Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite



nicht. Läßt Jemand hingegen nur Ein Kind durchs
Feuer gehen, so ist er strafbar; denn es stehet ge-
schrieben: du sollst nicht von deinem Saamen
(also kein einzelnes Kind) dem Moloch opfern; es
heißt aber keineswegs: du sollst nicht deine Saamen,
nemlich alle deine Kinder, dem Moloch opfern *)."

Um ihr Möglichstes zu thun, theilten die jü-
dischen Priester das mosaische Gesetz in sechshundert
und dreizehn Mitzvos oder Gebote ein, und unter-
schieden diese wieder in Gebote im engern Sinn,
welche eine Art von Handlungen, und in Ver-
bote,
die eine Unterlassung befehlen. Der Gebote
giebt es nach dieser letztern Eintheilung zweihundert
acht und vierzig, weil der menschliche Körper, nach
talmudischer Anatomie, hundert acht und vierzig
Glieder hat, und für jedes derselben ein Gebot seyn
muß. Die Zahl der Verbote beträgt dreihundert
fünf und sechzig; denn so viel Tage enthält das
Jahr, und folglich gerade so viel als Tage im
Jahr. Um indessen lieber etwas zu viel, als zu
wenig zu leisten, hat man noch sieben Gebote dazu
gemacht, daß also jetzt sich die Gesammtzahl aller
jüdischen Gebote und Verbote auf sechshundert und
zwanzig beläuft. Nun ist ein frommer Jsraelit ver-
pflichtet, alle Tage Ein Gebot zu erfüllen, und
Ein Verbot nicht zu übertreten; genügt er dieser

*) M. s. den Traktat Sanhedrin.



nicht. Laͤßt Jemand hingegen nur Ein Kind durchs
Feuer gehen, ſo iſt er ſtrafbar; denn es ſtehet ge-
ſchrieben: du ſollſt nicht von deinem Saamen
(alſo kein einzelnes Kind) dem Moloch opfern; es
heißt aber keineswegs: du ſollſt nicht deine Saamen,
nemlich alle deine Kinder, dem Moloch opfern *)

Um ihr Moͤglichſtes zu thun, theilten die juͤ-
diſchen Prieſter das moſaiſche Geſetz in ſechshundert
und dreizehn Mitzvos oder Gebote ein, und unter-
ſchieden dieſe wieder in Gebote im engern Sinn,
welche eine Art von Handlungen, und in Ver-
bote,
die eine Unterlaſſung befehlen. Der Gebote
giebt es nach dieſer letztern Eintheilung zweihundert
acht und vierzig, weil der menſchliche Koͤrper, nach
talmudiſcher Anatomie, hundert acht und vierzig
Glieder hat, und fuͤr jedes derſelben ein Gebot ſeyn
muß. Die Zahl der Verbote betraͤgt dreihundert
fuͤnf und ſechzig; denn ſo viel Tage enthaͤlt das
Jahr, und folglich gerade ſo viel als Tage im
Jahr. Um indeſſen lieber etwas zu viel, als zu
wenig zu leiſten, hat man noch ſieben Gebote dazu
gemacht, daß alſo jetzt ſich die Geſammtzahl aller
juͤdiſchen Gebote und Verbote auf ſechshundert und
zwanzig belaͤuft. Nun iſt ein frommer Jſraelit ver-
pflichtet, alle Tage Ein Gebot zu erfuͤllen, und
Ein Verbot nicht zu uͤbertreten; genuͤgt er dieſer

