Von dem ersten Begehren, der bürgerlichen Gleichstellung der Juden mit den Christen schweige ich, da es hier nicht zur Sache gehört, und be- merke blos, daß man dem unbescheidenen Fremden, der von seinem Wirth nicht allein freundliche Auf- nahme und kostenfreie Bewirthung, sondern sogar hausherrliche Rechte und Vorzüge begehren wollte, gewiß allenthalben bei Juden und bei Christen, als einem ungeschliffenen Grobian, die Thüre zeigen würde; und das von Rechtswegen! Die christlichen Regierungen sind indessen an manchen Orten aus angestammter Milde zum Jammer und größten Schaden ihrer Unterthanen gegen die Juden nach- sichtiger und willfähriger gewesen.
Die Errichtung eines großen und eines kleinen Sanhedrins zur Leitung des israelitischen Kirchen- und Schulwesens in Deutschland wäre nicht übel; aber Herrn Hellwitzens Verlangen, daß die Chri- sten dazu die Kosten hergeben sollen, zeigt blos, daß er ein Jude, und ein ächter Sohn Abrahams, Jsaaks und Jakobs ist. Die Deutschen haben, dünkt mir, so viele Abgaben und Lasten zu tragen, daß man sie wohl mit einer solchen Zumuthung verscho- nen kann. Wollten die Juden einen großen und einen kleinen Sanhedrin haben, so müßten sie die- selben, mit Zustimmung der betreffenden Regierun- gen, auf ihre Kosten errichten und die dabei An- gestellten selbst besolden. Außerdem müßten sie auch
Von dem erſten Begehren, der buͤrgerlichen Gleichſtellung der Juden mit den Chriſten ſchweige ich, da es hier nicht zur Sache gehoͤrt, und be- merke blos, daß man dem unbeſcheidenen Fremden, der von ſeinem Wirth nicht allein freundliche Auf- nahme und koſtenfreie Bewirthung, ſondern ſogar hausherrliche Rechte und Vorzuͤge begehren wollte, gewiß allenthalben bei Juden und bei Chriſten, als einem ungeſchliffenen Grobian, die Thuͤre zeigen wuͤrde; und das von Rechtswegen! Die chriſtlichen Regierungen ſind indeſſen an manchen Orten aus angeſtammter Milde zum Jammer und groͤßten Schaden ihrer Unterthanen gegen die Juden nach- ſichtiger und willfaͤhriger geweſen.
Die Errichtung eines großen und eines kleinen Sanhedrins zur Leitung des iſraelitiſchen Kirchen- und Schulweſens in Deutſchland waͤre nicht uͤbel; aber Herrn Hellwitzens Verlangen, daß die Chri- ſten dazu die Koſten hergeben ſollen, zeigt blos, daß er ein Jude, und ein aͤchter Sohn Abrahams, Jſaaks und Jakobs iſt. Die Deutſchen haben, duͤnkt mir, ſo viele Abgaben und Laſten zu tragen, daß man ſie wohl mit einer ſolchen Zumuthung verſcho- nen kann. Wollten die Juden einen großen und einen kleinen Sanhedrin haben, ſo muͤßten ſie die- ſelben, mit Zuſtimmung der betreffenden Regierun- gen, auf ihre Koſten errichten und die dabei An- geſtellten ſelbſt beſolden. Außerdem muͤßten ſie auch
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Von dem erſten Begehren, der buͤrgerlichen
Gleichſtellung der Juden mit den Chriſten ſchweige
ich, da es hier nicht zur Sache gehoͤrt, und be-
merke blos, daß man dem unbeſcheidenen Fremden,
der von ſeinem Wirth nicht allein freundliche Auf-
nahme und koſtenfreie Bewirthung, ſondern ſogar
hausherrliche Rechte und Vorzuͤge begehren wollte,
gewiß allenthalben bei Juden und bei Chriſten, als
einem ungeſchliffenen Grobian, die Thuͤre zeigen
wuͤrde; und das von Rechtswegen! Die chriſtlichen
Regierungen ſind indeſſen an manchen Orten aus
angeſtammter Milde zum Jammer und groͤßten
Schaden ihrer Unterthanen gegen die Juden nach-
ſichtiger und willfaͤhriger geweſen.
Die Errichtung eines großen und eines kleinen
Sanhedrins zur Leitung des iſraelitiſchen Kirchen-
und Schulweſens in Deutſchland waͤre nicht uͤbel;
aber Herrn Hellwitzens Verlangen, daß die Chri-
ſten dazu die Koſten hergeben ſollen, zeigt blos,
daß er ein Jude, und ein aͤchter Sohn Abrahams,
Jſaaks und Jakobs iſt. Die Deutſchen haben, duͤnkt
mir, ſo viele Abgaben und Laſten zu tragen, daß
man ſie wohl mit einer ſolchen Zumuthung verſcho-
nen kann. Wollten die Juden einen großen und
einen kleinen Sanhedrin haben, ſo muͤßten ſie die-
ſelben, mit Zuſtimmung der betreffenden Regierun-
gen, auf ihre Koſten errichten und die dabei An-
geſtellten ſelbſt beſolden. Außerdem muͤßten ſie auch
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/116>, abgerufen am 24.11.2024.
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