Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: [N]eue physikalische Beobachtungen im spanischen Amerika. Aus Briefen an Fourcroy und Lalande. In: Annalen der Physik, Bd. 7, 1801, S. 335-347.

Bild:
<< vorherige Seite

Einwohner sind Indier, theils wilde, theils erst
seit 5 bis 6 Jahren civilisirte. Wie soll ich Ihnen
die dortige majestätische Vegetation der Wälder von
Ceiba, Hura und Hymenea schildern, die nie ein
Sonnenstrahl durchdringt; wie die mannigfaltigen
Thiere, die sie bewohnen, die prächtig gefiederten
Vögel, die Affen, die Tieger, und die über 30 Fuß
langen Kaimans, von denen alle Flüsse voll sind?

Von Cumana gingen wir nach Caraccas, und
blieben in dieser anmuthigen Hauptstadt den Frimai-
re und Nivose über. Sie liegt in einem 426 Toisen
hohen Thale, wo, in 10° 31' Breite, die Tempera-
tur von Paris herrscht. Von dort bestiegen wir die
berühmte Silla (?) de Caraccas oder die Sierra de Avila,
wo wir in einer Höhe von 1316 Toisen schöne pris-
matische Krystalle von Titanium, und Dendriten
aus Titankalk fanden. -- Von hier wollen wir
nun über Varina und die Schneegebirge Meridas zu
den Wasserfällen des Rio Negro, und in die unbe-
kannten Länder des Oronoco, und dann über Guiana
nach Cumana zurückkehren, von wo ich nach der
Havanna und nach Mexico zu segeln denke. Wie
Sie sehn, mein theurer Freund, fehlt es uns wenig-
stens nicht an Muth. -- -- --

Da ich selbst 4 Monat lang auf dem Wege nach
Aegypten war, so können Sie denken, wie sehr mich
die Siegesnachrichten der Orientalischen Armee und
die glorreiche Rückkunft Bonaparte's, Ber-
thollet's
und Monge's interessirt haben. Wie

Einwohner ſind Indier, theils wilde, theils erſt
ſeit 5 bis 6 Jahren civiliſirte. Wie ſoll ich Ihnen
die dortige majeſtätiſche Vegetation der Wälder von
Ceiba, Hura und Hymenea ſchildern, die nie ein
Sonnenſtrahl durchdringt; wie die mannigfaltigen
Thiere, die ſie bewohnen, die prächtig gefiederten
Vögel, die Affen, die Tieger, und die über 30 Fuß
langen Kaimans, von denen alle Flüſſe voll ſind?

Von Cumana gingen wir nach Caraccas, und
blieben in dieſer anmuthigen Hauptſtadt den Frimai-
re und Nivoſe über. Sie liegt in einem 426 Toiſen
hohen Thale, wo, in 10° 31′ Breite, die Tempera-
tur von Paris herrſcht. Von dort beſtiegen wir die
berühmte Silla (?) de Caraccas oder die Sierra de Avila,
wo wir in einer Höhe von 1316 Toiſen ſchöne pris-
matiſche Kryſtalle von Titanium, und Dendriten
aus Titankalk fanden. — Von hier wollen wir
nun über Varina und die Schneegebirge Meridas zu
den Waſſerfällen des Rio Negro, und in die unbe-
kannten Länder des Oronoco, und dann über Guiana
nach Cumana zurückkehren, von wo ich nach der
Havanna und nach Mexico zu ſegeln denke. Wie
Sie ſehn, mein theurer Freund, fehlt es uns wenig-
ſtens nicht an Muth. — — —

Da ich ſelbſt 4 Monat lang auf dem Wege nach
Aegypten war, ſo können Sie denken, wie ſehr mich
die Siegesnachrichten der Orientaliſchen Armee und
die glorreiche Rückkunft Bonaparte's, Ber-
thollet's
und Monge's intereſſirt haben. Wie

