"Unsere Rabbinen gesegneten Andenkens haben gesagt: Der Rabbi Jehoscha Ben Levi war ein vollkommen gerechter Mann. Als er nun von der Welt scheiden sollte, sprach der heilige, hochgelobte Gott zu dem Engel des Todes: gehe zu dem Rab- bi Jehoscha Ben Levi, und thue Alles, was er von dir begehrt. Der Engel gieng zu ihm und sprach: deine Zeit ist da von der Welt zu scheiden, ich will dir aber Alles gewähren, was du verlangst. So zeige mir meinen Ort im Paradiese! erwiederte Rabbi Jehoscha. -- Komm mit mir. -- Gieb mir zuvor dein Schwert, damit du mich unterwegs nicht erschreckest. Der Engel gab es ihm und sie giengen mit einander bis zu den Mauern des Gartens. Hier nahm ihn der Engel des Todes und setzte ihn auf die Mauer. Da sprang Rabbi Jehoscha Ben Levi mit dem Schwert geschwind in das Paradies, und vergebens bat ihn der Engel des Todes, der ihn noch am Saum seines Mantels hielt, doch wie- der zurück zu kommen. Rabbi Jehoscha Ben Levi schwur bei dem Namen des hochgelobten, heiligen Gottes, nicht aus dem Paradiese zu gehen. Der Engel des Todes hingegen hatte keine Erlaubniß, ihm zu folgen. Als dies die dienstbaren Engel er- fuhren, sprachen sie zu dem hochgelobten, heiligen Gott: O Herr der Welt, siehe, was der Rabbi Jehoscha Ben Levi gethan hat! Mit Gewalt hat er seinen Antheil im Paradiese eingenommen, und vorenthält dem Todesengel sein Schwert. Er will
»Unſere Rabbinen geſegneten Andenkens haben geſagt: Der Rabbi Jehoſcha Ben Levi war ein vollkommen gerechter Mann. Als er nun von der Welt ſcheiden ſollte, ſprach der heilige, hochgelobte Gott zu dem Engel des Todes: gehe zu dem Rab- bi Jehoſcha Ben Levi, und thue Alles, was er von dir begehrt. Der Engel gieng zu ihm und ſprach: deine Zeit iſt da von der Welt zu ſcheiden, ich will dir aber Alles gewaͤhren, was du verlangſt. So zeige mir meinen Ort im Paradieſe! erwiederte Rabbi Jehoſcha. — Komm mit mir. — Gieb mir zuvor dein Schwert, damit du mich unterwegs nicht erſchreckeſt. Der Engel gab es ihm und ſie giengen mit einander bis zu den Mauern des Gartens. Hier nahm ihn der Engel des Todes und ſetzte ihn auf die Mauer. Da ſprang Rabbi Jehoſcha Ben Levi mit dem Schwert geſchwind in das Paradies, und vergebens bat ihn der Engel des Todes, der ihn noch am Saum ſeines Mantels hielt, doch wie- der zuruͤck zu kommen. Rabbi Jehoſcha Ben Levi ſchwur bei dem Namen des hochgelobten, heiligen Gottes, nicht aus dem Paradieſe zu gehen. Der Engel des Todes hingegen hatte keine Erlaubniß, ihm zu folgen. Als dies die dienſtbaren Engel er- fuhren, ſprachen ſie zu dem hochgelobten, heiligen Gott: O Herr der Welt, ſiehe, was der Rabbi Jehoſcha Ben Levi gethan hat! Mit Gewalt hat er ſeinen Antheil im Paradieſe eingenommen, und vorenthaͤlt dem Todesengel ſein Schwert. Er will
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»Unſere Rabbinen geſegneten Andenkens haben
geſagt: Der Rabbi Jehoſcha Ben Levi war ein
vollkommen gerechter Mann. Als er nun von der
Welt ſcheiden ſollte, ſprach der heilige, hochgelobte
Gott zu dem Engel des Todes: gehe zu dem Rab-
bi Jehoſcha Ben Levi, und thue Alles, was er von
dir begehrt. Der Engel gieng zu ihm und ſprach:
deine Zeit iſt da von der Welt zu ſcheiden, ich will
dir aber Alles gewaͤhren, was du verlangſt. So
zeige mir meinen Ort im Paradieſe! erwiederte
Rabbi Jehoſcha. — Komm mit mir. — Gieb mir
zuvor dein Schwert, damit du mich unterwegs nicht
erſchreckeſt. Der Engel gab es ihm und ſie giengen
mit einander bis zu den Mauern des Gartens.
Hier nahm ihn der Engel des Todes und ſetzte ihn
auf die Mauer. Da ſprang Rabbi Jehoſcha Ben
Levi mit dem Schwert geſchwind in das Paradies,
und vergebens bat ihn der Engel des Todes, der
ihn noch am Saum ſeines Mantels hielt, doch wie-
der zuruͤck zu kommen. Rabbi Jehoſcha Ben Levi
ſchwur bei dem Namen des hochgelobten, heiligen
Gottes, nicht aus dem Paradieſe zu gehen. Der
Engel des Todes hingegen hatte keine Erlaubniß,
ihm zu folgen. Als dies die dienſtbaren Engel er-
fuhren, ſprachen ſie zu dem hochgelobten, heiligen
Gott: O Herr der Welt, ſiehe, was der Rabbi
Jehoſcha Ben Levi gethan hat! Mit Gewalt hat
er ſeinen Antheil im Paradieſe eingenommen, und
vorenthaͤlt dem Todesengel ſein Schwert. Er will
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 258. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/292>, abgerufen am 23.11.2024.
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