Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822.

Bild:
<< vorherige Seite

von Vielen (Nichtjuden) für untergeschoben, und
für Früchte späterer Zeiten gehalten. Nach der
Zerstörung Jerusalems traten Rabbi Akibha (der
vorhin erwähnt worden), R. Jsmael Ben Elischa
und andere auf, und brachten die Kabbala noch
zu einem höhern Grade von Vollkommenheit. Der
Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war
der erste, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts
unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbalistische
Erklärung der fünf Bücher Mosis schrieb. Die
Aechtheit dieses, gleichfalls noch vorhandenen, Büchs
wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr-
hundert keiner der übrigen Kabbalisten desselben er-
wähnt. Salomon Ben Jsaac Jarchi (geb. zu Troyes
1104, gestorben ebendas. 1180) verfaßte Erklärun-
gen über die fünf Bücher Moses, über mehrere
Propheten und über die Gemara, und erwarb sich
dadurch einen so großen Beifall bei den Juden, daß
sie ihm den Namen eines Fürsten der Auslegungs-
kunst beilegten. Seine Schriften, so wie viele an-
dere Werke der Kabbalisten späterer Zeit sind frei-
lich nicht in den Talmud aufgenommen, sie behaup-
ten aber in den Augen der Hebräer ein fast eben
so großes Ansehen, wie dieser. Erst im fünfzehn-
ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Für-
sten Johann Pico von Mirandola den Christen nä-
her bekannt, denn vorher wußte man so wenig da-
von, daß ein Schriftsteller, der als Gegner dieses
gelehrten Fürsten auftrat, auf die Frage, was die

von Vielen (Nichtjuden) fuͤr untergeſchoben, und
fuͤr Fruͤchte ſpaͤterer Zeiten gehalten. Nach der
Zerſtoͤrung Jeruſalems traten Rabbi Akibha (der
vorhin erwaͤhnt worden), R. Jsmael Ben Eliſcha
und andere auf, und brachten die Kabbala noch
zu einem hoͤhern Grade von Vollkommenheit. Der
Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war
der erſte, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts
unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbaliſtiſche
Erklaͤrung der fuͤnf Buͤcher Moſis ſchrieb. Die
Aechtheit dieſes, gleichfalls noch vorhandenen, Buͤchs
wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr-
hundert keiner der uͤbrigen Kabbaliſten deſſelben er-
waͤhnt. Salomon Ben Jſaac Jarchi (geb. zu Troyes
1104, geſtorben ebendaſ. 1180) verfaßte Erklaͤrun-
gen uͤber die fuͤnf Buͤcher Moſes, uͤber mehrere
Propheten und uͤber die Gemara, und erwarb ſich
dadurch einen ſo großen Beifall bei den Juden, daß
ſie ihm den Namen eines Fuͤrſten der Auslegungs-
kunſt beilegten. Seine Schriften, ſo wie viele an-
dere Werke der Kabbaliſten ſpaͤterer Zeit ſind frei-
lich nicht in den Talmud aufgenommen, ſie behaup-
ten aber in den Augen der Hebraͤer ein faſt eben
ſo großes Anſehen, wie dieſer. Erſt im fuͤnfzehn-
ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Fuͤr-
ſten Johann Pico von Mirandola den Chriſten naͤ-
her bekannt, denn vorher wußte man ſo wenig da-
von, daß ein Schriftſteller, der als Gegner dieſes
gelehrten Fuͤrſten auftrat, auf die Frage, was die