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0005" n="332"/>
Einwohner &#x017F;ind Indier, theils wilde, theils er&#x017F;t<lb/>
&#x017F;eit 5 bis 6 Jahren civili&#x017F;irte. Wie &#x017F;oll ich Ihnen<lb/>
die dortige maje&#x017F;täti&#x017F;che Vegetation der Wälder von<lb/><hi rendition="#i">Ceiba, Hura</hi> und <hi rendition="#i">Hymenea</hi> &#x017F;childern, die nie ein<lb/>
Sonnen&#x017F;trahl durchdringt; wie die mannigfaltigen<lb/>
Thiere, die &#x017F;ie bewohnen, die prächtig gefiederten<lb/>
Vögel, die Affen, die Tieger, und die über 30 Fuß<lb/>
langen Kaimans, von denen alle Flü&#x017F;&#x017F;e voll &#x017F;ind?</p><lb/>
          <p>Von <hi rendition="#i">Cumana</hi> gingen wir nach <hi rendition="#i">Caraccas</hi>, und<lb/>
blieben in die&#x017F;er anmuthigen Haupt&#x017F;tadt den Frimai-<lb/>
re und Nivo&#x017F;e über. Sie liegt in einem 426 Toi&#x017F;en<lb/>
hohen Thale, wo, in 10° 31&#x2032; Breite, die Tempera-<lb/>
tur von Paris herr&#x017F;cht. Von dort be&#x017F;tiegen wir die<lb/>
berühmte <hi rendition="#i">Silla</hi> (?) <hi rendition="#i">de Caraccas</hi> oder die <hi rendition="#i">Sierra de Avila</hi>,<lb/>
wo wir in einer Höhe von 1316 Toi&#x017F;en &#x017F;chöne pris-<lb/>
mati&#x017F;che Kry&#x017F;talle von Titanium, und Dendriten<lb/>
aus Titankalk fanden. &#x2014; Von hier wollen wir<lb/>
nun über <hi rendition="#i">Varina</hi> und die Schneegebirge <hi rendition="#i">Meridas</hi> zu<lb/>
den Wa&#x017F;&#x017F;erfällen des <hi rendition="#i">Rio Negro</hi>, und in die unbe-<lb/>
kannten Länder des <hi rendition="#i">Oronoco</hi>, und dann über <hi rendition="#i">Guiana</hi><lb/>
nach <hi rendition="#i">Cumana</hi> zurückkehren, von wo ich nach der<lb/>
Havanna und nach Mexico zu &#x017F;egeln denke. Wie<lb/>
Sie &#x017F;ehn, mein theurer Freund, fehlt es uns wenig-<lb/>
&#x017F;tens nicht an Muth. &#x2014; &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Da ich &#x017F;elb&#x017F;t 4 Monat lang auf dem Wege nach<lb/>
Aegypten war, &#x017F;o können Sie denken, wie &#x017F;ehr mich<lb/>
die Siegesnachrichten der Orientali&#x017F;chen Armee und<lb/>
die glorreiche Rückkunft <hi rendition="#g">Bonaparte's, Ber-<lb/>
thollet's</hi> und <hi rendition="#g">Monge's</hi> intere&#x017F;&#x017F;irt haben. Wie<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[332/0005] Einwohner ſind Indier, theils wilde, theils erſt ſeit 5 bis 6 Jahren civiliſirte. Wie ſoll ich Ihnen die dortige majeſtätiſche Vegetation der Wälder von Ceiba, Hura und Hymenea ſchildern, die nie ein Sonnenſtrahl durchdringt; wie die mannigfaltigen Thiere, die ſie bewohnen, die prächtig gefiederten Vögel, die Affen, die Tieger, und die über 30 Fuß langen Kaimans, von denen alle Flüſſe voll ſind? Von Cumana gingen wir nach Caraccas, und blieben in dieſer anmuthigen Hauptſtadt den Frimai- re und Nivoſe über. Sie liegt in einem 426 Toiſen hohen Thale, wo, in 10° 31′ Breite, die Tempera- tur von Paris herrſcht. Von dort beſtiegen wir die berühmte Silla (?) de Caraccas oder die Sierra de Avila, wo wir in einer Höhe von 1316 Toiſen ſchöne pris- matiſche Kryſtalle von Titanium, und Dendriten aus Titankalk fanden. — Von hier wollen wir nun über Varina und die Schneegebirge Meridas zu den Waſſerfällen des Rio Negro, und in die unbe- kannten Länder des Oronoco, und dann über Guiana nach Cumana zurückkehren, von wo ich nach der Havanna und nach Mexico zu ſegeln denke. Wie Sie ſehn, mein theurer Freund, fehlt es uns wenig- ſtens nicht an Muth. — — — Da ich ſelbſt 4 Monat lang auf dem Wege nach Aegypten war, ſo können Sie denken, wie ſehr mich die Siegesnachrichten der Orientaliſchen Armee und die glorreiche Rückkunft Bonaparte's, Ber- thollet's und Monge's intereſſirt haben. Wie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Weitere Informationen:

Eine weitere Fassung dieses Textes finden Sie in der Ausgabe Sämtliche Schriften digital (erster Teil, zweiter Teil) (2021 ff.) der Universität Bern.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_lalande_1801
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_lalande_1801/5
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: [N]eue physikalische Beobachtungen im spanischen Amerika. Aus Briefen an Fourcroy und Lalande. In: Annalen der Physik, Bd. 7, 1801, S. 335-347, hier S. 332. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_lalande_1801/5>, abgerufen am 21.11.2024.