*) M. ſ. den Traktat Sanhedrin.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0010" n="10"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
nicht. La&#x0364;ßt Jemand hingegen nur Ein Kind durchs<lb/>
Feuer gehen, &#x017F;o i&#x017F;t er &#x017F;trafbar; denn es &#x017F;tehet ge-<lb/>
&#x017F;chrieben: du &#x017F;oll&#x017F;t nicht von <hi rendition="#g">deinem</hi> Saamen<lb/>
(al&#x017F;o kein einzelnes Kind) dem Moloch opfern; es<lb/>
heißt aber keineswegs: du &#x017F;oll&#x017F;t nicht deine Saamen,<lb/>
nemlich alle deine Kinder, dem Moloch opfern <note place="foot" n="*)">M. &#x017F;. den Traktat Sanhedrin.</note></p><lb/>
        <p>Um ihr Mo&#x0364;glich&#x017F;tes zu thun, theilten die ju&#x0364;-<lb/>
di&#x017F;chen Prie&#x017F;ter das mo&#x017F;ai&#x017F;che Ge&#x017F;etz in &#x017F;echshundert<lb/>
und dreizehn Mitzvos oder Gebote ein, und unter-<lb/>
&#x017F;chieden die&#x017F;e wieder in <hi rendition="#g">Gebote</hi> im engern Sinn,<lb/>
welche eine Art von Handlungen, und in <hi rendition="#g">Ver-<lb/>
bote,</hi> die eine Unterla&#x017F;&#x017F;ung befehlen. Der Gebote<lb/>
giebt es nach die&#x017F;er letztern Eintheilung zweihundert<lb/>
acht und vierzig, weil der men&#x017F;chliche Ko&#x0364;rper, nach<lb/>
talmudi&#x017F;cher Anatomie, hundert acht und vierzig<lb/>
Glieder hat, und fu&#x0364;r jedes der&#x017F;elben ein Gebot &#x017F;eyn<lb/>
muß. Die Zahl der Verbote betra&#x0364;gt dreihundert<lb/>
fu&#x0364;nf und &#x017F;echzig; denn &#x017F;o viel Tage entha&#x0364;lt das<lb/>
Jahr, und folglich gerade &#x017F;o viel als Tage im<lb/>
Jahr. Um inde&#x017F;&#x017F;en lieber etwas zu viel, als zu<lb/>
wenig zu lei&#x017F;ten, hat man noch &#x017F;ieben Gebote dazu<lb/>
gemacht, daß al&#x017F;o jetzt &#x017F;ich die Ge&#x017F;ammtzahl aller<lb/>
ju&#x0364;di&#x017F;chen Gebote und Verbote auf &#x017F;echshundert und<lb/>
zwanzig bela&#x0364;uft. Nun i&#x017F;t ein frommer J&#x017F;raelit ver-<lb/>
pflichtet, alle Tage Ein Gebot zu erfu&#x0364;llen, und<lb/>
Ein Verbot <hi rendition="#g">nicht</hi> zu u&#x0364;bertreten; genu&#x0364;gt er die&#x017F;er<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[10/0010] nicht. Laͤßt Jemand hingegen nur Ein Kind durchs Feuer gehen, ſo iſt er ſtrafbar; denn es ſtehet ge- ſchrieben: du ſollſt nicht von deinem Saamen (alſo kein einzelnes Kind) dem Moloch opfern; es heißt aber keineswegs: du ſollſt nicht deine Saamen, nemlich alle deine Kinder, dem Moloch opfern *).« Um ihr Moͤglichſtes zu thun, theilten die juͤ- diſchen Prieſter das moſaiſche Geſetz in ſechshundert und dreizehn Mitzvos oder Gebote ein, und unter- ſchieden dieſe wieder in Gebote im engern Sinn, welche eine Art von Handlungen, und in Ver- bote, die eine Unterlaſſung befehlen. Der Gebote giebt es nach dieſer letztern Eintheilung zweihundert acht und vierzig, weil der menſchliche Koͤrper, nach talmudiſcher Anatomie, hundert acht und vierzig Glieder hat, und fuͤr jedes derſelben ein Gebot ſeyn muß. Die Zahl der Verbote betraͤgt dreihundert fuͤnf und ſechzig; denn ſo viel Tage enthaͤlt das Jahr, und folglich gerade ſo viel als Tage im Jahr. Um indeſſen lieber etwas zu viel, als zu wenig zu leiſten, hat man noch ſieben Gebote dazu gemacht, daß alſo jetzt ſich die Geſammtzahl aller juͤdiſchen Gebote und Verbote auf ſechshundert und zwanzig belaͤuft. Nun iſt ein frommer Jſraelit ver- pflichtet, alle Tage Ein Gebot zu erfuͤllen, und Ein Verbot nicht zu uͤbertreten; genuͤgt er dieſer *) M. ſ. den Traktat Sanhedrin.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/10
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 2. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule02_1822/10>, abgerufen am 11.12.2024.