Humboldt, Alexander von: Ueber den Syenit oder Pyrocilus der Alten. In: Neue Entdeckungen und Beobachtungen aus der Physik, Naturgeschichte und Oekonomie. Bd. 1 (1791), S. 134-138.wir noch in den Schieferbergen und Kalkflözen Schrif- genische Untersuchungen fruchtbar gemacht hat.
(s. Blumenbachs Beiträge zur Naturgeschich- te Th. I. S. 7.) Muß man auch darum die Hof- nung aufgeben, diese Originale künftig noch zu entdecken? Unsere Kenntniß des Meeresbodens, deucht mich, ist zu gering, die Mittel, ihn zu untersuchen, sind zu mangelhaft, um diese Fra- ge mit Herrn Blumenbach bejahen zu kön- nen. Wie viele Produkte werden nicht jährlich auf dem festen Lande, in dem bewohntesten Theile von Europa selbst entdekt, die man Jahr- hunderte lang übersehen hatte! Wenige Bei- spiele von der Art sind so auffallend, als die plözliche Erscheinung der Linnea borealis in Deutschland, die mein gelehrter und vortrefli- cher Freund Willdenow zuerst fand. Dieser merkwürdige Strauch bedekt den Boden am Eh- renpfortenberge (nahe am Schlosse Tegel) in einer Strecke, die 20 -- 30 Schritte lang ist. Gleditsch botanisirte fast jährlich an derselben Stelle, und vermuthete nie, daß eine Pflanze des nördlichen Schwedens 1 1/2 Meilen weit von Berlin wachse. wir noch in den Schieferbergen und Kalkflözen Schrif- geniſche Unterſuchungen fruchtbar gemacht hat.
(ſ. Blumenbachs Beiträge zur Naturgeſchich- te Th. I. S. 7.) Muß man auch darum die Hof- nung aufgeben, dieſe Originale künftig noch zu entdecken? Unſere Kenntniß des Meeresbodens, deucht mich, iſt zu gering, die Mittel, ihn zu unterſuchen, ſind zu mangelhaft, um dieſe Fra- ge mit Herrn Blumenbach bejahen zu kön- nen. Wie viele Produkte werden nicht jährlich auf dem feſten Lande, in dem bewohnteſten Theile von Europa ſelbſt entdekt, die man Jahr- hunderte lang überſehen hatte! Wenige Bei- ſpiele von der Art ſind ſo auffallend, als die plözliche Erſcheinung der Linnea borealis in Deutſchland, die mein gelehrter und vortrefli- cher Freund Willdenow zuerſt fand. Dieſer merkwürdige Strauch bedekt den Boden am Eh- renpfortenberge (nahe am Schloſſe Tegel) in einer Strecke, die 20 — 30 Schritte lang iſt. Gleditſch botaniſirte faſt jährlich an derſelben Stelle, und vermuthete nie, daß eine Pflanze des nördlichen Schwedens 1 ½ Meilen weit von Berlin wachſe. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0004" n="136"/> wir noch in den Schieferbergen und Kalkflözen<lb/> erkennen, hat uns die Geſchichte nirgends er-<lb/> halten. Aber auch da, wo Erderſchütterungen,<lb/> Kohlenbrände und Lavagüſſe keine Zerſtörungen<lb/> angerichtet, haben die ununterbrochenen und dar-<lb/> um ſo unmerklichen Würkungen der Verwitte-<lb/> rung doch ganze Gebirgsmaſſen verändert und<lb/> durch allmählige Auflöſung der primitiven Theile<lb/> der Natur reichen Stoff zu neuen Miſchungen<lb/> bereitet. Mit jedem Jahrhunderte gewinnt die<lb/> Oberfläche unſerer Erde eine andere Anſicht,<lb/> und je wichtiger uns die Geognoſie iſt, deſto<lb/> weniger dürfen wir die älteſten mineralogiſchen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Schrif-</fw><lb/><note xml:id="fn1.1" prev="#fn1" place="foot" n="*)">geniſche Unterſuchungen fruchtbar gemacht hat.