Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

Phänomene im Weltraum werden die Wirkungen der strahlenden Wärme gehalten. Die Temperatur des Weltraums ist nach Fourier und Poisson das Resultat der Wärmestrahlung der Sonne und aller Gestirne, vermindert durch die Absorption, welche die Wärme erleidet, indem sie den "mit Aether" gefüllten Raum durchläuft.25 Dieser Sternenwärme geschieht schon bei den Alten (bei Griechen und Römern26) mehrfach Erwähnung: nicht bloß weil nach einer allgemein herrschenden Voraussetzung die Gestirne der Region des feurigen Aethers angehören, sondern weil sie selbst feuriger Natur27, ja nach der Lehre des Aristarch von Samos Fixsterne und Sonne Einer Natur sind. In der neuesten Zeit ist durch die zwei großen französischen Mathematiker, welche wir eben genannt, das Interesse für die ohngefähre Bestimmung der Temperatur der Welträume um so lebhafter angeregt worden, als man endlich eingesehen hat, wie wichtig diese Bestimmung wegen Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe für alle thermischen Verhältnisse, ja man darf sagen für die ganze Bewohnbarkeit unseres Planeten ist. Nach der analytischen Theorie der Wärme von Fourier ist die Temperatur des Weltraums (des espaces planetaires ou celestes) etwas unter der mittleren Temperatur der Pole, vielleicht selbst noch unter dem größten Kältegrade, welchen man bisher in den Polargegenden beobachtet hat. Fourier schätzt sie demnach auf -- 50° bis -- 60° Cent. (40° bis 48° Reaum. unter dem Gefrierpunkte). Der Eispol (pole glacial), Punkt der größten Kälte, fällt eben so wenig mit dem Erdpole zusammen als der Wärme-Aequator (equateur thermal), der die wärmsten Punkte aller Meridiane verbindet, mit dem

Phänomene im Weltraum werden die Wirkungen der strahlenden Wärme gehalten. Die Temperatur des Weltraums ist nach Fourier und Poisson das Resultat der Wärmestrahlung der Sonne und aller Gestirne, vermindert durch die Absorption, welche die Wärme erleidet, indem sie den „mit Aether“ gefüllten Raum durchläuft.25 Dieser Sternenwärme geschieht schon bei den Alten (bei Griechen und Römern26) mehrfach Erwähnung: nicht bloß weil nach einer allgemein herrschenden Voraussetzung die Gestirne der Region des feurigen Aethers angehören, sondern weil sie selbst feuriger Natur27, ja nach der Lehre des Aristarch von Samos Fixsterne und Sonne Einer Natur sind. In der neuesten Zeit ist durch die zwei großen französischen Mathematiker, welche wir eben genannt, das Interesse für die ohngefähre Bestimmung der Temperatur der Welträume um so lebhafter angeregt worden, als man endlich eingesehen hat, wie wichtig diese Bestimmung wegen Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe für alle thermischen Verhältnisse, ja man darf sagen für die ganze Bewohnbarkeit unseres Planeten ist. Nach der analytischen Theorie der Wärme von Fourier ist die Temperatur des Weltraums (des espaces planétaires ou célestes) etwas unter der mittleren Temperatur der Pole, vielleicht selbst noch unter dem größten Kältegrade, welchen man bisher in den Polargegenden beobachtet hat. Fourier schätzt sie demnach auf — 50° bis — 60° Cent. (40° bis 48° Réaum. unter dem Gefrierpunkte). Der Eispol (pôle glacial), Punkt der größten Kälte, fällt eben so wenig mit dem Erdpole zusammen als der Wärme-Aequator (équateur thermal), der die wärmsten Punkte aller Meridiane verbindet, mit dem

