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Humboldt, Alexander von: Notizen Alex. von Humboldt's von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico. In: Annalen der Physik, Bd. 16 (1804), S. 450-493.

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Während unsers Aufenthalts zu Riobamba,
wo wir bei dem Bruder Montufar's, der Corre-
gidor ist, einige Wochen zubrachten, führte uns
der Zufall eine sehr interessante Entdeckung zu.
[Bei dem Könige der Indianer zu Lican fanden
sie eine von seinen Vorfahren im 16ten Jahrhundert
geschriebne Geschichte von Quito, vor dem Ein-
falle der Peruaner 1470.] Wir schöpften aus ihr
besonders sehr wichtige Nachrichten über den Aus-
bruch des Nevado del Attas, *) der ehemahls
höher als der Chimborazo und folglich der höchste
Berg der Erde gewesen seyn muss, und den die Ein-
gebornen Capa-urcu, das heisst, Haupt der Ber-
ge
, nannten. Damahls regierte zu Lican der letzte
unabhängige König des Landes; und die Priester
weissagten ihm aus jener Katastrophe seinen Unter-
gang. Der Ausbruch des Vulkans dauerte 7 Jahr,
und das Manuscript erzählt es sey wegen des
Aschenregens in Lican 7 Jahre lang unaufhörlich
Nacht gewesen. Nach der ungeheuren Menge vul-
kanischer Materien zu urtheilen, die sich in der
Ebene von Tapia um den gewaltigen Berg fin-
den, der damahls eingestürzt seyn soll, möchte man
dieses fast für möglich halten, da der Cotopaxi
schon oft Quito 14 bis 18 Stunden lang in Finster-

*) Wahrscheinlich der el Altar mont neigee
auf Bouguer's Karte, der in der Westkette, zwi-
schen dem Tunguragua und dem Sangay, gerade
westlich über Riobamba und Lican steht , und nach
Condamine jetzt 2730 Toisen hoch ist.    d. H.

Während unſers Aufenthalts zu Riobamba,
wo wir bei dem Bruder Montufar's, der Corre-
gidor iſt, einige Wochen zubrachten, führte uns
der Zufall eine ſehr intereſſante Entdeckung zu.
[Bei dem Könige der Indianer zu Lican fanden
ſie eine von ſeinen Vorfahren im 16ten Jahrhundert
geſchriebne Geſchichte von Quito, vor dem Ein-
falle der Peruaner 1470.] Wir ſchöpften aus ihr
beſonders ſehr wichtige Nachrichten über den Aus-
bruch des Nevado del Attas, *) der ehemahls
höher als der Chimborazo und folglich der höchſte
Berg der Erde geweſen ſeyn muſs, und den die Ein-
gebornen Capa-urcu, das heiſst, Haupt der Ber-
ge
, nannten. Damahls regierte zu Lican der letzte
unabhängige König des Landes; und die Prieſter
weiſsagten ihm aus jener Kataſtrophe ſeinen Unter-
gang. Der Ausbruch des Vulkans dauerte 7 Jahr,
und das Manuſcript erzählt es ſey wegen des
Aſchenregens in Lican 7 Jahre lang unaufhörlich
Nacht geweſen. Nach der ungeheuren Menge vul-
kaniſcher Materien zu urtheilen, die ſich in der
Ebene von Tapia um den gewaltigen Berg fin-
den, der damahls eingeſtürzt ſeyn ſoll, möchte man
dieſes faſt für möglich halten, da der Cotopaxi
ſchon oft Quito 14 bis 18 Stunden lang in Finſter-

*) Wahrſcheinlich der el Altar mont neigée
auf Bouguer's Karte, der in der Weſtkette, zwi-
ſchen dem Tunguragua und dem Sangay, gerade
weſtlich über Riobamba und Lican ſteht , und nach
Condamine jetzt 2730 Toiſen hoch iſt.    d. H.
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[471/0022] Während unſers Aufenthalts zu Riobamba, wo wir bei dem Bruder Montufar's, der Corre- gidor iſt, einige Wochen zubrachten, führte uns der Zufall eine ſehr intereſſante Entdeckung zu. [Bei dem Könige der Indianer zu Lican fanden ſie eine von ſeinen Vorfahren im 16ten Jahrhundert geſchriebne Geſchichte von Quito, vor dem Ein- falle der Peruaner 1470.] Wir ſchöpften aus ihr beſonders ſehr wichtige Nachrichten über den Aus- bruch des Nevado del Attas, *) der ehemahls höher als der Chimborazo und folglich der höchſte Berg der Erde geweſen ſeyn muſs, und den die Ein- gebornen Capa-urcu, das heiſst, Haupt der Ber- ge, nannten. Damahls regierte zu Lican der letzte unabhängige König des Landes; und die Prieſter weiſsagten ihm aus jener Kataſtrophe ſeinen Unter- gang. Der Ausbruch des Vulkans dauerte 7 Jahr, und das Manuſcript erzählt es ſey wegen des Aſchenregens in Lican 7 Jahre lang unaufhörlich Nacht geweſen. Nach der ungeheuren Menge vul- kaniſcher Materien zu urtheilen, die ſich in der Ebene von Tapia um den gewaltigen Berg fin- den, der damahls eingeſtürzt ſeyn ſoll, möchte man dieſes faſt für möglich halten, da der Cotopaxi ſchon oft Quito 14 bis 18 Stunden lang in Finſter- *) Wahrſcheinlich der el Altar mont neigée auf Bouguer's Karte, der in der Weſtkette, zwi- ſchen dem Tunguragua und dem Sangay, gerade weſtlich über Riobamba und Lican ſteht , und nach Condamine jetzt 2730 Toiſen hoch iſt. d. H.

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Notizen Alex. von Humboldt's von seinen Reisen in der Kordillere der Anden und von seinen physikalischen Beobachtungen in Quito und Mexico. In: Annalen der Physik, Bd. 16 (1804), S. 450-493, hier S. 471. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_notizen_1804/22>, abgerufen am 24.11.2024.