Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Das gegenseitige Verhalten der Asteroiden-Bahnen und die Aufzählung der einzelnen Bahnpaare ist der Gegenstand scharfsinniger Untersuchungen zuerst (1848) von Gould63, ganz neuerlich von d'Arrest geworden. "Es scheint", sagt der Letztere, "am meisten für die innige Verbindung der ganzen Gruppe kleiner Planeten zu zeugen, daß, wenn man sich die Bahnen in ihren natürlichen Verhältnissen körperlich wie Reifen dargestellt denkt, sie alle dergestalt in einander hangen, daß man vermittelst einer beliebigen die ganze Gruppe herausheben könnte. Wäre Iris, welche Hind im August 1847 auffand, uns zufällig noch unbekannt, wie gewiß noch viele andere Weltkörper in jener Region es sind, so bestände die Gruppe aus zwei gesonderten Theilen: -- ein Ergebniß, das um so unerwarteter erscheinen muß, als die Zone weit ist, welche diese Bahnen im Sonnensysteme erfüllen."64

Wir können diesen wundersamen Planetenschwarm nicht verlassen, ohne in dieser fragmentarischen Aufzählung der einzelnen Glieder des Sonnengebietes der kühnen Ansicht eines vielbegabten, tiefforschenden Astronomen über den Ursprung der Asteroiden und ihrer einander durchschneidenden Bahnen zu erwähnen. Ein aus den Rechnungen von Gauß gezogenes Ergebniß, daß Ceres bei ihrem aufsteigenden Durchgang durch die Ebene der Pallasbahn diesem letzteren Planeten überaus nahe kommt, leitete Olbers auf die Vermuthung: "es könnten beide Planeten, Ceres und Pallas, Fragmente eines einzigen, durch irgend eine Naturkraft zerstörten, vormals die weite Lücke zwischen Mars und Jupiter ausfüllenden, großen Hauptplaneten sein; und man habe in derselben Region einen Zuwachs von ähnlichen Trümmern, die eine elliptische Bahn um die Sonne beschreiben, zu erwarten."65

Das gegenseitige Verhalten der Asteroiden-Bahnen und die Aufzählung der einzelnen Bahnpaare ist der Gegenstand scharfsinniger Untersuchungen zuerst (1848) von Gould63, ganz neuerlich von d'Arrest geworden. „Es scheint“, sagt der Letztere, „am meisten für die innige Verbindung der ganzen Gruppe kleiner Planeten zu zeugen, daß, wenn man sich die Bahnen in ihren natürlichen Verhältnissen körperlich wie Reifen dargestellt denkt, sie alle dergestalt in einander hangen, daß man vermittelst einer beliebigen die ganze Gruppe herausheben könnte. Wäre Iris, welche Hind im August 1847 auffand, uns zufällig noch unbekannt, wie gewiß noch viele andere Weltkörper in jener Region es sind, so bestände die Gruppe aus zwei gesonderten Theilen: — ein Ergebniß, das um so unerwarteter erscheinen muß, als die Zone weit ist, welche diese Bahnen im Sonnensysteme erfüllen.“64

Wir können diesen wundersamen Planetenschwarm nicht verlassen, ohne in dieser fragmentarischen Aufzählung der einzelnen Glieder des Sonnengebietes der kühnen Ansicht eines vielbegabten, tiefforschenden Astronomen über den Ursprung der Asteroiden und ihrer einander durchschneidenden Bahnen zu erwähnen. Ein aus den Rechnungen von Gauß gezogenes Ergebniß, daß Ceres bei ihrem aufsteigenden Durchgang durch die Ebene der Pallasbahn diesem letzteren Planeten überaus nahe kommt, leitete Olbers auf die Vermuthung: „es könnten beide Planeten, Ceres und Pallas, Fragmente eines einzigen, durch irgend eine Naturkraft zerstörten, vormals die weite Lücke zwischen Mars und Jupiter ausfüllenden, großen Hauptplaneten sein; und man habe in derselben Region einen Zuwachs von ähnlichen Trümmern, die eine elliptische Bahn um die Sonne beschreiben, zu erwarten.“65

