Dadurch war freilich für die Priester und Ge- walthaber, gewissermaßen auch wohl für die grö- bern Bedürfniße des Volks gesorgt; aber immer sehr wenig für das sittliche und geistige Fortschrei- ten des letztern. Es war und blieb ganz das Spiel der Willkühr und Gewalt seiner Könige, und der Launen seiner Priester.
Obgleich Moses eine rein-monotheistische Reli- gion einführen wollte, so konnten die Juden sich doch nicht zu einem so hohen und einfachen Stand- punkte erheben. Jhr Altardienst war freilich nur der Verehrung eines einzigen höchsten Wesens ge- weiht, welches sie als ihren Volksgott anbeteten; damit konnte indessen füglich ihr Glaube bestehen, daß auch die übrigen Völker ihre Götter (Elohim) hätten, welche aber sehr böse, und lange nicht so mächtige Wesen wären, wie ihr Gott. Dieser Glaube dauert noch bei den heutigen Juden fort, und war oft die Veranlassung zum Abfall von dem, durch Moses angeordneten, dem Jehovah, dem ei- nigen Gott, gewidmeten Kultus.
Moses suchte die Jdeen, welche er von dem höchsten Wesen aufstellte, der Fassungskraft, den rohen Begriffen, und den Bedürfnißen, der Jsraeli- ten nach Möglichkeit anzupassen. "Der Mensch malt in seinen Göttern sich selbst!" sagt Schiller. Die Juden waren höchstsinnlich, wankelmüthig, rachgierig gegen ihre Feinde, und nur durch Blut und Geschenke zu versöhnen. Wie sie waren, so
Dadurch war freilich fuͤr die Prieſter und Ge- walthaber, gewiſſermaßen auch wohl fuͤr die groͤ- bern Beduͤrfniße des Volks geſorgt; aber immer ſehr wenig fuͤr das ſittliche und geiſtige Fortſchrei- ten des letztern. Es war und blieb ganz das Spiel der Willkuͤhr und Gewalt ſeiner Koͤnige, und der Launen ſeiner Prieſter.
Obgleich Moſes eine rein-monotheiſtiſche Reli- gion einfuͤhren wollte, ſo konnten die Juden ſich doch nicht zu einem ſo hohen und einfachen Stand- punkte erheben. Jhr Altardienſt war freilich nur der Verehrung eines einzigen hoͤchſten Weſens ge- weiht, welches ſie als ihren Volksgott anbeteten; damit konnte indeſſen fuͤglich ihr Glaube beſtehen, daß auch die uͤbrigen Voͤlker ihre Goͤtter (Elohim) haͤtten, welche aber ſehr boͤſe, und lange nicht ſo maͤchtige Weſen waͤren, wie ihr Gott. Dieſer Glaube dauert noch bei den heutigen Juden fort, und war oft die Veranlaſſung zum Abfall von dem, durch Moſes angeordneten, dem Jehovah, dem ei- nigen Gott, gewidmeten Kultus.
Moſes ſuchte die Jdeen, welche er von dem hoͤchſten Weſen aufſtellte, der Faſſungskraft, den rohen Begriffen, und den Beduͤrfnißen, der Jſraeli- ten nach Moͤglichkeit anzupaſſen. „Der Menſch malt in ſeinen Goͤttern ſich ſelbſt!‟ ſagt Schiller. Die Juden waren hoͤchſtſinnlich, wankelmuͤthig, rachgierig gegen ihre Feinde, und nur durch Blut und Geſchenke zu verſoͤhnen. Wie ſie waren, ſo
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Dadurch war freilich fuͤr die Prieſter und Ge-
walthaber, gewiſſermaßen auch wohl fuͤr die groͤ-
bern Beduͤrfniße des Volks geſorgt; aber immer
ſehr wenig fuͤr das ſittliche und geiſtige Fortſchrei-
ten des letztern. Es war und blieb ganz das Spiel
der Willkuͤhr und Gewalt ſeiner Koͤnige, und der
Launen ſeiner Prieſter.
Obgleich Moſes eine rein-monotheiſtiſche Reli-
gion einfuͤhren wollte, ſo konnten die Juden ſich
doch nicht zu einem ſo hohen und einfachen Stand-
punkte erheben. Jhr Altardienſt war freilich nur
der Verehrung eines einzigen hoͤchſten Weſens ge-
weiht, welches ſie als ihren Volksgott anbeteten;
damit konnte indeſſen fuͤglich ihr Glaube beſtehen,
daß auch die uͤbrigen Voͤlker ihre Goͤtter (Elohim)
haͤtten, welche aber ſehr boͤſe, und lange nicht ſo
maͤchtige Weſen waͤren, wie ihr Gott. Dieſer
Glaube dauert noch bei den heutigen Juden fort,
und war oft die Veranlaſſung zum Abfall von dem,
durch Moſes angeordneten, dem Jehovah, dem ei-
nigen Gott, gewidmeten Kultus.
Moſes ſuchte die Jdeen, welche er von dem
hoͤchſten Weſen aufſtellte, der Faſſungskraft, den
rohen Begriffen, und den Beduͤrfnißen, der Jſraeli-
ten nach Moͤglichkeit anzupaſſen. „Der Menſch
malt in ſeinen Goͤttern ſich ſelbſt!‟ ſagt Schiller.
Die Juden waren hoͤchſtſinnlich, wankelmuͤthig,
rachgierig gegen ihre Feinde, und nur durch Blut
und Geſchenke zu verſoͤhnen. Wie ſie waren, ſo
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/78>, abgerufen am 22.11.2024.
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