Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.Mondes schreibt Kepler (ad Vitellionem Paralipomena, quibus Astronomiae pars optica traditur, 1604 p. 254) seinem, von ihm hoch verehrten Lehrer Mästlin zu, welcher dieselbe 1596 in den zu Tübingen öffentlich vertheidigten Thesen vorgetragen hatte. Galilei sprach (Sidereus Nuncius p. 26) von dem reflectirten Erdlichte als von einer Sache, die er seit mehreren Jahren selbst aufgefunden; aber hundert Jahre vor Kepler und Galilei war die Erklärung des uns sichtbaren Erdlichts im Monde dem allesumfassenden Genie des Leonardo da Vinci nicht entgangen. Seine lange vergessenen Manuscripte lieferten den Beweis davon.25 Bei den totalen Mondfinsternissen verschwindet der Mond in überaus seltenen Fällen gänzlich; so verschwand er nach Kepler's frühester Beobachtung26 am 9 December 1601; und in neuester Zeit, ohne selbst durch Fernröhre aufgefunden zu werden, am 10 Juni 1816 zu London. Ein eigener, nicht genugsam ergründeter Diaphanitäts-Zustand einzelner Schichten unserer Atmosphäre muß die Ursach dieser so seltenen als sonderbaren Erscheinung sein. Hevelius bemerkt ausdrücklich, daß in einer totalen Finsterniß (am 25 April 1642) der Himmel bei völlig heiterer Luft mit funkelnden Sternen bedeckt war, und doch in den verschiedensten Vergrößerungen, die er anwandte, die Mondscheibe spurlos verschwunden blieb. In anderen, ebenfalls sehr seltenen Fällen werden nur einzelne Theile des Mondes schwach sichtbar. Gewöhnlich sieht man die Scheibe während einer totalen Verfinsterung roth, und zwar in allen Graden der Intensität der Farbe, ja, wenn der Mond weit von der Erde entfernt ist, bis in das Feuerrothe und Glühende übergehend. Während ich, vor einem halben Jahrhunderte (29 März 1801), vor Anker an der Insel Baru unfern Mondes schreibt Kepler (ad Vitellionem Paralipomena, quibus Astronomiae pars optica traditur, 1604 p. 254) seinem, von ihm hoch verehrten Lehrer Mästlin zu, welcher dieselbe 1596 in den zu Tübingen öffentlich vertheidigten Thesen vorgetragen hatte. Galilei sprach (Sidereus Nuncius p. 26) von dem reflectirten Erdlichte als von einer Sache, die er seit mehreren Jahren selbst aufgefunden; aber hundert Jahre vor Kepler und Galilei war die Erklärung des uns sichtbaren Erdlichts im Monde dem allesumfassenden Genie des Leonardo da Vinci nicht entgangen. Seine lange vergessenen Manuscripte lieferten den Beweis davon.25 Bei den totalen Mondfinsternissen verschwindet der Mond in überaus seltenen Fällen gänzlich; so verschwand er nach Kepler's frühester Beobachtung26 am 9 December 1601; und in neuester Zeit, ohne selbst durch Fernröhre aufgefunden zu werden, am 10 Juni 1816 zu London. Ein eigener, nicht genugsam ergründeter Diaphanitäts-Zustand einzelner Schichten unserer Atmosphäre muß die Ursach dieser so seltenen als sonderbaren Erscheinung sein. Hevelius bemerkt ausdrücklich, daß in einer totalen Finsterniß (am 25 April 1642) der Himmel bei völlig heiterer Luft mit funkelnden Sternen bedeckt war, und doch in den verschiedensten Vergrößerungen, die er anwandte, die Mondscheibe spurlos verschwunden blieb. In anderen, ebenfalls sehr seltenen Fällen werden nur einzelne Theile des Mondes schwach sichtbar. Gewöhnlich sieht man die Scheibe während einer totalen Verfinsterung roth, und zwar in allen Graden der Intensität der Farbe, ja, wenn der Mond weit von der Erde entfernt ist, bis in das Feuerrothe und Glühende übergehend. Während ich, vor einem halben Jahrhunderte (29 März 1801), vor Anker an der Insel Baru unfern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <p><pb facs="#f0504" n="499"/> Mondes schreibt Kepler <hi rendition="#g">(ad Vitellionem Paralipomena, quibus Astronomiae pars optica traditur,</hi> 1604 p. 254) seinem, von ihm hoch verehrten Lehrer Mästlin zu, welcher dieselbe 1596 in den zu Tübingen öffentlich vertheidigten Thesen vorgetragen hatte. Galilei sprach <hi rendition="#g">(Sidereus Nuncius</hi> p. 26) von dem reflectirten Erdlichte als von einer Sache, die er seit mehreren Jahren selbst aufgefunden; aber hundert Jahre vor Kepler und Galilei war die Erklärung des uns sichtbaren Erdlichts im Monde dem allesumfassenden Genie des <hi rendition="#g">Leonardo da Vinci</hi> nicht entgangen. Seine lange vergessenen Manuscripte lieferten den Beweis davon.