gen zu sprechen, wo er Jahrtausende, und nicht von Stunden, wo er viele Jahre oder Monate meinte; denn was nützt mir die Weissagung, deren Sinn ich nicht verstehe, und die zu einer tausend- fachen Auslegung sich eignet. Würde der Prophet jenes nicht wollen; so würde ich ihm nimmermehr zutrauen, daß er ein wahrer Prophet sey, und mehr als ich von der Zukunft wisse.
Jch spreche hier nicht von den heiligen Männern Gottes, denen der heilige Geist selbst den Schleier der Zukunft lüftete, und die auf seinen Antrieb mit so großer Klarheit redeten, daß auch der gewöhn- lichste Mensch sie verstehen kann. Warum sollte Gott nicht, wenn es in dem Plan seiner Weltre- gierung liegt, einzelnen Menschen die Ereignisse der Zukunft enthüllen können, um durch sie ein oder mehrere Völker, vielleicht die ganze Menschheit zu ihrem Vortheil auf große und wichtige Begebenhei- ten aufmerksam zu machen? Dies zu leugnen, liegt eben so wenig in meinem Zweck, als ich der tau- sendste seyn will, und bei der Beschränktheit meiner Kenntnisse seyn kann, welcher es beweist.
Zu allen Zeiten und unter allen Völkern gab es Weissager, deren Aussprüche häufig in Erfüllung giengen. Unsere Theologen behaupten: daß diese nicht auf Antrieb des heiligen Geistes, sondern des Teufels geredet haben. Jch glaube keines von bei- den. Ward eine ihrer Weissagungen erfüllt, so war es ein Zufall. Sollte nicht in einer langen
gen zu ſprechen, wo er Jahrtauſende, und nicht von Stunden, wo er viele Jahre oder Monate meinte; denn was nuͤtzt mir die Weiſſagung, deren Sinn ich nicht verſtehe, und die zu einer tauſend- fachen Auslegung ſich eignet. Wuͤrde der Prophet jenes nicht wollen; ſo wuͤrde ich ihm nimmermehr zutrauen, daß er ein wahrer Prophet ſey, und mehr als ich von der Zukunft wiſſe.
Jch ſpreche hier nicht von den heiligen Maͤnnern Gottes, denen der heilige Geiſt ſelbſt den Schleier der Zukunft luͤftete, und die auf ſeinen Antrieb mit ſo großer Klarheit redeten, daß auch der gewoͤhn- lichſte Menſch ſie verſtehen kann. Warum ſollte Gott nicht, wenn es in dem Plan ſeiner Weltre- gierung liegt, einzelnen Menſchen die Ereigniſſe der Zukunft enthuͤllen koͤnnen, um durch ſie ein oder mehrere Voͤlker, vielleicht die ganze Menſchheit zu ihrem Vortheil auf große und wichtige Begebenhei- ten aufmerkſam zu machen? Dies zu leugnen, liegt eben ſo wenig in meinem Zweck, als ich der tau- ſendſte ſeyn will, und bei der Beſchraͤnktheit meiner Kenntniſſe ſeyn kann, welcher es beweist.
