Humboldt, Alexander von: Ueber einige wichtige Punkte der Geographie Guyanas. In: Annalen der Erd-, Völker- und Staatenkunde, 5 (1837/1838), S. 35-62.Über die Geographie von Guyana. Lieues Breite von Norden nach Süden, längs des Caroni undRio Branco, durchstreift worden. Es ist dies der gefahrvolle Weg, den im Jahre 1739 der Chirurgus Nikolas Hortsmann aus Hil- desheim, im Jahre 1775 der Spanier Don Antonio Santos mit seinem Freünde Nikolas Rodriguez, im Jahre 1793 der Oberst-Lieu- tenant des ersten Linien-Regiments von Para, Don Francisco Jose Rodriguez Barata und nach den handschriftlichen Noten,*) die ich dem ehmaligen Portugiesischen Gesandten in Paris, Eheva- lier de Brito, verdanke, mehrere Englische und Holländische Koloni- sten, die im Jahre 1811 über den Trageplatz des Rupunuri und auf dem Rio Branco von Surinam nach Para kamen, eingeschla- gen haben. Dieser Weg theilt die Terra incognita der Parime in zwei ungleiche Theile und bezeichnet zugleich, was für die Geogra- phie dieser Gegenden sehr wichtig ist, gewisse Gränzen für die Quel- len des Orenoko, die jetzt nicht mehr unbestimmt gegen Osten ver- schoben werden können, ohne das Bett des Rio Branco, der von Norden nach Süden fließt, das von Osten gegen Westen gerichtete Bett des Orenoko durchschneiden zu lassen. Wegen der Lage von Santa Rosa am Uraricapara, dessen Lauf mir hinreichend durch die Portugiesischen Jngenieurs bestimmt zu sein scheint, können die Quel- len des Orenoko nicht östlich vom Meridian von 651/2° liegen. Dies ist die östliche Gränze, über die hinaus sie unmöglich verlegt wer- den können; aber indem ich mich auf den Zustand des Flusses in dem Raudal der Guaharibos (oberhalb des Canno Chiguire, in dem Lande der Guaycas-Jndianer mit eigenthümlich schwärzlicher Haut, 52' östlich von dem großen Cerro Duida) stütze, ist es mir wahr- scheinlich, daß der Orenoko sich in seinem oberen Laufe höchstens bis zum Meridian von 66°1/2 erstreckt. Dieser Punkt liegt, nach meinen Combinationen, 4° 12' westlicher als der kleine Amucu-See, den Herr Schomburgk neüerdings erreicht hat. Wenn man den Rio Branco nach seiner ganzen Länge, von den beiden Armen, die ihn bilden, dem Uraricuera und Tacutu,**) an, verfolgt, wenn *) Die Brasilianer haben, seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, aus politischen Rücksichten ein lebhaftes Jnteresse für die östwärts vom Rio Branco sich erstreckenden Ebenen gezeigt. Siehe eine auf Ver- langen des Portugiesischen Hofes, im Jahre 1817 von mir ver- faßte Abhandlung "über die Gränzen des Französischen Guyana's." (Schoell, Archives politiques ou Pieces inedites. T. I. pag. 48-58.) **) Jhre Vereinigung geschieht bei San Joacquim do Rio Branco; aber die Zuflüsse des Tacutu, die den Mahu und Xurumu, so wie Annalen etc., 3te Reihe, V. Bd. 4
Über die Geographie von Guyana. Lieues Breite von Norden nach Suͤden, laͤngs des Caroni undRio Branco, durchſtreift worden. Es iſt dies der gefahrvolle Weg, den im Jahre 1739 der Chirurgus Nikolas Hortsmann aus Hil- desheim, im Jahre 1775 der Spanier Don Antonio Santos mit ſeinem Freuͤnde Nikolas Rodriguez, im Jahre 1793 der Oberſt-Lieu- tenant des erſten Linien-Regiments von Para, Don Francisco Joſe Rodriguez Barata und nach den handſchriftlichen Noten,*) die ich dem ehmaligen Portugieſiſchen Geſandten in Paris, Eheva- lier de Brito, verdanke, mehrere Engliſche und Hollaͤndiſche Koloni- ſten, die im Jahre 1811 uͤber den Trageplatz des Rupunuri und auf dem Rio Branco von Surinam nach Para kamen, eingeſchla- gen haben. Dieſer Weg theilt die Terra incognita der Parime in zwei ungleiche Theile und bezeichnet zugleich, was fuͤr die Geogra- phie dieſer Gegenden ſehr wichtig iſt, gewiſſe Graͤnzen fuͤr die Quel- len des Orenoko, die jetzt nicht mehr unbeſtimmt gegen Oſten ver- ſchoben werden koͤnnen, ohne das Bett des Rio Branco, der von Norden nach Suͤden fließt, das von Oſten gegen Weſten gerichtete Bett des Orenoko durchſchneiden zu laſſen. Wegen der Lage von Santa Roſa am Uraricapara, deſſen Lauf mir hinreichend durch die Portugieſiſchen Jngenieurs beſtimmt zu ſein ſcheint, koͤnnen