<note xml:id="ftn569" next="#ftn569-text" place="end" n="25"/> </p> <p>Bei den totalen Mondfinsternissen verschwindet der Mond in überaus seltenen Fällen gänzlich; so verschwand er nach Kepler's frühester Beobachtung<note xml:id="ftn570" next="#ftn570-text" place="end" n="26"/> am 9 December 1601; und in neuester Zeit, ohne selbst durch Fernröhre aufgefunden zu werden, am 10 Juni 1816 zu London. Ein eigener, nicht genugsam ergründeter Diaphanitäts-Zustand einzelner Schichten unserer Atmosphäre muß die Ursach dieser so seltenen als sonderbaren Erscheinung sein. Hevelius bemerkt ausdrücklich, daß in einer totalen Finsterniß (am 25 April 1642) der Himmel bei völlig heiterer Luft mit funkelnden Sternen bedeckt war, und doch in den verschiedensten Vergrößerungen, die er anwandte, die Mondscheibe spurlos verschwunden blieb. In anderen, ebenfalls sehr seltenen Fällen werden nur einzelne Theile des Mondes schwach sichtbar. Gewöhnlich sieht man die Scheibe während einer totalen Verfinsterung roth, und zwar in allen Graden der Intensität der Farbe, ja, wenn der Mond weit von der Erde entfernt ist, bis in das Feuerrothe und Glühende übergehend. Während ich, vor einem halben Jahrhunderte (29 März 1801), vor Anker an der Insel Baru unfern </p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [499/0504]
Mondes schreibt Kepler (ad Vitellionem Paralipomena, quibus Astronomiae pars optica traditur, 1604 p. 254) seinem, von ihm hoch verehrten Lehrer Mästlin zu, welcher dieselbe 1596 in den zu Tübingen öffentlich vertheidigten Thesen vorgetragen hatte. Galilei sprach (Sidereus Nuncius p. 26) von dem reflectirten Erdlichte als von einer Sache, die er seit mehreren Jahren selbst aufgefunden; aber hundert Jahre vor Kepler und Galilei war die Erklärung des uns sichtbaren Erdlichts im Monde dem allesumfassenden Genie des Leonardo da Vinci nicht entgangen. Seine lange vergessenen Manuscripte lieferten den Beweis davon.
²⁵
Bei den totalen Mondfinsternissen verschwindet der Mond in überaus seltenen Fällen gänzlich; so verschwand er nach Kepler's frühester Beobachtung
²⁶
am 9 December 1601; und in neuester Zeit, ohne selbst durch Fernröhre aufgefunden zu werden, am 10 Juni 1816 zu London. Ein eigener, nicht genugsam ergründeter Diaphanitäts-Zustand einzelner Schichten unserer Atmosphäre muß die Ursach dieser so seltenen als sonderbaren Erscheinung sein. Hevelius bemerkt ausdrücklich, daß in einer totalen Finsterniß (am 25 April 1642) der Himmel bei völlig heiterer Luft mit funkelnden Sternen bedeckt war, und doch in den verschiedensten Vergrößerungen, die er anwandte, die Mondscheibe spurlos verschwunden blieb. In anderen, ebenfalls sehr seltenen Fällen werden nur einzelne Theile des Mondes schwach sichtbar. Gewöhnlich sieht man die Scheibe während einer totalen Verfinsterung roth, und zwar in allen Graden der Intensität der Farbe, ja, wenn der Mond weit von der Erde entfernt ist, bis in das Feuerrothe und Glühende übergehend. Während ich, vor einem halben Jahrhunderte (29 März 1801), vor Anker an der Insel Baru unfern
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen
(2013-04-18T11:04:31Z)
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |