Allen übrigen Gegenständen des menschlichen Wissens, welche den Geist aufklären und bilden könnten, der Geschichte, Erdbeschreibung, Natur- lehre u. s. w. ist in den jüdischen Volksschulen die Thüre verschlossen. Wie sollten die Schüler klüger und gelehrter werden wollen, als ihr Rabbi? Wer mehr zu wissen begehrt, muß es durch eigenen Fleiß oder von Christen erlernen, und das Letztere sieht man sehr ungern. Selten führt Wißbegierde, son- dern gewöhnlich bloßer Eigennutz die Juden in solche Versuchung, und dann wenden sie sich aus Kargheit meistens an Winkelschullehrer, die aus Gewissenhaftigkeit mit ihren Stunden recht wohlfeil sind, weil sie wissen, daß man nichts von ihnen lernen kann.
Von den jüdischen Hauslehrern war schon frü- her die Rede. Was sie vor den gewöhnlichen Leh- rern der israelitischen Volksschulen voraus haben, besteht in wenigen oberflächlichen Kenntnissen, und meistens in einem Anstrich von dem, was man vor dreißig bis vierzig Jahren Bellettristik nannte. So wie damals eine erzwungene Sentimentalität, empfindsame Poesie und Dramaturgie bei den mei- sten christlichen Hofmeistern und Kandidaten ihr Obdach fanden; so haben sie es gegenwärtig bei den jüdischen Hauslehrern, die auf Bildung und Eleganz Anspruch machen; denn bekanntlich haben die unsrigen es neben der edeln Kinderpaukerei
Allen uͤbrigen Gegenſtaͤnden des menſchlichen Wiſſens, welche den Geiſt aufklaͤren und bilden koͤnnten, der Geſchichte, Erdbeſchreibung, Natur- lehre u. ſ. w. iſt in den juͤdiſchen Volksſchulen die Thuͤre verſchloſſen. Wie ſollten die Schuͤler kluͤger und gelehrter werden wollen, als ihr Rabbi? Wer mehr zu wiſſen begehrt, muß es durch eigenen Fleiß oder von Chriſten erlernen, und das Letztere ſieht man ſehr ungern. Selten fuͤhrt Wißbegierde, ſon- dern gewoͤhnlich bloßer Eigennutz die Juden in ſolche Verſuchung, und dann wenden ſie ſich aus Kargheit meiſtens an Winkelſchullehrer, die aus Gewiſſenhaftigkeit mit ihren Stunden recht wohlfeil ſind, weil ſie wiſſen, daß man nichts von ihnen lernen kann.
Von den juͤdiſchen Hauslehrern war ſchon fruͤ- her die Rede. Was ſie vor den gewoͤhnlichen Leh- rern der iſraelitiſchen Volksſchulen voraus haben, beſteht in wenigen oberflaͤchlichen Kenntniſſen, und meiſtens in einem Anſtrich von dem, was man vor dreißig bis vierzig Jahren Bellettriſtik nannte. So wie damals eine erzwungene Sentimentalitaͤt, empfindſame Poeſie und Dramaturgie bei den mei- ſten chriſtlichen Hofmeiſtern und Kandidaten ihr Obdach fanden; ſo haben ſie es gegenwaͤrtig bei den juͤdiſchen Hauslehrern, die auf Bildung und Eleganz Anſpruch machen; denn bekanntlich haben die unſrigen es neben der edeln Kinderpaukerei
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Allen uͤbrigen Gegenſtaͤnden des menſchlichen
Wiſſens, welche den Geiſt aufklaͤren und bilden
koͤnnten, der Geſchichte, Erdbeſchreibung, Natur-
lehre u. ſ. w. iſt in den juͤdiſchen Volksſchulen die
Thuͤre verſchloſſen. Wie ſollten die Schuͤler kluͤger
und gelehrter werden wollen, als ihr Rabbi? Wer
mehr zu wiſſen begehrt, muß es durch eigenen Fleiß
oder von Chriſten erlernen, und das Letztere ſieht
man ſehr ungern. Selten fuͤhrt Wißbegierde, ſon-
dern gewoͤhnlich bloßer Eigennutz die Juden in
ſolche Verſuchung, und dann wenden ſie ſich aus
Kargheit meiſtens an Winkelſchullehrer, die aus
Gewiſſenhaftigkeit mit ihren Stunden recht wohlfeil
ſind, weil ſie wiſſen, daß man nichts von ihnen
lernen kann.
Von den juͤdiſchen Hauslehrern war ſchon fruͤ-
her die Rede. Was ſie vor den gewoͤhnlichen Leh-
rern der iſraelitiſchen Volksſchulen voraus haben,
beſteht in wenigen oberflaͤchlichen Kenntniſſen, und
meiſtens in einem Anſtrich von dem, was man vor
dreißig bis vierzig Jahren Bellettriſtik nannte.
So wie damals eine erzwungene Sentimentalitaͤt,
empfindſame Poeſie und Dramaturgie bei den mei-
ſten chriſtlichen Hofmeiſtern und Kandidaten ihr
Obdach fanden; ſo haben ſie es gegenwaͤrtig bei
den juͤdiſchen Hauslehrern, die auf Bildung und
Eleganz Anſpruch machen; denn bekanntlich haben
die unſrigen es neben der edeln Kinderpaukerei
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/111>, abgerufen am 22.11.2024.
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