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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

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Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete
verdanken ihren Ursprung gleichfalls einer mosai-
schen Anordnung. Jm 5 Buch Mos. Kap. 6. V.
6 und 8. heißt es nemlich: Und diese Worte, die
ich dir heute gebiete, sollst du zu Herzen nehmen;
-- -- und sollst sie zum Zeichen auf deine Hände
binden, und sollen dir, wie Denkzettel vor deinen
Augen seyn. Diese Gedenkzettel sind zweifacher
Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil-
lim
(Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim
nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stück von
schwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal über
einander, so daß die acht Falten vier verschiedene
Fächer bilden:

Jn jedes dieser Fächer werden Sprüche aus
dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus
dem sechsten und eilften Kapitel des fünften Buchs
Mosis gesteckt, die auf Pergament geschrieben und
mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden sind. Die
Haare müssen aber ja aus dem Schweif genommen
und recht rein gewaschen seyn, wenn das Gebet
erhört und nicht von dem heiligen, hochgelobten
Gott als Lästerung bestraft werden soll. Auch müs-
sen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder
hervorstehen, damit man sehen möge, daß sie "ko-
scher
" sind. Die Falten der Tephillim werden
mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von
Kälberpergament zusammen genähet, und an das



Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete
verdanken ihren Urſprung gleichfalls einer moſai-
ſchen Anordnung. Jm 5 Buch Moſ. Kap. 6. V.
6 und 8. heißt es nemlich: Und dieſe Worte, die
ich dir heute gebiete, ſollſt du zu Herzen nehmen;
— — und ſollſt ſie zum Zeichen auf deine Haͤnde
binden, und ſollen dir, wie Denkzettel vor deinen
Augen ſeyn. Dieſe Gedenkzettel ſind zweifacher
Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil-
lim
(Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim
nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stuͤck von
ſchwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal uͤber
einander, ſo daß die acht Falten vier verſchiedene
Faͤcher bilden:

Jn jedes dieſer Faͤcher werden Spruͤche aus
dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus
dem ſechsten und eilften Kapitel des fuͤnften Buchs
Moſis geſteckt, die auf Pergament geſchrieben und
mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden ſind. Die
Haare muͤſſen aber ja aus dem Schweif genommen
und recht rein gewaſchen ſeyn, wenn das Gebet
erhoͤrt und nicht von dem heiligen, hochgelobten
Gott als Laͤſterung beſtraft werden ſoll. Auch muͤſ-
ſen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder
hervorſtehen, damit man ſehen moͤge, daß ſie »ko-
ſcher
« ſind. Die Falten der Tephillim werden
mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von
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[127/0127] Die Tephillim oder Gedenkzettel der Gebete verdanken ihren Urſprung gleichfalls einer moſai- ſchen Anordnung. Jm 5 Buch Moſ. Kap. 6. V. 6 und 8. heißt es nemlich: Und dieſe Worte, die ich dir heute gebiete, ſollſt du zu Herzen nehmen; — — und ſollſt ſie zum Zeichen auf deine Haͤnde binden, und ſollen dir, wie Denkzettel vor deinen Augen ſeyn. Dieſe Gedenkzettel ſind zweifacher Art: Haupt-Tephillim und Hand-Tephil- lim (Tephillim Scheljad). Zu den Haupttephillim nehmen die Juden ein kleines viereckigtes Stuͤck von ſchwarzem Kalbsleder und beugen es achtmal uͤber einander, ſo daß die acht Falten vier verſchiedene Faͤcher bilden: Jn jedes dieſer Faͤcher werden Spruͤche aus dem dreizehnten Kapitel des zweiten Buchs und aus dem ſechsten und eilften Kapitel des fuͤnften Buchs Moſis geſteckt, die auf Pergament geſchrieben und mit Kuh- oder Kalbshaaren umwunden ſind. Die Haare muͤſſen aber ja aus dem Schweif genommen und recht rein gewaſchen ſeyn, wenn das Gebet erhoͤrt und nicht von dem heiligen, hochgelobten Gott als Laͤſterung beſtraft werden ſoll. Auch muͤſ- ſen die Spitzen der Haare etwas aus dem Leder hervorſtehen, damit man ſehen moͤge, daß ſie »ko- ſcher« ſind. Die Falten der Tephillim werden mit Saiten von Kuhnerven oder mit Riemen von Kaͤlberpergament zuſammen genaͤhet, und an das

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Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 127. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/127>, abgerufen am 23.11.2024.