Zu allen Zeiten und unter allen Voͤlkern gab es Weiſſager, deren Ausſpruͤche haͤufig in Erfuͤllung giengen. Unſere Theologen behaupten: daß dieſe nicht auf Antrieb des heiligen Geiſtes, ſondern des Teufels geredet haben. Jch glaube keines von bei- den. Ward eine ihrer Weiſſagungen erfuͤllt, ſo war es ein Zufall. Sollte nicht in einer langen
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0298"n="264"/>
gen zu ſprechen, wo er Jahrtauſende, und nicht<lb/>
von Stunden, wo er viele Jahre oder Monate<lb/>
meinte; denn was nuͤtzt mir die Weiſſagung, deren<lb/>
Sinn ich nicht verſtehe, und die zu einer tauſend-<lb/>
fachen Auslegung ſich eignet. Wuͤrde der Prophet<lb/>
jenes nicht wollen; ſo wuͤrde ich ihm nimmermehr<lb/>
zutrauen, daß er ein wahrer Prophet ſey, und<lb/>
mehr als ich von der Zukunft wiſſe.</p><lb/><p>Jch ſpreche hier nicht von den heiligen Maͤnnern<lb/>
Gottes, denen der heilige Geiſt ſelbſt den Schleier<lb/>
der Zukunft luͤftete, und die auf ſeinen Antrieb mit<lb/>ſo großer Klarheit redeten, daß auch der gewoͤhn-<lb/>
lichſte Menſch ſie verſtehen kann. Warum ſollte<lb/>
Gott nicht, wenn es in dem Plan ſeiner Weltre-<lb/>
gierung liegt, einzelnen Menſchen die Ereigniſſe der<lb/>
Zukunft enthuͤllen koͤnnen, um durch ſie ein oder<lb/>
mehrere Voͤlker, vielleicht die ganze Menſchheit zu<lb/>
ihrem Vortheil auf große und wichtige Begebenhei-<lb/>
ten aufmerkſam zu machen? Dies zu leugnen, liegt<lb/>
eben ſo wenig in meinem Zweck, als ich der tau-<lb/>ſendſte ſeyn will, und bei der Beſchraͤnktheit meiner<lb/>
Kenntniſſe ſeyn kann, welcher es beweist.</p><lb/><p>Zu allen Zeiten und unter allen Voͤlkern gab<lb/>
es Weiſſager, deren Ausſpruͤche haͤufig in Erfuͤllung<lb/>
giengen. Unſere Theologen behaupten: daß dieſe<lb/>
nicht auf Antrieb des heiligen Geiſtes, ſondern des<lb/>
Teufels geredet haben. Jch glaube keines von bei-<lb/>
den. Ward eine ihrer Weiſſagungen erfuͤllt, ſo<lb/>
war es ein Zufall. Sollte nicht in einer langen<lb/></p></div></body></text></TEI>
[264/0298]
gen zu ſprechen, wo er Jahrtauſende, und nicht
von Stunden, wo er viele Jahre oder Monate
meinte; denn was nuͤtzt mir die Weiſſagung, deren
Sinn ich nicht verſtehe, und die zu einer tauſend-
fachen Auslegung ſich eignet. Wuͤrde der Prophet
jenes nicht wollen; ſo wuͤrde ich ihm nimmermehr
zutrauen, daß er ein wahrer Prophet ſey, und
mehr als ich von der Zukunft wiſſe.
Jch ſpreche hier nicht von den heiligen Maͤnnern
Gottes, denen der heilige Geiſt ſelbſt den Schleier
der Zukunft luͤftete, und die auf ſeinen Antrieb mit
ſo großer Klarheit redeten, daß auch der gewoͤhn-
lichſte Menſch ſie verſtehen kann. Warum ſollte
Gott nicht, wenn es in dem Plan ſeiner Weltre-
gierung liegt, einzelnen Menſchen die Ereigniſſe der
Zukunft enthuͤllen koͤnnen, um durch ſie ein oder
mehrere Voͤlker, vielleicht die ganze Menſchheit zu
ihrem Vortheil auf große und wichtige Begebenhei-
ten aufmerkſam zu machen? Dies zu leugnen, liegt
eben ſo wenig in meinem Zweck, als ich der tau-
ſendſte ſeyn will, und bei der Beſchraͤnktheit meiner
Kenntniſſe ſeyn kann, welcher es beweist.
Zu allen Zeiten und unter allen Voͤlkern gab
es Weiſſager, deren Ausſpruͤche haͤufig in Erfuͤllung
giengen. Unſere Theologen behaupten: daß dieſe
nicht auf Antrieb des heiligen Geiſtes, ſondern des
Teufels geredet haben. Jch glaube keines von bei-
den. Ward eine ihrer Weiſſagungen erfuͤllt, ſo
war es ein Zufall. Sollte nicht in einer langen
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/298>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.