Humboldt, Alexander von: Aus einem Schreiben Alexanders von Humboldt an seinen Bruder Wilhelm aus Fuero Orotova [d. i. Fuerto Orotava] am Fuß des Pic's von Teneriffa. Am 20ten Jun. 1799; Derselbe aus Cumana in Südamerica den 16ten Jul. 1799. In: Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, Bd. 4 (1800), S. 437-444.tern und handgrossen wohlriechenden Blüthen, von denen N. S.
tern und handgroſſen wohlriechenden Blüthen, von denen N. S.
<TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0007" n="443"/> tern und <choice><sic>haudgroſſen</sic><corr>handgroſſen</corr></choice> wohlriechenden Blüthen, von denen<lb/> wir nichts kennen! Denk nur, daß dieß Land ſo unbekannt<lb/> iſt, daß ein neues Genus, welches <hi rendition="#i">Mutis</hi> (im 4. Vol. Cavanil-<lb/> les <choice><sic>Jcon</sic><corr>Icon</corr></choice>.) erſt vor 2 Jahren publicirte, ein 60 Fuß hoher,<lb/> weitſchattiger Baum iſt. Wir waren ſo glüklich, dieſe<lb/> prachtvolle Pflanze (ſie hatte zolllange Staubfäden) geſtern<lb/><choice><sic>ſchön</sic><corr>ſchon</corr></choice> zu finden. Welche Schaar kleiner Pflanzen iſt alſo<lb/> der Beobachtung noch entgangen? Und die Vögel, die Fi-<lb/> ſche, ſelbſt die Krebſe (himmelblau, gelb)! welche Farbe!<lb/> Wie die Narren laufen wir <choice><sic>znweilen</sic><corr>zuweilen</corr></choice> umher, und in den<lb/> erſten 3 Tagen können wir nichts beſtimmen, da man im-<lb/> mer einen Gegenſtand wegwirft, um einen andern zu er-<lb/> greifen. <hi rendition="#i">Bonplant</hi> verſichert, daß er noch raſend werde,<lb/> wenn die Wunder nicht bald aufhörten. Aber ſchöner<lb/> noch als dieſe Wunder im einzelnen iſt der Eindruk, den<lb/> das Ganze dieſer kraftvollen üppigen und dabei ſo ſichtbar<lb/> erheiternden milden Pflanzennatur macht. <choice><sic>Ieh</sic><corr>Ich</corr></choice> fühle es,<lb/> daß ich hier ſehr <choice><sic>glüklick</sic><corr>glüklich</corr></choice> ſeyn werde<choice><sic>.</sic><corr>,</corr></choice> und daß dieſe Ein-<lb/> drüke mich auch künftig noch oft erheitern werden. Wie<lb/> lange ich hier hleiben werde, weiß ich nicht; ich glaube<lb/> hier und in <hi rendition="#i">Caraccas</hi> an 3 Monate; vielleicht aber auch viel<lb/> länger. Man muß genießen, was man nahe hat; vielleicht<lb/> mache ich, wenn der Winter künftigen Monat hier aufhört<lb/> (die wärmſte und mäßigſte Zeit), eine Reiſe an die Mün-<lb/> dung des <hi rendition="#i">Oronoco</hi>, wohin von hier ein ſicherer Weg geht.<lb/> Wir ſind dieſe <hi rendition="#i">Bocca</hi> vorbeigeſegelt; ein fürchterliches Waſ-<lb/> ſerſpiel!</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">N. S.</fw><lb/> </body> </text> </TEI> [443/0007]
tern und handgroſſen wohlriechenden Blüthen, von denen
wir nichts kennen! Denk nur, daß dieß Land ſo unbekannt
iſt, daß ein neues Genus, welches Mutis (im 4. Vol. Cavanil-
les Icon.) erſt vor 2 Jahren publicirte, ein 60 Fuß hoher,
weitſchattiger Baum iſt. Wir waren ſo glüklich, dieſe
prachtvolle Pflanze (ſie hatte zolllange Staubfäden) geſtern
ſchon zu finden. Welche Schaar kleiner Pflanzen iſt alſo
der Beobachtung noch entgangen? Und die Vögel, die Fi-
ſche, ſelbſt die Krebſe (himmelblau, gelb)! welche Farbe!
Wie die Narren laufen wir zuweilen umher, und in den
erſten 3 Tagen können wir nichts beſtimmen, da man im-
mer einen Gegenſtand wegwirft, um einen andern zu er-
greifen. Bonplant verſichert, daß er noch raſend werde,
wenn die Wunder nicht bald aufhörten. Aber ſchöner
noch als dieſe Wunder im einzelnen iſt der Eindruk, den
das Ganze dieſer kraftvollen üppigen und dabei ſo ſichtbar
erheiternden milden Pflanzennatur macht. Ich fühle es,
daß ich hier ſehr glüklich ſeyn werde, und daß dieſe Ein-
drüke mich auch künftig noch oft erheitern werden. Wie
lange ich hier hleiben werde, weiß ich nicht; ich glaube
hier und in Caraccas an 3 Monate; vielleicht aber auch viel
länger. Man muß genießen, was man nahe hat; vielleicht
mache ich, wenn der Winter künftigen Monat hier aufhört
(die wärmſte und mäßigſte Zeit), eine Reiſe an die Mün-
dung des Oronoco, wohin von hier ein ſicherer Weg geht.
Wir ſind dieſe Bocca vorbeigeſegelt; ein fürchterliches Waſ-
ſerſpiel!
N. S.
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Aus einem Schreiben Alexanders von Humboldt an seinen Bruder Wilhelm aus Fuero Orotova [d. i. Fuerto Orotava] am Fuß des Pic's von Teneriffa. Am 20ten Jun. 1799; Derselbe aus Cumana in Südamerica den 16ten Jul. 1799. In: Jahrbücher der Berg- und Hüttenkunde, Bd. 4 (1800), S. 437-444, hier S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_wilhelm_1800/7>, abgerufen am 17.07.2024. |