gener Hand über ihre Geschichte, ihre Thaten und Lehren hinterlassen haben! Dann könnten wir mit Freuden ganze Bibliotheken theologischen Wustes, die Beschlüsse aller Konzilien und die Bullen aller heiligen Väter in Rom, mit Omars Ausrufe, ins Feuer stecken.
Wer mit so viel Einsicht, wie Moses selbst die Hindernisse, welche sich seinem Ziele entgegen stellen, als Mittel zu benutzen weiß, sein Ziel zu erreichen, ist gewiß ein großer, ein seltner Mensch. Daß er den Juden, wie seine Geschichte uns lehrt, das Vorurtheil einprägte: sie allein wären das geliebte und auserwählte Volk Gottes; Jehovah wäre blos ihr, aber keines andern Volkes gütiger Gott! war bei seinen Verhältnissen eben so politisch als weise. Ohne dieses Vorurtheil hätte er nimmermehr das feige, muthlose, an Seele und Leib von Grund aus verderbte Volk aus dem Schlamme reißen und bes- sern, nie ihm den Muth einflößen können, einen eigenen selbstständigen Staat, sey es auf friedliche Weise, oder mit dem Schwert in der Hand, sich zu gründen. Es würde untergegangen seyn, dies Volk in der entehrendsten Knechtschaft, verabscheuet von seinen Bedrückern, wie die Parias der Hin- dus. Jndessen war es sehr zu bedauern, daß er für eine höhere Veredlung, ein sittliches und geisti- ges Fortschreiten, durchaus nichts that, oder -- thun konnte, und sogar einen Priesterdespotismus be- gründete, der immer noch schrecklicher ist, als der
gener Hand uͤber ihre Geſchichte, ihre Thaten und Lehren hinterlaſſen haben! Dann koͤnnten wir mit Freuden ganze Bibliotheken theologiſchen Wuſtes, die Beſchluͤſſe aller Konzilien und die Bullen aller heiligen Vaͤter in Rom, mit Omars Ausrufe, ins Feuer ſtecken.
Wer mit ſo viel Einſicht, wie Moſes ſelbſt die Hinderniſſe, welche ſich ſeinem Ziele entgegen ſtellen, als Mittel zu benutzen weiß, ſein Ziel zu erreichen, iſt gewiß ein großer, ein ſeltner Menſch. Daß er den Juden, wie ſeine Geſchichte uns lehrt, das Vorurtheil einpraͤgte: ſie allein waͤren das geliebte und auserwaͤhlte Volk Gottes; Jehovah waͤre blos ihr, aber keines andern Volkes guͤtiger Gott! war bei ſeinen Verhaͤltniſſen eben ſo politiſch als weiſe. Ohne dieſes Vorurtheil haͤtte er nimmermehr das feige, muthloſe, an Seele und Leib von Grund aus verderbte Volk aus dem Schlamme reißen und beſ- ſern, nie ihm den Muth einfloͤßen koͤnnen, einen eigenen ſelbſtſtaͤndigen Staat, ſey es auf friedliche Weiſe, oder mit dem Schwert in der Hand, ſich zu gruͤnden. Es wuͤrde untergegangen ſeyn, dies Volk in der entehrendſten Knechtſchaft, verabſcheuet von ſeinen Bedruͤckern, wie die Parias der Hin- dus. Jndeſſen war es ſehr zu bedauern, daß er fuͤr eine hoͤhere Veredlung, ein ſittliches und geiſti- ges Fortſchreiten, durchaus nichts that, oder — thun konnte, und ſogar einen Prieſterdespotismus be- gruͤndete, der immer noch ſchrecklicher iſt, als der
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gener Hand uͤber ihre Geſchichte, ihre Thaten und
Lehren hinterlaſſen haben! Dann koͤnnten wir mit
Freuden ganze Bibliotheken theologiſchen Wuſtes,
die Beſchluͤſſe aller Konzilien und die Bullen aller
heiligen Vaͤter in Rom, mit Omars Ausrufe, ins
Feuer ſtecken.
Wer mit ſo viel Einſicht, wie Moſes ſelbſt die
Hinderniſſe, welche ſich ſeinem Ziele entgegen ſtellen,
als Mittel zu benutzen weiß, ſein Ziel zu erreichen,
iſt gewiß ein großer, ein ſeltner Menſch. Daß er
den Juden, wie ſeine Geſchichte uns lehrt, das
Vorurtheil einpraͤgte: ſie allein waͤren das geliebte
und auserwaͤhlte Volk Gottes; Jehovah waͤre blos
ihr, aber keines andern Volkes guͤtiger Gott! war
bei ſeinen Verhaͤltniſſen eben ſo politiſch als weiſe.
Ohne dieſes Vorurtheil haͤtte er nimmermehr das
feige, muthloſe, an Seele und Leib von Grund aus
verderbte Volk aus dem Schlamme reißen und beſ-
ſern, nie ihm den Muth einfloͤßen koͤnnen, einen
eigenen ſelbſtſtaͤndigen Staat, ſey es auf friedliche
Weiſe, oder mit dem Schwert in der Hand, ſich
zu gruͤnden. Es wuͤrde untergegangen ſeyn, dies
Volk in der entehrendſten Knechtſchaft, verabſcheuet
von ſeinen Bedruͤckern, wie die Parias der Hin-
dus. Jndeſſen war es ſehr zu bedauern, daß er
fuͤr eine hoͤhere Veredlung, ein ſittliches und geiſti-
ges Fortſchreiten, durchaus nichts that, oder — thun
konnte, und ſogar einen Prieſterdespotismus be-
gruͤndete, der immer noch ſchrecklicher iſt, als der
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/84>, abgerufen am 23.11.2024.
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