Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete verdanken ihren Ursprung gleichfalls einer mosai- schen Anordnung. Jm 5 Buch Mos. Kap. 6. V. 6 und 8. heißt es nemlich: Und diese Worte, die ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen; -- -- und sollst sie zum Zeichen auf deine Hände binden, und sollen dir, wie Denkzettel vor deinen Augen seyn. Diese Gedenkzettel sind zweifacher Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil- lim (Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stück von schwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal über einander, so daß die acht Falten vier verschiedene Fächer bilden:
Jn jedes dieser Fächer werden Sprüche aus dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus dem sechsten und eilften Kapitel des fünften Buchs Mosis gesteckt, die auf Pergament geschrieben und mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden sind. Die Haare müssen aber ja aus dem Schweif genommen und recht rein gewaschen seyn, wenn das Gebet erhört und nicht von dem heiligen, hochgelobten Gott als Lästerung bestraft werden soll. Auch müs- sen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder hervorstehen, damit man sehen möge, daß sie "ko- scher" sind. Die Falten der Tephillim werden mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von Kälberpergament zusammen genähet, und an das
Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete verdanken ihren Urſprung gleichfalls einer moſai- ſchen Anordnung. Jm 5 Buch Moſ. Kap. 6. V. 6 und 8. heißt es nemlich: Und dieſe Worte, die ich dir heute gebiete, ſollſt du zu Herzen nehmen; — — und ſollſt ſie zum Zeichen auf deine Haͤnde binden, und ſollen dir, wie Denkzettel vor deinen Augen ſeyn. Dieſe Gedenkzettel ſind zweifacher Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil- lim (Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stuͤck von ſchwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal uͤber einander, ſo daß die acht Falten vier verſchiedene Faͤcher bilden:
Jn jedes dieſer Faͤcher werden Spruͤche aus dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus dem ſechsten und eilften Kapitel des fuͤnften Buchs Moſis geſteckt, die auf Pergament geſchrieben und mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden ſind. Die Haare muͤſſen aber ja aus dem Schweif genommen und recht rein gewaſchen ſeyn, wenn das Gebet erhoͤrt und nicht von dem heiligen, hochgelobten Gott als Laͤſterung beſtraft werden ſoll. Auch muͤſ- ſen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder hervorſtehen, damit man ſehen moͤge, daß ſie »ko- ſcher« ſind. Die Falten der Tephillim werden mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von Kaͤlberpergament zuſammen genaͤhet, und an das
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0127"n="127"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Die <hirendition="#g">Tephillim</hi> oder Gedenkzettel der Gebete<lb/>
verdanken ihren Urſprung gleichfalls einer moſai-<lb/>ſchen Anordnung. Jm 5 Buch Moſ. Kap. 6. V.<lb/>
6 und 8. heißt es nemlich: Und dieſe Worte, die<lb/>
ich dir heute gebiete, ſollſt du zu Herzen nehmen;<lb/>—— und ſollſt ſie zum Zeichen auf deine Haͤnde<lb/>
binden, und ſollen dir, wie Denkzettel vor deinen<lb/>
Augen ſeyn. Dieſe Gedenkzettel ſind zweifacher<lb/>
Art: <hirendition="#g">Haupt-Tephillim</hi> und <hirendition="#g">Hand-Tephil-<lb/>
lim</hi> (Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim<lb/>
nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stuͤck von<lb/>ſchwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal uͤber<lb/>
einander, ſo daß die acht Falten vier verſchiedene<lb/>
Faͤcher bilden:</p><lb/><p>Jn jedes dieſer Faͤcher werden Spruͤche aus<lb/>
dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus<lb/>
dem ſechsten und eilften Kapitel des fuͤnften Buchs<lb/>
Moſis geſteckt, die auf Pergament geſchrieben und<lb/>
mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden ſind. Die<lb/>
Haare muͤſſen aber ja aus dem Schweif genommen<lb/>
und recht rein gewaſchen ſeyn, wenn das Gebet<lb/>
erhoͤrt und nicht von dem heiligen, hochgelobten<lb/>
Gott als Laͤſterung beſtraft werden ſoll. Auch muͤſ-<lb/>ſen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder<lb/>
hervorſtehen, damit man ſehen moͤge, daß ſie »<hirendition="#g">ko-<lb/>ſcher</hi>« ſind. Die Falten der Tephillim werden<lb/>
mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von<lb/>
Kaͤlberpergament zuſammen genaͤhet, und an das<lb/></p></div></body></text></TEI>
[127/0127]
Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete
verdanken ihren Urſprung gleichfalls einer moſai-
ſchen Anordnung. Jm 5 Buch Moſ. Kap. 6. V.
6 und 8. heißt es nemlich: Und dieſe Worte, die
ich dir heute gebiete, ſollſt du zu Herzen nehmen;
— — und ſollſt ſie zum Zeichen auf deine Haͤnde
binden, und ſollen dir, wie Denkzettel vor deinen
Augen ſeyn. Dieſe Gedenkzettel ſind zweifacher
Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil-
lim (Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim
nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stuͤck von
ſchwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal uͤber
einander, ſo daß die acht Falten vier verſchiedene
Faͤcher bilden:
Jn jedes dieſer Faͤcher werden Spruͤche aus
dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus
dem ſechsten und eilften Kapitel des fuͤnften Buchs
Moſis geſteckt, die auf Pergament geſchrieben und
mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden ſind. Die
Haare muͤſſen aber ja aus dem Schweif genommen
und recht rein gewaſchen ſeyn, wenn das Gebet
erhoͤrt und nicht von dem heiligen, hochgelobten
Gott als Laͤſterung beſtraft werden ſoll. Auch muͤſ-
ſen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder
hervorſtehen, damit man ſehen moͤge, daß ſie »ko-
ſcher« ſind. Die Falten der Tephillim werden
mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von
Kaͤlberpergament zuſammen genaͤhet, und an das
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/127>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.