den, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommen sollte, und gaben ihre Briefe und Bullen für die Früchte göttlicher unmittelbarer Eingebung aus. Christus Lehre ward aus dem Herzen ver- bannt, aber sein Bildniß pflanzte man dafür in allen Kirchen und Häusern und an allen Wegen und Fußsteigen auf. Man stellte auch ein zahlloses Heer von Halbgöttern und Halbgöttinnen -- größ- tentheils ehrliche Huren und Spitzbuben oder faule Müßiggänger und schmutzige Bettler --, denen man die Verehrung und Anbetung weihte, die man, gegen die Lehre des Heilandes, dem hocherhabenen und einigen Gott entzog. Arsenäle von Heiligen- und Eselsknochen, von wunderthätigen Lumpen, Haaren, Blutstropfen, Holzspähnen, -- und der Teufel weiß, wovon mehr -- wurden angelegt, um den letzten Rest von Vernunft zu bekriegen, und Ablaßbuden errichtete man, um auch den Schatten von Tugend und Sittlichkeit aus der Welt zu ver- bannen. Freilich ist ein großer Theil der Christen- heit mit dem Glauben jetzt in den abnehmenden Mond gerathen; ob man aber dadurch wieder zur ursprünglichen Christuslehre zurück gekommen sey, ist eine andere Frage. Den Juden allein muß man es zugestehen, daß sie im Ganzen genom- men ihren ursprünglichen Religionsbegriffen treu blieben, so viele Satzungen sie auch aufnahmen, die den letztern widersprachen.
Der Judengott ist noch immer der alte, der er
den, wer in den Himmel und wer in die Hoͤlle kommen ſollte, und gaben ihre Briefe und Bullen fuͤr die Fruͤchte goͤttlicher unmittelbarer Eingebung aus. Chriſtus Lehre ward aus dem Herzen ver- bannt, aber ſein Bildniß pflanzte man dafuͤr in allen Kirchen und Haͤuſern und an allen Wegen und Fußſteigen auf. Man ſtellte auch ein zahlloſes Heer von Halbgoͤttern und Halbgoͤttinnen — groͤß- tentheils ehrliche Huren und Spitzbuben oder faule Muͤßiggaͤnger und ſchmutzige Bettler —, denen man die Verehrung und Anbetung weihte, die man, gegen die Lehre des Heilandes, dem hocherhabenen und einigen Gott entzog. Arſenaͤle von Heiligen- und Eſelsknochen, von wunderthaͤtigen Lumpen, Haaren, Blutstropfen, Holzſpaͤhnen, — und der Teufel weiß, wovon mehr — wurden angelegt, um den letzten Reſt von Vernunft zu bekriegen, und Ablaßbuden errichtete man, um auch den Schatten von Tugend und Sittlichkeit aus der Welt zu ver- bannen. Freilich iſt ein großer Theil der Chriſten- heit mit dem Glauben jetzt in den abnehmenden Mond gerathen; ob man aber dadurch wieder zur urſpruͤnglichen Chriſtuslehre zuruͤck gekommen ſey, iſt eine andere Frage. Den Juden allein muß man es zugeſtehen, daß ſie im Ganzen genom- men ihren urſpruͤnglichen Religionsbegriffen treu blieben, ſo viele Satzungen ſie auch aufnahmen, die den letztern widerſprachen.
Der Judengott iſt noch immer der alte, der er
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den, wer in den Himmel und wer in die Hoͤlle
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fuͤr die Fruͤchte goͤttlicher unmittelbarer Eingebung
aus. Chriſtus Lehre ward aus dem Herzen ver-
bannt, aber ſein Bildniß pflanzte man dafuͤr in
allen Kirchen und Haͤuſern und an allen Wegen
und Fußſteigen auf. Man ſtellte auch ein zahlloſes
Heer von Halbgoͤttern und Halbgoͤttinnen — groͤß-
tentheils ehrliche Huren und Spitzbuben oder faule
Muͤßiggaͤnger und ſchmutzige Bettler —, denen
man die Verehrung und Anbetung weihte, die man,
gegen die Lehre des Heilandes, dem hocherhabenen
und einigen Gott entzog. Arſenaͤle von Heiligen-
und Eſelsknochen, von wunderthaͤtigen Lumpen,
Haaren, Blutstropfen, Holzſpaͤhnen, — und der
Teufel weiß, wovon mehr — wurden angelegt,
um den letzten Reſt von Vernunft zu bekriegen, und
Ablaßbuden errichtete man, um auch den Schatten
von Tugend und Sittlichkeit aus der Welt zu ver-
bannen. Freilich iſt ein großer Theil der Chriſten-
heit mit dem Glauben jetzt in den abnehmenden
Mond gerathen; ob man aber dadurch wieder zur
urſpruͤnglichen Chriſtuslehre zuruͤck gekommen ſey,
iſt eine andere Frage. Den Juden allein muß
man es zugeſtehen, daß ſie im Ganzen genom-
men ihren urſpruͤnglichen Religionsbegriffen treu
blieben, ſo viele Satzungen ſie auch aufnahmen, die
den letztern widerſprachen.
Der Judengott iſt noch immer der alte, der er
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Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 106. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/140>, abgerufen am 24.11.2024.
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