die Quel- len des Orenoko nicht oͤſtlich vom Meridian von 65½° liegen. Dies iſt die oͤſtliche Graͤnze, uͤber die hinaus ſie unmoͤglich verlegt wer- den koͤnnen; aber indem ich mich auf den Zuſtand des Fluſſes in dem Raudal der Guaharibos (oberhalb des Caño Chiguire, in dem Lande der Guaycas-Jndianer mit eigenthuͤmlich ſchwaͤrzlicher Haut, 52′ oͤſtlich von dem großen Cerro Duida) ſtuͤtze, iſt es mir wahr- ſcheinlich, daß der Orenoko ſich in ſeinem oberen Laufe hoͤchſtens bis zum Meridian von 66°½ erſtreckt. Dieſer Punkt liegt, nach meinen Combinationen, 4° 12′ weſtlicher als der kleine Amucu-See, den Herr Schomburgk neuͤerdings erreicht hat. Wenn man den Rio Branco nach ſeiner ganzen Laͤnge, von den beiden Armen, die ihn bilden, dem Uraricuera und Tacutu,**) an, verfolgt, wenn *) Die Braſilianer haben, ſeit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, aus politiſchen Ruͤckſichten ein lebhaftes Jntereſſe fuͤr die oͤſtwaͤrts vom Rio Branco ſich erſtreckenden Ebenen gezeigt. Siehe eine auf Ver- langen des Portugieſiſchen Hofes, im Jahre 1817 von mir ver- faßte Abhandlung „uͤber die Graͤnzen des Franzoͤſiſchen Guyana's.” (Schoell, Archives politiques ou Pièces inédites. T. I. pag. 48–58.) **) Jhre Vereinigung geſchieht bei San Joacquim do Rio Branco; aber die Zufluͤſſe des Tacutu, die den Mahu und Xurumu, ſo wie Annalen ꝛc., 3te Reihe, V. Bd. 4
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Über die Geographie von Guyana.
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Rio Branco, durchſtreift worden. Es iſt dies der gefahrvolle Weg,
den im Jahre 1739 der Chirurgus Nikolas Hortsmann aus Hil-
desheim, im Jahre 1775 der Spanier Don Antonio Santos mit
ſeinem Freuͤnde Nikolas Rodriguez, im Jahre 1793 der Oberſt-Lieu-
tenant des erſten Linien-Regiments von Para, Don Francisco
Joſe Rodriguez Barata und nach den handſchriftlichen Noten, *)
die ich dem ehmaligen Portugieſiſchen Geſandten in Paris, Eheva-
lier de Brito, verdanke, mehrere Engliſche und Hollaͤndiſche Koloni-
ſten, die im Jahre 1811 uͤber den Trageplatz des Rupunuri und
auf dem Rio Branco von Surinam nach Para kamen, eingeſchla-
gen haben. Dieſer Weg theilt die Terra incognita der Parime in
zwei ungleiche Theile und bezeichnet zugleich, was fuͤr die Geogra-
phie dieſer Gegenden ſehr wichtig iſt, gewiſſe Graͤnzen fuͤr die Quel-
len des Orenoko, die jetzt nicht mehr unbeſtimmt gegen Oſten ver-
ſchoben werden koͤnnen, ohne das Bett des Rio Branco, der von
Norden nach Suͤden fließt, das von Oſten gegen Weſten gerichtete
Bett des Orenoko durchſchneiden zu laſſen. Wegen der Lage von
Santa Roſa am Uraricapara, deſſen Lauf mir hinreichend durch die
Portugieſiſchen Jngenieurs beſtimmt zu ſein ſcheint, koͤnnen die Quel-
len des Orenoko nicht oͤſtlich vom Meridian von 65½° liegen. Dies
iſt die oͤſtliche Graͤnze, uͤber die hinaus ſie unmoͤglich verlegt wer-
den koͤnnen; aber indem ich mich auf den Zuſtand des Fluſſes in
dem Raudal der Guaharibos (oberhalb des Caño Chiguire, in dem
Lande der Guaycas-Jndianer mit eigenthuͤmlich ſchwaͤrzlicher Haut,
52′ oͤſtlich von dem großen Cerro Duida) ſtuͤtze, iſt es mir wahr-
ſcheinlich, daß der Orenoko ſich in ſeinem oberen Laufe hoͤchſtens
bis zum Meridian von 66°½ erſtreckt. Dieſer Punkt liegt, nach
meinen Combinationen, 4° 12′ weſtlicher als der kleine Amucu-See,
den Herr Schomburgk neuͤerdings erreicht hat. Wenn man den
Rio Branco nach ſeiner ganzen Laͤnge, von den beiden Armen, die
ihn bilden, dem Uraricuera und Tacutu, **) an, verfolgt, wenn
*) Die Braſilianer haben, ſeit dem Beginn des 19. Jahrhunderts, aus
politiſchen Ruͤckſichten ein lebhaftes Jntereſſe fuͤr die oͤſtwaͤrts vom
Rio Branco ſich erſtreckenden Ebenen gezeigt. Siehe eine auf Ver-
langen des Portugieſiſchen Hofes, im Jahre 1817 von mir ver-
faßte Abhandlung „uͤber die Graͤnzen des Franzoͤſiſchen Guyana's.”
(Schoell, Archives politiques ou Pièces inédites. T. I. pag.
48–58.)
**) Jhre Vereinigung geſchieht bei San Joacquim do Rio Branco;
aber die Zufluͤſſe des Tacutu, die den Mahu und Xurumu, ſo wie
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