Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfäffischer
Eigennutz und despotische Willkühr, sondern Ver-
nunft und Gerechtigkeit die dauerndsten Grundla-
gen der Regierungen, und die Liebe der Völker das
beste Salböl der Könige sind, und in Folge dieses
Grundsatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal-
ben und Krönen der Regenten durch Pfaffenhand
in den meisten christlichen Reichen außer Gebrauch.

Der furchtbare Druck weltlicher und geistlicher
Herrscher der Vorwelt erzeugte in manchem beäng-
steten Gemüth den eben so natürlichen, als mensch-
lichen Wunsch, daß ein großer Erretter, ein Be-
freier von der tyrannischen Schmach erscheinen
und einen bessern Zustand der Dinge herbeiführen
möchte. Die Hoffnung auf einen solchen, blos
weltlichen, Erlöser verwandelte sich häufig in Ue-
berzeugung, und Einer tröstete den Andern mit
der Zukunft, auch wohl mit dem Beispiele dieses
oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere
solcher Heilande erschienen waren, die man dann
gewöhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u.
a.) zu Göttersöhnen und zu Göttern erhob. So
bildeten sich jene Sagen und Mythen der heidni-
schen Völker von göttlichen Erlösern des Menschen-
geschlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibsel
der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt statt
gefundenen Verheissung des Messias betrachtet wer-
den können, und auf unsern Heiland Jesus Chri-
stus nie die entfernteste Beziehung hatten.

I. Bändchen. 5

und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfaͤffiſcher
Eigennutz und despotiſche Willkuͤhr, ſondern Ver-
nunft und Gerechtigkeit die dauerndſten Grundla-
gen der Regierungen, und die Liebe der Voͤlker das
beſte Salboͤl der Koͤnige ſind, und in Folge dieſes
Grundſatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal-
ben und Kroͤnen der Regenten durch Pfaffenhand
in den meiſten chriſtlichen Reichen außer Gebrauch.

Der furchtbare Druck weltlicher und geiſtlicher
Herrſcher der Vorwelt erzeugte in manchem beaͤng-
ſteten Gemuͤth den eben ſo natuͤrlichen, als menſch-
lichen Wunſch, daß ein großer Erretter, ein Be-
freier von der tyranniſchen Schmach erſcheinen
und einen beſſern Zuſtand der Dinge herbeifuͤhren
moͤchte. Die Hoffnung auf einen ſolchen, blos
weltlichen, Erloͤſer verwandelte ſich haͤufig in Ue-
berzeugung, und Einer troͤſtete den Andern mit
der Zukunft, auch wohl mit dem Beiſpiele dieſes
oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere
ſolcher Heilande erſchienen waren, die man dann
gewoͤhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u.
a.) zu Goͤtterſoͤhnen und zu Goͤttern erhob. So
bildeten ſich jene Sagen und Mythen der heidni-
ſchen Voͤlker von goͤttlichen Erloͤſern des Menſchen-
geſchlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibſel
der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt ſtatt
gefundenen Verheiſſung des Meſſias betrachtet wer-
den koͤnnen, und auf unſern Heiland Jeſus Chri-
ſtus nie die entfernteſte Beziehung hatten.

