieser Ge-
rechte hat mich aus meiner Wohnung vergebens



Du ſollſt ferner das Brod in hohen Ehren
halten; es nicht verunreinigen; keine Schuͤſſel oder
dergleichen darauf ſetzen; nichts davon unter den
Teller legen; es nicht verachten oder gar darauf
ſchelten; beſonders aber ſollſt du kein Kruͤmchen auf
die Erde fallen laſſen, und es mit Fuͤßen treten;
denn wer irgend eins von Allen dieſen Dingen thut,
der wird in große Duͤrftigkeit gerathen. Der En-
gel Nabel iſt von dem heiligen, hochgelobten Gott
dazu beſtellt, diejenigen in Ungluͤck und Armuth zu
bringen, die ſich jener Uebertretungen ſchuldig ma-
chen. Dieſer Engel faßte einſt einen toͤdtlichen Haß
gegen einen ſehr frommen Mann, und wuͤnſchte
ihn ins Elend zu ſtuͤrzen. Allenthalben ſchlich er
demſelben nach, und lauerte auf, ob er nicht ir-
gendwo ein Kruͤmchen Brod fallen ließe, und es
mit den Fuͤßen traͤte; aber vergebens. Endlich ſetzte
der Mann ſich einmal im Felde auf hochgewachſe-
nes Gras nieder und aß. Da freuete ſich der En-
gel und frohlockte: nun ſoll er mir gewiß nicht
entkommen! Allein, als der Fromme gegeſſen hatte,
nahm er eine Schaufel, grub die Raſen mit allen
Broſamen aus, und warf ſie ins Waſſer, damit
die Fiſche die Brodkruͤmchen aufaͤßen. Wie der
Engel dies ſahe, rief er aus der Hoͤhe, ſo daß
jener es hoͤrte: Wehe mir, wehe mir, dieſer Ge-
rechte hat mich aus meiner Wohnung vergebens

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0157" n="157"/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <p>Du &#x017F;oll&#x017F;t ferner das Brod in hohen Ehren<lb/>
halten; es nicht verunreinigen; keine Schu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el oder<lb/>
dergleichen darauf &#x017F;etzen; nichts davon unter den<lb/>
Teller legen; es nicht verachten oder gar darauf<lb/>
&#x017F;chelten; be&#x017F;onders aber &#x017F;oll&#x017F;t du kein Kru&#x0364;mchen auf<lb/>
die Erde fallen la&#x017F;&#x017F;en, und es mit Fu&#x0364;ßen treten;<lb/>
denn wer irgend eins von Allen die&#x017F;en Dingen thut,<lb/>
der wird in große Du&#x0364;rftigkeit gerathen. Der En-<lb/>
gel <hi rendition="#g">Nabel</hi> i&#x017F;t von dem heiligen, hochgelobten Gott<lb/>
dazu be&#x017F;tellt, diejenigen in Unglu&#x0364;ck und Armuth zu<lb/>
bringen, die &#x017F;ich jener Uebertretungen &#x017F;chuldig ma-<lb/>
chen. Die&#x017F;er Engel faßte ein&#x017F;t einen to&#x0364;dtlichen Haß<lb/>
gegen einen &#x017F;ehr frommen Mann, und wu&#x0364;n&#x017F;chte<lb/>
ihn ins Elend zu &#x017F;tu&#x0364;rzen. Allenthalben &#x017F;chlich er<lb/>
dem&#x017F;elben nach, und lauerte auf, ob er nicht ir-<lb/>
gendwo ein Kru&#x0364;mchen Brod fallen ließe, und es<lb/>
mit den Fu&#x0364;ßen tra&#x0364;te; aber vergebens. Endlich &#x017F;etzte<lb/>
der Mann &#x017F;ich einmal im Felde auf hochgewach&#x017F;e-<lb/>
nes Gras nieder und aß. Da freuete &#x017F;ich der En-<lb/>
gel und frohlockte: nun &#x017F;oll er mir gewiß nicht<lb/>
entkommen! Allein, als der Fromme gege&#x017F;&#x017F;en hatte,<lb/>
nahm er eine Schaufel, grub die Ra&#x017F;en mit allen<lb/>
Bro&#x017F;amen aus, und warf &#x017F;ie ins Wa&#x017F;&#x017F;er, damit<lb/>
die Fi&#x017F;che die Brodkru&#x0364;mchen aufa&#x0364;ßen. Wie der<lb/>
Engel dies &#x017F;ahe, rief er aus der Ho&#x0364;he, &#x017F;o daß<lb/>
jener es ho&#x0364;rte: Wehe mir, wehe mir, die&#x017F;er Ge-<lb/>
rechte hat mich aus meiner Wohnung vergebens<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[157/0157] Du ſollſt ferner das Brod in hohen Ehren halten; es nicht verunreinigen; keine Schuͤſſel oder dergleichen darauf ſetzen; nichts davon unter den Teller legen; es nicht verachten oder gar darauf ſchelten; beſonders aber ſollſt du kein Kruͤmchen auf die Erde fallen laſſen, und es mit Fuͤßen treten; denn wer irgend eins von Allen dieſen Dingen thut, der wird in große Duͤrftigkeit gerathen. Der En- gel Nabel iſt von dem heiligen, hochgelobten Gott dazu beſtellt, diejenigen in Ungluͤck und Armuth zu bringen, die ſich jener Uebertretungen ſchuldig ma- chen. Dieſer Engel faßte einſt einen toͤdtlichen Haß gegen einen ſehr frommen Mann, und wuͤnſchte ihn ins Elend zu ſtuͤrzen. Allenthalben ſchlich er demſelben nach, und lauerte auf, ob er nicht ir- gendwo ein Kruͤmchen Brod fallen ließe, und es mit den Fuͤßen traͤte; aber vergebens. Endlich ſetzte der Mann ſich einmal im Felde auf hochgewachſe- nes Gras nieder und aß. Da freuete ſich der En- gel und frohlockte: nun ſoll er mir gewiß nicht entkommen! Allein, als der Fromme gegeſſen hatte, nahm er eine Schaufel, grub die Raſen mit allen Broſamen aus, und warf ſie ins Waſſer, damit die Fiſche die Brodkruͤmchen aufaͤßen. Wie der Engel dies ſahe, rief er aus der Hoͤhe, ſo daß jener es hoͤrte: Wehe mir, wehe mir, dieſer Ge- rechte hat mich aus meiner Wohnung vergebens

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/157
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/157>, abgerufen am 23.11.2024.