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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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als sie nicht, wie so viele folgende Expeditionen, auf Kosten des Staats unternommene, geographische Entdeckungsreisen waren. Sie haben dazu, neben den Ergebnissen über den tellurischen Magnetismus, auch als Frucht des früheren Aufenthalts auf St. Helena in den Jahren 1677 und 1678, einen wichtigen Catalog südlicher Sterne geliefert: ja den ersten, welcher überhaupt unternommen worden ist, seitdem nach Morin's und Gascoigne's Vorgange Fernröhre mit messenden Instrumenten verbunden wurden.65

So wie das 17te Jahrhundert sich durch Fortschritte auszeichnete in der gründlicheren Kenntniß der Lage der Abweichungslinien, und den ersten theoretischen Versuch ihre Convergenzpunkte als Magnetpole zu bestimmen; so lieferte das 18te Jahrhundert die Entdeckung der stündlichen periodischen Veränderung der Abweichung. Graham in London hat das unbestrittene Verdienst (1722) diese stündlichen Variationen zuerst genau und ausdauernd beobachtet zu haben. In schriftlichen Verkehr mit ihm erweiterten66 Celsius und Hiörter in Upsala die Kenntniß dieser Erscheinung. Erst Brugmans und, mit mehr mathematischem Sinne begabt, Coulomb (1784-1788) drangen tief in das Wesen des tellurischen Magnetismus ein. Ihre scharfsinnigen physikalischen Versuche umfaßten die magnetische Anziehung aller Materie, die räumliche Vertheilung der Kraft in einem Magnetstabe von gegebener Form, und das Gesetz der Wirkung in der Ferne. Um genaue Resultate zu erlangen, wurden bald Schwingungen einer an einem Faden aufgehängten horizontalen Nadel, bald Ablenkung durch die Drehwage, balance de torsion, angewandt.

Die Einsicht in die Intensitäts-Verschiedenheit der magnetischen Erdkraft an verschiedenen Punkten der

als sie nicht, wie so viele folgende Expeditionen, auf Kosten des Staats unternommene, geographische Entdeckungsreisen waren. Sie haben dazu, neben den Ergebnissen über den tellurischen Magnetismus, auch als Frucht des früheren Aufenthalts auf St. Helena in den Jahren 1677 und 1678, einen wichtigen Catalog südlicher Sterne geliefert: ja den ersten, welcher überhaupt unternommen worden ist, seitdem nach Morin's und Gascoigne's Vorgange Fernröhre mit messenden Instrumenten verbunden wurden.65

So wie das 17te Jahrhundert sich durch Fortschritte auszeichnete in der gründlicheren Kenntniß der Lage der Abweichungslinien, und den ersten theoretischen Versuch ihre Convergenzpunkte als Magnetpole zu bestimmen; so lieferte das 18te Jahrhundert die Entdeckung der stündlichen periodischen Veränderung der Abweichung. Graham in London hat das unbestrittene Verdienst (1722) diese stündlichen Variationen zuerst genau und ausdauernd beobachtet zu haben. In schriftlichen Verkehr mit ihm erweiterten66 Celsius und Hiörter in Upsala die Kenntniß dieser Erscheinung. Erst Brugmans und, mit mehr mathematischem Sinne begabt, Coulomb (1784–1788) drangen tief in das Wesen des tellurischen Magnetismus ein. Ihre scharfsinnigen physikalischen Versuche umfaßten die magnetische Anziehung aller Materie, die räumliche Vertheilung der Kraft in einem Magnetstabe von gegebener Form, und das Gesetz der Wirkung in der Ferne. Um genaue Resultate zu erlangen, wurden bald Schwingungen einer an einem Faden aufgehängten horizontalen Nadel, bald Ablenkung durch die Drehwage, balance de torsion, angewandt.

Die Einsicht in die Intensitäts-Verschiedenheit der magnetischen Erdkraft an verschiedenen Punkten der

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[60/0065] als sie nicht, wie so viele folgende Expeditionen, auf Kosten des Staats unternommene, geographische Entdeckungsreisen waren. Sie haben dazu, neben den Ergebnissen über den tellurischen Magnetismus, auch als Frucht des früheren Aufenthalts auf St. Helena in den Jahren 1677 und 1678, einen wichtigen Catalog südlicher Sterne geliefert: ja den ersten, welcher überhaupt unternommen worden ist, seitdem nach Morin's und Gascoigne's Vorgange Fernröhre mit messenden Instrumenten verbunden wurden. ⁶⁵ So wie das 17te Jahrhundert sich durch Fortschritte auszeichnete in der gründlicheren Kenntniß der Lage der Abweichungslinien, und den ersten theoretischen Versuch ihre Convergenzpunkte als Magnetpole zu bestimmen; so lieferte das 18te Jahrhundert die Entdeckung der stündlichen periodischen Veränderung der Abweichung. Graham in London hat das unbestrittene Verdienst (1722) diese stündlichen Variationen zuerst genau und ausdauernd beobachtet zu haben. In schriftlichen Verkehr mit ihm erweiterten ⁶⁶ Celsius und Hiörter in Upsala die Kenntniß dieser Erscheinung. Erst Brugmans und, mit mehr mathematischem Sinne begabt, Coulomb (1784–1788) drangen tief in das Wesen des tellurischen Magnetismus ein. Ihre scharfsinnigen physikalischen Versuche umfaßten die magnetische Anziehung aller Materie, die räumliche Vertheilung der Kraft in einem Magnetstabe von gegebener Form, und das Gesetz der Wirkung in der Ferne. Um genaue Resultate zu erlangen, wurden bald Schwingungen einer an einem Faden aufgehängten horizontalen Nadel, bald Ablenkung durch die Drehwage, balance de torsion, angewandt. Die Einsicht in die Intensitäts-Verschiedenheit der magnetischen Erdkraft an verschiedenen Punkten der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/65>, abgerufen am 23.11.2024.