I. Baͤndchen. 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0051" n="17"/>
und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfa&#x0364;ffi&#x017F;cher<lb/>
Eigennutz und despoti&#x017F;che Willku&#x0364;hr, &#x017F;ondern Ver-<lb/>
nunft und Gerechtigkeit die dauernd&#x017F;ten Grundla-<lb/>
gen der Regierungen, und die Liebe der Vo&#x0364;lker das<lb/>
be&#x017F;te Salbo&#x0364;l der Ko&#x0364;nige &#x017F;ind, und in Folge die&#x017F;es<lb/>
Grund&#x017F;atzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal-<lb/>
ben und Kro&#x0364;nen der Regenten durch Pfaffenhand<lb/>
in den mei&#x017F;ten chri&#x017F;tlichen Reichen außer Gebrauch.</p><lb/>
        <p>Der furchtbare Druck weltlicher und gei&#x017F;tlicher<lb/>
Herr&#x017F;cher der Vorwelt erzeugte in manchem bea&#x0364;ng-<lb/>
&#x017F;teten Gemu&#x0364;th den eben &#x017F;o natu&#x0364;rlichen, als men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Wun&#x017F;ch, daß ein großer Erretter, ein Be-<lb/>
freier von der tyranni&#x017F;chen Schmach er&#x017F;cheinen<lb/>
und einen be&#x017F;&#x017F;ern Zu&#x017F;tand der Dinge herbeifu&#x0364;hren<lb/>
mo&#x0364;chte. Die Hoffnung auf einen &#x017F;olchen, blos<lb/>
weltlichen, Erlo&#x0364;&#x017F;er verwandelte &#x017F;ich ha&#x0364;ufig in Ue-<lb/>
berzeugung, und Einer tro&#x0364;&#x017F;tete den Andern mit<lb/>
der Zukunft, auch wohl mit dem Bei&#x017F;piele die&#x017F;es<lb/>
oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere<lb/>
&#x017F;olcher Heilande er&#x017F;chienen waren, die man dann<lb/>
gewo&#x0364;hnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u.<lb/>
a.) zu Go&#x0364;tter&#x017F;o&#x0364;hnen und zu Go&#x0364;ttern erhob. So<lb/>
bildeten &#x017F;ich jene Sagen und Mythen der heidni-<lb/>
&#x017F;chen Vo&#x0364;lker von go&#x0364;ttlichen Erlo&#x0364;&#x017F;ern des Men&#x017F;chen-<lb/>
ge&#x017F;chlechts, die aber keinesweges als Ueberbleib&#x017F;el<lb/>
der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt &#x017F;tatt<lb/>
gefundenen Verhei&#x017F;&#x017F;ung des Me&#x017F;&#x017F;ias betrachtet wer-<lb/>
den ko&#x0364;nnen, und auf un&#x017F;ern Heiland Je&#x017F;us Chri-<lb/>
&#x017F;tus nie die entfernte&#x017F;te Beziehung hatten.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#aq">I.</hi> Ba&#x0364;ndchen. 5</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[17/0051] und begriff man, daß nicht Aberglaube, pfaͤffiſcher Eigennutz und despotiſche Willkuͤhr, ſondern Ver- nunft und Gerechtigkeit die dauerndſten Grundla- gen der Regierungen, und die Liebe der Voͤlker das beſte Salboͤl der Koͤnige ſind, und in Folge dieſes Grundſatzes kam das, den Juden nachgeahmte Sal- ben und Kroͤnen der Regenten durch Pfaffenhand in den meiſten chriſtlichen Reichen außer Gebrauch. Der furchtbare Druck weltlicher und geiſtlicher Herrſcher der Vorwelt erzeugte in manchem beaͤng- ſteten Gemuͤth den eben ſo natuͤrlichen, als menſch- lichen Wunſch, daß ein großer Erretter, ein Be- freier von der tyranniſchen Schmach erſcheinen und einen beſſern Zuſtand der Dinge herbeifuͤhren moͤchte. Die Hoffnung auf einen ſolchen, blos weltlichen, Erloͤſer verwandelte ſich haͤufig in Ue- berzeugung, und Einer troͤſtete den Andern mit der Zukunft, auch wohl mit dem Beiſpiele dieſes oder jenes Volks, dem bereits einer oder mehrere ſolcher Heilande erſchienen waren, die man dann gewoͤhnlich (wie z. B. den Apoll, den Herkules u. a.) zu Goͤtterſoͤhnen und zu Goͤttern erhob. So bildeten ſich jene Sagen und Mythen der heidni- ſchen Voͤlker von goͤttlichen Erloͤſern des Menſchen- geſchlechts, die aber keinesweges als Ueberbleibſel der Kunde von einer in den Zeiten der Urwelt ſtatt gefundenen Verheiſſung des Meſſias betrachtet wer- den koͤnnen, und auf unſern Heiland Jeſus Chri- ſtus nie die entfernteſte Beziehung hatten. I. Baͤndchen. 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/51
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 17. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/51>, abgerufen am 22.11.2024.