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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858.

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Strahlenberg, unter der Dynastie der Sui, zu des Frankenkönigs Dagobert's Zeiten, besaßen die Chinesen, auf Befehl der Regierung construirt, Karten der Länder vom Gelben Flusse bis zum caspischen Meere, auf welchen der Kuen-lün und der Thian-schan abgebildet waren. Diese beiden Ketten, besonders die erstere, sind es ohnstreitig gewesen, die, wie ich an einem anderen Orte glaube erwiesen zu haben (Asie centr. T. I. p. 118-129, 194-203 und T. II. p. 413-425), als der Heerzug des Macedoniers die Hellenen in nähere Bekanntschaft mit dem Inneren von Asien setzte, die Kenntniß von einem Berggürtel unter ihren Geographen verbreiteten, welche, den ganzen Continent in zwei Hälften theilend, sich von Kleinasien bis an das östliche Meer, von Indien und Scythien bis Thinä, erstreckte (Strabo lib. I pag. 68, lib. XI p. 490). Dicäarchus und nach ihm Eratosthenes belegten diese Kette mit dem Namen des verlängerten Taurus. Die Himalaya-Kette wird mit unter diese Benennung begriffen. "Was Indien gegen Norden begrenzt", sagt ausdrücklich Strabo (lib. XV pag. 689), "von Ariane bis zum östlichen Meere, sind die äußersten Theile des Taurus, welche die Eingeborenen einzeln Paropamisos, Emodon, Imaon und noch anders benamen; der Macedonier aber Caucasus." Früher, in der Beschreibung von Bactriana und Sogdiana (lib. XI pag. 519), heißt es: "des Taurus letzter Theil, welcher Imaon genannt wird, berührt das indische (östliche?) Meer." Auf eine einig geglaubte, west-östliche, d. h. Parallelkette, bezogen sich die Namen diesseits und jenseits des Taurus. Diese kannte Strabo, indem er sagt: "die Hellenen nennen die gegen Norden neigende Hälfte des Welttheils Asia diesseits des Taurus, die gegen Süden jenseits" (lib. II p. 129). Zu den späteren Zeiten des Ptolemäus aber, wo der Handel überhaupt und insbesondere der Seidenhandel Lebhaftigkeit gewann, wurde die Benennung Imaus auf eine Meridiankette, auf den Bolor, übertragen: wie viele Stellen des 6ten Buches bezeugen (Asie centr. T. I. p. 146-162). Die Linie, in welcher dem Aequator parallel das Taurus-Gebirge nach hellenischen Ansichten den ganzen Welttheil durchschneidet, wurde zuerst von Dicäarchus, dem Schüler des Stagiriten, ein Diaphragma (eine Scheidewand) genannt, weil durch senkrechte Linien, auf dasselbe gerichtet, die geographische Breite anderer Punkte gemessen werden konnte. Das Diaphragma war der Parallel von Rhodos, verlängert gegen Westen
Strahlenberg, unter der Dynastie der Sui, zu des Frankenkönigs Dagobert's Zeiten, besaßen die Chinesen, auf Befehl der Regierung construirt, Karten der Länder vom Gelben Flusse bis zum caspischen Meere, auf welchen der Kuen-lün und der Thian-schan abgebildet waren. Diese beiden Ketten, besonders die erstere, sind es ohnstreitig gewesen, die, wie ich an einem anderen Orte glaube erwiesen zu haben (Asie centr. T. I. p. 118–129, 194–203 und T. II. p. 413–425), als der Heerzug des Macedoniers die Hellenen in nähere Bekanntschaft mit dem Inneren von Asien setzte, die Kenntniß von einem Berggürtel unter ihren Geographen verbreiteten, welche, den ganzen Continent in zwei Hälften theilend, sich von Kleinasien bis an das östliche Meer, von Indien und Scythien bis Thinä, erstreckte (Strabo lib. I pag. 68, lib. XI p. 490). Dicäarchus und nach ihm Eratosthenes belegten diese Kette mit dem Namen des verlängerten Taurus. Die Himalaya-Kette wird mit unter diese Benennung begriffen. „Was Indien gegen Norden begrenzt", sagt ausdrücklich Strabo (lib. XV pag. 689), „von Ariane bis zum östlichen Meere, sind die äußersten Theile des Taurus, welche die Eingeborenen einzeln Paropamisos, Emodon, Imaon und noch anders benamen; der Macedonier aber