Mühe warf sie endlich voll Zorn Stahl und Stein auf die Erde und sprach: Ei, so sey du des Sa- tans. Wegen dieser Worte gaben mir die Engel des Verderbens die Erlaubniß, in sie zu fahren. Also blos wegen jener Sünde verstatteten sie dir das? fragte der Rabbi. Nicht deshalb allein, son- dern auch darum, weil das Herz der Frau nicht mit ihren Aeußerungen übereinstimmt. Sie glaubt nichts, weder von dem Ausgange der Kinder Jsrael aus Aegypten, noch von der Osternacht, wo alle Jsraeliten sich freuen, das Hallel sprechen, und den Auszug aus Aegyptenland erzählen. Dies Alles hält sie für eitle Mährchen und Thorheiten, und lacht in ihrem Herzen darüber. Da sprach der Rabbi zu der Wittwe: Du N. N. glaubst du mit einem vollkommenen Glauben, daß der heilige und hochgelobte Gott Himmel und Erde geschaffen ha- be; daß es in seiner Macht stehe, zu thun, was er will, und daß Niemand ihn fragen dürfe, war- um thust du das? Sie antwortete: Das Alles glaube ich! Der Rabbi fragte weiter: Glaubst du auch mit einem vollkommenen Glauben, daß der heilige, hochgelobte Gott unsere Väter aus Aegyp- ten geführt, und das Meer vor ihnen gespalten habe? ""Ja."" Glaubst du dies Alles mit einem vollkommenen Glauben, und bekehrest du dich und trägst Reue und Leid über deine vorigen Sünden? Sie sprach: Ja, und weinte bitterlich. Hierauf befahl der Rabbi Chajim, auf welchem der Friede
I. Bändchen. 22
Muͤhe warf ſie endlich voll Zorn Stahl und Stein auf die Erde und ſprach: Ei, ſo ſey du des Sa- tans. Wegen dieſer Worte gaben mir die Engel des Verderbens die Erlaubniß, in ſie zu fahren. Alſo blos wegen jener Suͤnde verſtatteten ſie dir das? fragte der Rabbi. Nicht deshalb allein, ſon- dern auch darum, weil das Herz der Frau nicht mit ihren Aeußerungen uͤbereinſtimmt. Sie glaubt nichts, weder von dem Ausgange der Kinder Jſrael aus Aegypten, noch von der Oſternacht, wo alle Jſraeliten ſich freuen, das Hallel ſprechen, und den Auszug aus Aegyptenland erzaͤhlen. Dies Alles haͤlt ſie fuͤr eitle Maͤhrchen und Thorheiten, und lacht in ihrem Herzen daruͤber. Da ſprach der Rabbi zu der Wittwe: Du N. N. glaubſt du mit einem vollkommenen Glauben, daß der heilige und hochgelobte Gott Himmel und Erde geſchaffen ha- be; daß es in ſeiner Macht ſtehe, zu thun, was er will, und daß Niemand ihn fragen duͤrfe, war- um thuſt du das? Sie antwortete: Das Alles glaube ich! Der Rabbi fragte weiter: Glaubſt du auch mit einem vollkommenen Glauben, daß der heilige, hochgelobte Gott unſere Vaͤter aus Aegyp- ten gefuͤhrt, und das Meer vor ihnen geſpalten habe? »»Ja.«« Glaubſt du dies Alles mit einem vollkommenen Glauben, und bekehreſt du dich und traͤgſt Reue und Leid uͤber deine vorigen Suͤnden? Sie ſprach: Ja, und weinte bitterlich. Hierauf befahl der Rabbi Chajim, auf welchem der Friede
I. Baͤndchen. 22
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Muͤhe warf ſie endlich voll Zorn Stahl und Stein
auf die Erde und ſprach: Ei, ſo ſey du des Sa-
tans. Wegen dieſer Worte gaben mir die Engel
des Verderbens die Erlaubniß, in ſie zu fahren.
Alſo blos wegen jener Suͤnde verſtatteten ſie dir
das? fragte der Rabbi. Nicht deshalb allein, ſon-
dern auch darum, weil das Herz der Frau nicht
mit ihren Aeußerungen uͤbereinſtimmt. Sie glaubt
nichts, weder von dem Ausgange der Kinder Jſrael
aus Aegypten, noch von der Oſternacht, wo alle
Jſraeliten ſich freuen, das Hallel ſprechen, und den
Auszug aus Aegyptenland erzaͤhlen. Dies Alles
haͤlt ſie fuͤr eitle Maͤhrchen und Thorheiten, und
lacht in ihrem Herzen daruͤber. Da ſprach der
Rabbi zu der Wittwe: Du N. N. glaubſt du mit
einem vollkommenen Glauben, daß der heilige und
hochgelobte Gott Himmel und Erde geſchaffen ha-
be; daß es in ſeiner Macht ſtehe, zu thun, was
er will, und daß Niemand ihn fragen duͤrfe, war-
um thuſt du das? Sie antwortete: Das Alles
glaube ich! Der Rabbi fragte weiter: Glaubſt du
auch mit einem vollkommenen Glauben, daß der
heilige, hochgelobte Gott unſere Vaͤter aus Aegyp-
ten gefuͤhrt, und das Meer vor ihnen geſpalten
habe? »»Ja.«« Glaubſt du dies Alles mit einem
vollkommenen Glauben, und bekehreſt du dich und
traͤgſt Reue und Leid uͤber deine vorigen Suͤnden?
Sie ſprach: Ja, und weinte bitterlich. Hierauf
befahl der Rabbi Chajim, auf welchem der Friede
I. Baͤndchen. 22
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/259>, abgerufen am 24.11.2024.
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