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0121" n="87"/>
von Vielen (Nichtjuden) fu&#x0364;r unterge&#x017F;choben, und<lb/>
fu&#x0364;r Fru&#x0364;chte &#x017F;pa&#x0364;terer Zeiten gehalten. Nach der<lb/>
Zer&#x017F;to&#x0364;rung Jeru&#x017F;alems traten Rabbi Akibha (der<lb/>
vorhin erwa&#x0364;hnt worden), R. Jsmael Ben Eli&#x017F;cha<lb/>
und andere auf, und brachten die Kabbala noch<lb/>
zu einem ho&#x0364;hern Grade von Vollkommenheit. Der<lb/>
Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war<lb/>
der er&#x017F;te, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts<lb/>
unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbali&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Erkla&#x0364;rung der fu&#x0364;nf Bu&#x0364;cher Mo&#x017F;is &#x017F;chrieb. Die<lb/>
Aechtheit die&#x017F;es, gleichfalls noch vorhandenen, Bu&#x0364;chs<lb/>
wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr-<lb/>
hundert keiner der u&#x0364;brigen Kabbali&#x017F;ten de&#x017F;&#x017F;elben er-<lb/>
wa&#x0364;hnt. Salomon Ben J&#x017F;aac Jarchi (geb. zu Troyes<lb/>
1104, ge&#x017F;torben ebenda&#x017F;. 1180) verfaßte Erkla&#x0364;run-<lb/>
gen u&#x0364;ber die fu&#x0364;nf Bu&#x0364;cher Mo&#x017F;es, u&#x0364;ber mehrere<lb/>
Propheten und u&#x0364;ber die Gemara, und erwarb &#x017F;ich<lb/>
dadurch einen &#x017F;o großen Beifall bei den Juden, daß<lb/>
&#x017F;ie ihm den Namen eines Fu&#x0364;r&#x017F;ten der Auslegungs-<lb/>
kun&#x017F;t beilegten. Seine Schriften, &#x017F;o wie viele an-<lb/>
dere Werke der Kabbali&#x017F;ten &#x017F;pa&#x0364;terer Zeit &#x017F;ind frei-<lb/>
lich nicht in den Talmud aufgenommen, &#x017F;ie behaup-<lb/>
ten aber in den Augen der Hebra&#x0364;er ein fa&#x017F;t eben<lb/>
&#x017F;o großes An&#x017F;ehen, wie die&#x017F;er. Er&#x017F;t im fu&#x0364;nfzehn-<lb/>
ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Fu&#x0364;r-<lb/>
&#x017F;ten Johann Pico von Mirandola den Chri&#x017F;ten na&#x0364;-<lb/>
her bekannt, denn vorher wußte man &#x017F;o wenig da-<lb/>
von, daß ein Schrift&#x017F;teller, der als Gegner die&#x017F;es<lb/>
gelehrten Fu&#x0364;r&#x017F;ten auftrat, auf die Frage, was die<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[87/0121] von Vielen (Nichtjuden) fuͤr untergeſchoben, und fuͤr Fruͤchte ſpaͤterer Zeiten gehalten. Nach der Zerſtoͤrung Jeruſalems traten Rabbi Akibha (der vorhin erwaͤhnt worden), R. Jsmael Ben Eliſcha und andere auf, und brachten die Kabbala noch zu einem hoͤhern Grade von Vollkommenheit. Der Rabbi Schimeon Jochaides oder Ben Jochai war der erſte, der zu Anfange des dritten Jahrhunderts unter dem Titel Sohar (Glanz) eine kabbaliſtiſche Erklaͤrung der fuͤnf Buͤcher Moſis ſchrieb. Die Aechtheit dieſes, gleichfalls noch vorhandenen, Buͤchs wird aber bezweifelt, da bis zum dreizehnten Jahr- hundert keiner der uͤbrigen Kabbaliſten deſſelben er- waͤhnt. Salomon Ben Jſaac Jarchi (geb. zu Troyes 1104, geſtorben ebendaſ. 1180) verfaßte Erklaͤrun- gen uͤber die fuͤnf Buͤcher Moſes, uͤber mehrere Propheten und uͤber die Gemara, und erwarb ſich dadurch einen ſo großen Beifall bei den Juden, daß ſie ihm den Namen eines Fuͤrſten der Auslegungs- kunſt beilegten. Seine Schriften, ſo wie viele an- dere Werke der Kabbaliſten ſpaͤterer Zeit ſind frei- lich nicht in den Talmud aufgenommen, ſie behaup- ten aber in den Augen der Hebraͤer ein faſt eben ſo großes Anſehen, wie dieſer. Erſt im fuͤnfzehn- ten Jahrhundert ward die Kabbala durch den Fuͤr- ſten Johann Pico von Mirandola den Chriſten naͤ- her bekannt, denn vorher wußte man ſo wenig da- von, daß ein Schriftſteller, der als Gegner dieſes gelehrten Fuͤrſten auftrat, auf die Frage, was die

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/121
Zitationshilfe: Hundt-Radowsky, Hartwig: Die Judenschule, oder gründliche Anleitung, in kurzer Zeit ein vollkommener schwarzer oder weißer Jude zu werden. Bd. 1. Jerusalem [i. e. Aarau], 1822, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hundtradowsky_judenschule01_1822/121>, abgerufen am 24.11.2024.