<lb/> (ſ. <hi rendition="#g">Blumenbachs</hi> Beiträge zur Naturgeſchich-<lb/> te Th. <hi rendition="#aq">I.</hi> S. 7.) Muß man auch darum die Hof-<lb/> nung aufgeben, dieſe Originale künftig noch zu<lb/> entdecken? Unſere Kenntniß des Meeresbodens,<lb/> deucht mich, iſt zu gering, die Mittel, ihn zu<lb/> unterſuchen, ſind zu mangelhaft, um dieſe Fra-<lb/> ge mit Herrn <hi rendition="#g">Blumenbach</hi> bejahen zu kön-<lb/> nen. Wie viele Produkte werden nicht jährlich<lb/> auf dem feſten Lande, in dem bewohnteſten<lb/> Theile von Europa ſelbſt entdekt, die man Jahr-<lb/> hunderte lang überſehen hatte! Wenige Bei-<lb/> ſpiele von der Art ſind ſo auffallend, als die<lb/> plözliche Erſcheinung der <hi rendition="#aq">Linnea borealis</hi> in<lb/> Deutſchland, die mein gelehrter und vortrefli-<lb/> cher Freund <hi rendition="#g">Willdenow</hi> zuerſt fand. Dieſer<lb/> merkwürdige Strauch bedekt den Boden am Eh-<lb/> renpfortenberge (nahe am Schloſſe Tegel) in<lb/> einer Strecke, die 20 — 30 Schritte lang iſt.<lb/><hi rendition="#g">Gleditſch</hi> botaniſirte faſt jährlich an derſelben<lb/> Stelle, und vermuthete nie, daß eine Pflanze<lb/> des nördlichen Schwedens 1 ½ Meilen weit<lb/> von Berlin wachſe.</note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [136/0004]
wir noch in den Schieferbergen und Kalkflözen
erkennen, hat uns die Geſchichte nirgends er-
halten. Aber auch da, wo Erderſchütterungen,
Kohlenbrände und Lavagüſſe keine Zerſtörungen
angerichtet, haben die ununterbrochenen und dar-
um ſo unmerklichen Würkungen der Verwitte-
rung doch ganze Gebirgsmaſſen verändert und
durch allmählige Auflöſung der primitiven Theile
der Natur reichen Stoff zu neuen Miſchungen
bereitet. Mit jedem Jahrhunderte gewinnt die
Oberfläche unſerer Erde eine andere Anſicht,
und je wichtiger uns die Geognoſie iſt, deſto
weniger dürfen wir die älteſten mineralogiſchen
Schrif-
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*) geniſche Unterſuchungen fruchtbar gemacht hat.
(ſ. Blumenbachs Beiträge zur Naturgeſchich-
te Th. I. S. 7.) Muß man auch darum die Hof-
nung aufgeben, dieſe Originale künftig noch zu
entdecken? Unſere Kenntniß des Meeresbodens,
deucht mich, iſt zu gering, die Mittel, ihn zu
unterſuchen, ſind zu mangelhaft, um dieſe Fra-
ge mit Herrn Blumenbach bejahen zu kön-
nen. Wie viele Produkte werden nicht jährlich
auf dem feſten Lande, in dem bewohnteſten
Theile von Europa ſelbſt entdekt, die man Jahr-
hunderte lang überſehen hatte! Wenige Bei-
ſpiele von der Art ſind ſo auffallend, als die
plözliche Erſcheinung der Linnea borealis in
Deutſchland, die mein gelehrter und vortrefli-
cher Freund Willdenow zuerſt fand. Dieſer
merkwürdige Strauch bedekt den Boden am Eh-
renpfortenberge (nahe am Schloſſe Tegel) in
einer Strecke, die 20 — 30 Schritte lang iſt.
Gleditſch botaniſirte faſt jährlich an derſelben
Stelle, und vermuthete nie, daß eine Pflanze
des nördlichen Schwedens 1 ½ Meilen weit
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