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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Streben nach einem zwiefachen Zwecke. Der größere Theil der Arbeiten ist der Beobachtung der magnetischen Thätigkeit des Erdkörpers, der Messung nach Raumverhältnissen und Zeitepochen gewidmet gewesen; der kleinere Theil gehört dem Experimente, dem Hervorrufen von Erscheinungen, welche auf Ergründung des Wesens jener Thätigkeit selbst, der inneren Natur der Magnetkraft, zu leiten verheißen. Beide Wege: messende Beobachtung der Aeußerungen des tellurischen Magnetismus (in Richtung und Stärke) und physikalisches Experiment über Magnetkraft im allgemeinen, haben gegenseitig den Fortschritt unseres Naturwissens belebt. Die Beobachtung allein, unabhängig von jeglicher Hypothese über den Causalzusammenhang der Erscheinungen oder über die, bis jetzt unmeßbare, uns unerreichbare Wechselwirkung der Molecule im Inneren der Substanzen, hat zu wichtigen numerischen Gesetzen geführt. Dem bewundernswürdigen Scharfsinn experimentirender Physiker ist es gelungen Polarisations-Eigenschaften starrer und gasförmiger Körper zu entdecken, von denen man vorher keine Ahndung hatte, und die in eigenem Verkehr mit Temperatur und Luftdruck stehen. So wichtig und unbezweifelt auch jene Entdeckungen sind, so können sie in dem gegenwärtigen Zustand unseres Wissens doch noch nicht als befriedigende Erklärungsgründe jener Gesetze betrachtet werden, welche bereits in der Bewegung der Magnetnadel erkannt worden sind. Das sicherste Mittel, zur Erschöpfung des veränderlich Meßbaren im Raume, wie zu der Erweiterung und Vollendung der, von Gauß so großartig entworfenen, mathematischen Theorie des Erd-Magnetismus zu gelangen, ist das Mittel der gleichzeitig an vielen gut ausgewählten Punkten der Erde fortgesetzten Beobachtung aller drei Elemente der magnetischen

Streben nach einem zwiefachen Zwecke. Der größere Theil der Arbeiten ist der Beobachtung der magnetischen Thätigkeit des Erdkörpers, der Messung nach Raumverhältnissen und Zeitepochen gewidmet gewesen; der kleinere Theil gehört dem Experimente, dem Hervorrufen von Erscheinungen, welche auf Ergründung des Wesens jener Thätigkeit selbst, der inneren Natur der Magnetkraft, zu leiten verheißen. Beide Wege: messende Beobachtung der Aeußerungen des tellurischen Magnetismus (in Richtung und Stärke) und physikalisches Experiment über Magnetkraft im allgemeinen, haben gegenseitig den Fortschritt unseres Naturwissens belebt. Die Beobachtung allein, unabhängig von jeglicher Hypothese über den Causalzusammenhang der Erscheinungen oder über die, bis jetzt unmeßbare, uns unerreichbare Wechselwirkung der Molecule im Inneren der Substanzen, hat zu wichtigen numerischen Gesetzen geführt. Dem bewundernswürdigen Scharfsinn experimentirender Physiker ist es gelungen Polarisations-Eigenschaften starrer und gasförmiger Körper zu entdecken, von denen man vorher keine Ahndung hatte, und die in eigenem Verkehr mit Temperatur und Luftdruck stehen. So wichtig und unbezweifelt auch jene Entdeckungen sind, so können sie in dem gegenwärtigen Zustand unseres Wissens doch noch nicht als befriedigende Erklärungsgründe jener Gesetze betrachtet werden, welche bereits in der Bewegung der Magnetnadel erkannt worden sind. Das sicherste Mittel, zur Erschöpfung des veränderlich Meßbaren im Raume, wie zu der Erweiterung und Vollendung der, von Gauß so großartig entworfenen, mathematischen Theorie des Erd-Magnetismus zu gelangen, ist das Mittel der gleichzeitig an vielen gut ausgewählten Punkten der Erde fortgesetzten Beobachtung aller drei Elemente der magnetischen

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[78/0083] Streben nach einem zwiefachen Zwecke. Der größere Theil der Arbeiten ist der Beobachtung der magnetischen Thätigkeit des Erdkörpers, der Messung nach Raumverhältnissen und Zeitepochen gewidmet gewesen; der kleinere Theil gehört dem Experimente, dem Hervorrufen von Erscheinungen, welche auf Ergründung des Wesens jener Thätigkeit selbst, der inneren Natur der Magnetkraft, zu leiten verheißen. Beide Wege: messende Beobachtung der Aeußerungen des tellurischen Magnetismus (in Richtung und Stärke) und physikalisches Experiment über Magnetkraft im allgemeinen, haben gegenseitig den Fortschritt unseres Naturwissens belebt. Die Beobachtung allein, unabhängig von jeglicher Hypothese über den Causalzusammenhang der Erscheinungen oder über die, bis jetzt unmeßbare, uns unerreichbare Wechselwirkung der Molecule im Inneren der Substanzen, hat zu wichtigen numerischen Gesetzen geführt. Dem bewundernswürdigen Scharfsinn experimentirender Physiker ist es gelungen Polarisations-Eigenschaften starrer und gasförmiger Körper zu entdecken, von denen man vorher keine Ahndung hatte, und die in eigenem Verkehr mit Temperatur und Luftdruck stehen. So wichtig und unbezweifelt auch jene Entdeckungen sind, so können sie in dem gegenwärtigen Zustand unseres Wissens doch noch nicht als befriedigende Erklärungsgründe jener Gesetze betrachtet werden, welche bereits in der Bewegung der Magnetnadel erkannt worden sind. Das sicherste Mittel, zur Erschöpfung des veränderlich Meßbaren im Raume, wie zu der Erweiterung und Vollendung der, von Gauß so großartig entworfenen, mathematischen Theorie des Erd-Magnetismus zu gelangen, ist das Mittel der gleichzeitig an vielen gut ausgewählten Punkten der Erde fortgesetzten Beobachtung aller drei Elemente der magnetischen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 78. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/83>, abgerufen am 23.11.2024.