Caucasus." Früher, in der Beschreibung von Bactriana und Sogdiana (lib. XI pag. 519), heißt es: „des Taurus letzter Theil, welcher Imaon genannt wird, berührt das indische (östliche?) Meer." Auf eine einig geglaubte, west-östliche, d. h. Parallelkette, bezogen sich die Namen diesseits und jenseits des Taurus. Diese kannte Strabo, indem er sagt: „die Hellenen nennen die gegen Norden neigende Hälfte des Welttheils Asia diesseits des Taurus, die gegen Süden jenseits" (lib. II p. 129). Zu den späteren Zeiten des Ptolemäus aber, wo der Handel überhaupt und insbesondere der Seidenhandel Lebhaftigkeit gewann, wurde die Benennung Imaus auf eine Meridiankette, auf den Bolor, übertragen: wie viele Stellen des 6ten Buches bezeugen (Asie centr. T. I. p. 146–162). Die Linie, in welcher dem Aequator parallel das Taurus-Gebirge nach hellenischen Ansichten den ganzen Welttheil durchschneidet, wurde zuerst von Dicäarchus, dem Schüler des Stagiriten, ein Diaphragma (eine Scheidewand) genannt, weil durch senkrechte Linien, auf dasselbe gerichtet, die geographische Breite anderer Punkte gemessen werden konnte. Das Diaphragma war der Parallel von Rhodos, verlängert gegen Westen
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[608/0613] ⁴³ Strahlenberg, unter der Dynastie der Sui, zu des Frankenkönigs Dagobert's Zeiten, besaßen die Chinesen, auf Befehl der Regierung construirt, Karten der Länder vom Gelben Flusse bis zum caspischen Meere, auf welchen der Kuen-lün und der Thian-schan abgebildet waren. Diese beiden Ketten, besonders die erstere, sind es ohnstreitig gewesen, die, wie ich an einem anderen Orte glaube erwiesen zu haben (Asie centr. T. I. p. 118–129, 194–203 und T. II. p. 413–425), als der Heerzug des Macedoniers die Hellenen in nähere Bekanntschaft mit dem Inneren von Asien setzte, die Kenntniß von einem Berggürtel unter ihren Geographen verbreiteten, welche, den ganzen Continent in zwei Hälften theilend, sich von Kleinasien bis an das östliche Meer, von Indien und Scythien bis Thinä, erstreckte (Strabo lib. I pag. 68, lib. XI p. 490). Dicäarchus und nach ihm Eratosthenes belegten diese Kette mit dem Namen des verlängerten Taurus. Die Himalaya-Kette wird mit unter diese Benennung begriffen. „Was Indien gegen Norden begrenzt", sagt ausdrücklich Strabo (lib. XV pag. 689), „von Ariane bis zum östlichen Meere, sind die äußersten Theile des Taurus, welche die Eingeborenen einzeln Paropamisos, Emodon, Imaon und noch anders benamen; der Macedonier aber Caucasus." Früher, in der Beschreibung von Bactriana und Sogdiana (lib. XI pag. 519), heißt es: „des Taurus letzter Theil, welcher Imaon genannt wird, berührt das indische (östliche?) Meer." Auf eine einig geglaubte, west-östliche, d. h. Parallelkette, bezogen sich die Namen diesseits und jenseits des Taurus. Diese kannte Strabo, indem er sagt: „die Hellenen nennen die gegen Norden neigende Hälfte des Welttheils Asia diesseits des Taurus, die gegen Süden jenseits" (lib. II p. 129). Zu den späteren Zeiten des Ptolemäus aber, wo der Handel überhaupt und insbesondere der Seidenhandel Lebhaftigkeit gewann, wurde die Benennung Imaus auf eine Meridiankette, auf den Bolor, übertragen: wie viele Stellen des 6ten Buches bezeugen (Asie centr. T. I. p. 146–162). Die Linie, in welcher dem Aequator parallel das Taurus-Gebirge nach hellenischen Ansichten den ganzen Welttheil durchschneidet, wurde zuerst von Dicäarchus, dem Schüler des Stagiriten, ein Diaphragma (eine Scheidewand) genannt, weil durch senkrechte Linien, auf dasselbe gerichtet, die geographische Breite anderer Punkte gemessen werden konnte. Das Diaphragma war der Parallel von Rhodos, verlängert gegen Westen

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 4. Stuttgart u. a., 1858, S. 608. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos04_1858/613>, abgerufen am 22.11.2024.