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <pb facs="#f0522" n="517"/>
                <p>Das gegenseitige Verhalten der Asteroiden-Bahnen und die Aufzählung der einzelnen <hi rendition="#g">Bahnpaare</hi> ist der Gegenstand scharfsinniger Untersuchungen zuerst (1848) von Gould<note xml:id="ftn607" next="#ftn607-text" place="end" n="63"/>, ganz neuerlich von d'Arrest geworden. &#x201E;Es scheint&#x201C;, sagt der Letztere, &#x201E;am meisten für die innige Verbindung der ganzen Gruppe kleiner Planeten zu zeugen, daß, wenn man sich die Bahnen in ihren natürlichen Verhältnissen körperlich wie Reifen dargestellt denkt, sie alle dergestalt in einander hangen, daß man vermittelst einer beliebigen die ganze Gruppe herausheben könnte. Wäre Iris, welche Hind im August 1847 auffand, uns zufällig noch unbekannt, wie gewiß noch viele andere Weltkörper in jener Region es sind, so bestände die Gruppe aus zwei gesonderten Theilen: &#x2014; ein Ergebniß, das um so unerwarteter erscheinen muß, als die Zone weit ist, welche diese Bahnen im Sonnensysteme erfüllen.&#x201C;<note xml:id="ftn608" next="#ftn608-text" place="end" n="64"/>          </p>
                <p>Wir können diesen wundersamen Planetenschwarm nicht verlassen, ohne in dieser fragmentarischen Aufzählung der einzelnen Glieder des Sonnengebietes der kühnen Ansicht eines vielbegabten, tiefforschenden Astronomen über den Ursprung der Asteroiden und ihrer einander durchschneidenden Bahnen zu erwähnen. Ein aus den Rechnungen von Gauß gezogenes Ergebniß, daß Ceres bei ihrem aufsteigenden Durchgang durch die Ebene der Pallasbahn diesem letzteren Planeten überaus nahe kommt, leitete <hi rendition="#g">Olbers</hi> auf die Vermuthung: &#x201E;es könnten beide Planeten, Ceres und Pallas, Fragmente eines einzigen, durch irgend eine Naturkraft zerstörten, vormals die weite Lücke zwischen Mars und Jupiter ausfüllenden, großen Hauptplaneten sein; und man habe in derselben Region einen Zuwachs von ähnlichen Trümmern, die eine elliptische Bahn um die Sonne beschreiben, zu erwarten.&#x201C;<note xml:id="ftn609" next="#ftn609-text" place="end" n="65"/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[517/0522] Das gegenseitige Verhalten der Asteroiden-Bahnen und die Aufzählung der einzelnen Bahnpaare ist der Gegenstand scharfsinniger Untersuchungen zuerst (1848) von Gould ⁶³ , ganz neuerlich von d'Arrest geworden. „Es scheint“, sagt der Letztere, „am meisten für die innige Verbindung der ganzen Gruppe kleiner Planeten zu zeugen, daß, wenn man sich die Bahnen in ihren natürlichen Verhältnissen körperlich wie Reifen dargestellt denkt, sie alle dergestalt in einander hangen, daß man vermittelst einer beliebigen die ganze Gruppe herausheben könnte. Wäre Iris, welche Hind im August 1847 auffand, uns zufällig noch unbekannt, wie gewiß noch viele andere Weltkörper in jener Region es sind, so bestände die Gruppe aus zwei gesonderten Theilen: — ein Ergebniß, das um so unerwarteter erscheinen muß, als die Zone weit ist, welche diese Bahnen im Sonnensysteme erfüllen.“ ⁶⁴ Wir können diesen wundersamen Planetenschwarm nicht verlassen, ohne in dieser fragmentarischen Aufzählung der einzelnen Glieder des Sonnengebietes der kühnen Ansicht eines vielbegabten, tiefforschenden Astronomen über den Ursprung der Asteroiden und ihrer einander durchschneidenden Bahnen zu erwähnen. Ein aus den Rechnungen von Gauß gezogenes Ergebniß, daß Ceres bei ihrem aufsteigenden Durchgang durch die Ebene der Pallasbahn diesem letzteren Planeten überaus nahe kommt, leitete Olbers auf die Vermuthung: „es könnten beide Planeten, Ceres und Pallas, Fragmente eines einzigen, durch irgend eine Naturkraft zerstörten, vormals die weite Lücke zwischen Mars und Jupiter ausfüllenden, großen Hauptplaneten sein; und man habe in derselben Region einen Zuwachs von ähnlichen Trümmern, die eine elliptische Bahn um die Sonne beschreiben, zu erwarten.“ ⁶⁵

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/522
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/522>, abgerufen am 23.11.2024.