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0051" n="46"/>
Phänomene im Weltraum werden die Wirkungen der <hi rendition="#g">strahlenden Wärme</hi> gehalten. Die Temperatur des Weltraums ist nach Fourier und Poisson das Resultat der Wärmestrahlung der Sonne und <hi rendition="#g">aller Gestirne,</hi> vermindert durch die Absorption, welche die Wärme erleidet, indem sie den &#x201E;mit Aether&#x201C; gefüllten Raum durchläuft.<note xml:id="ftn71" next="#ftn71-text" place="end" n="25"/> Dieser <hi rendition="#g">Sternenwärme</hi> geschieht schon bei den Alten (bei Griechen und Römern<note xml:id="ftn72" next="#ftn72-text" place="end" n="26"/>) mehrfach Erwähnung: nicht bloß weil nach einer allgemein herrschenden Voraussetzung die Gestirne der Region des feurigen Aethers angehören, sondern weil sie selbst feuriger Natur<note xml:id="ftn73" next="#ftn73-text" place="end" n="27"/>, ja nach der Lehre des Aristarch von Samos Fixsterne und Sonne Einer Natur sind. In der neuesten Zeit ist durch die zwei großen französischen Mathematiker, welche wir eben genannt, das Interesse für die ohngefähre Bestimmung der Temperatur der Welträume um so lebhafter angeregt worden, als man endlich eingesehen hat, wie wichtig diese Bestimmung wegen Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe für alle thermischen Verhältnisse, ja man darf sagen für die ganze Bewohnbarkeit unseres Planeten ist. Nach der <hi rendition="#g">analytischen Theorie der Wärme</hi> von Fourier ist die Temperatur des Weltraums (des espaces planétaires ou célestes) etwas unter der mittleren Temperatur der Pole, vielleicht selbst noch unter dem größten Kältegrade, welchen man bisher in den Polargegenden beobachtet hat. Fourier schätzt sie demnach auf &#x2014; 50° bis &#x2014; 60° Cent. (40° bis 48° Réaum. <hi rendition="#g">unter</hi> dem Gefrierpunkte). Der <hi rendition="#g">Eispol</hi> (pôle glacial), Punkt der größten Kälte, fällt eben so wenig mit dem Erdpole zusammen als der Wärme-Aequator (équateur thermal), der die wärmsten Punkte aller Meridiane verbindet, mit dem
</p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0051] Phänomene im Weltraum werden die Wirkungen der strahlenden Wärme gehalten. Die Temperatur des Weltraums ist nach Fourier und Poisson das Resultat der Wärmestrahlung der Sonne und aller Gestirne, vermindert durch die Absorption, welche die Wärme erleidet, indem sie den „mit Aether“ gefüllten Raum durchläuft. ²⁵ Dieser Sternenwärme geschieht schon bei den Alten (bei Griechen und Römern ²⁶ ) mehrfach Erwähnung: nicht bloß weil nach einer allgemein herrschenden Voraussetzung die Gestirne der Region des feurigen Aethers angehören, sondern weil sie selbst feuriger Natur ²⁷ , ja nach der Lehre des Aristarch von Samos Fixsterne und Sonne Einer Natur sind. In der neuesten Zeit ist durch die zwei großen französischen Mathematiker, welche wir eben genannt, das Interesse für die ohngefähre Bestimmung der Temperatur der Welträume um so lebhafter angeregt worden, als man endlich eingesehen hat, wie wichtig diese Bestimmung wegen Wärmestrahlung der Erdoberfläche gegen das Himmelsgewölbe für alle thermischen Verhältnisse, ja man darf sagen für die ganze Bewohnbarkeit unseres Planeten ist. Nach der analytischen Theorie der Wärme von Fourier ist die Temperatur des Weltraums (des espaces planétaires ou célestes) etwas unter der mittleren Temperatur der Pole, vielleicht selbst noch unter dem größten Kältegrade, welchen man bisher in den Polargegenden beobachtet hat. Fourier schätzt sie demnach auf — 50° bis — 60° Cent. (40° bis 48° Réaum. unter dem Gefrierpunkte). Der Eispol (pôle glacial), Punkt der größten Kälte, fällt eben so wenig mit dem Erdpole zusammen als der Wärme-Aequator (équateur thermal), der die wärmsten Punkte aller Meridiane verbindet, mit dem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/51
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/51>, abgerufen am 24.11.2024.