Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

Bild:
<< vorherige Seite

31/2 Grad oscilliren. In der Stellung der Rotations-Achsen gegen die eigene Bahn ist es Jupiter, welcher sich dem Extreme der Perpendicularität am meisten nähert. Im Uranus dagegen fällt, nach der Neigung der Trabanten-Bahnen zu schließen, die Rotations-Achse fast mit der Ebene der Bahn des Planeten zusammen.

Da von der Größe der Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer Bahn, also von der Schiefe der Ekliptik (d. h. von dem Winkel, welchen die scheinbare Sonnenbahn in ihrem Durchschnittspunkte mit dem Aequator macht), die Vertheilung und Dauer der Jahreszeiten, die Sonnenhöhen unter verschiedenen Breiten und die Länge des Tages abhangen; so ist dieses Element von der äußersten Wichtigkeit für die astronomischen Klimate, d. h. für die Temperatur der Erde, in so fern dieselbe Function der erreichten Mittagshöhen der Sonne und der Dauer ihres Verweilens über dem Horizonte ist. Bei einer großen Schiefe der Ekliptik, oder wenn gar der Erd-Aequator auf der Erdbahn senkrecht stände, würde jeder Ort einmal im Jahr, selbst unter den Polen, die Sonne im Zenith, und längere oder kürzere Zeit nicht aufgehen sehen. Die Unterschiede von Sommer und Winter würden unter jeder Breite (wie die Tagesdauer) das Maximum des Gegensatzes erreichen. Die Klimate würden in jeder Gegend der Erde im höchsten Grade zu denen gehören, welche man extreme nennt und die eine unabsehbar verwickelte Reihe schnell wechselnder Luftströmungen nur wenig zu mäßigen vermöchte. Wäre im umgekehrten Fall die Schiefe der Ekliptik null, fiele der Erd-Aequator mit der Ekliptik zusammen; so hörten an jedem Orte die Unterschiede der Jahreszeiten und Tageslängen auf, weil die Sonne sich

3½ Grad oscilliren. In der Stellung der Rotations-Achsen gegen die eigene Bahn ist es Jupiter, welcher sich dem Extreme der Perpendicularität am meisten nähert. Im Uranus dagegen fällt, nach der Neigung der Trabanten-Bahnen zu schließen, die Rotations-Achse fast mit der Ebene der Bahn des Planeten zusammen.

Da von der Größe der Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer Bahn, also von der Schiefe der Ekliptik (d. h. von dem Winkel, welchen die scheinbare Sonnenbahn in ihrem Durchschnittspunkte mit dem Aequator macht), die Vertheilung und Dauer der Jahreszeiten, die Sonnenhöhen unter verschiedenen Breiten und die Länge des Tages abhangen; so ist dieses Element von der äußersten Wichtigkeit für die astronomischen Klimate, d. h. für die Temperatur der Erde, in so fern dieselbe Function der erreichten Mittagshöhen der Sonne und der Dauer ihres Verweilens über dem Horizonte ist. Bei einer großen Schiefe der Ekliptik, oder wenn gar der Erd-Aequator auf der Erdbahn senkrecht stände, würde jeder Ort einmal im Jahr, selbst unter den Polen, die Sonne im Zenith, und längere oder kürzere Zeit nicht aufgehen sehen. Die Unterschiede von Sommer und Winter würden unter jeder Breite (wie die Tagesdauer) das Maximum des Gegensatzes erreichen. Die Klimate würden in jeder Gegend der Erde im höchsten Grade zu denen gehören, welche man extreme nennt und die eine unabsehbar verwickelte Reihe schnell wechselnder Luftströmungen nur wenig zu mäßigen vermöchte. Wäre im umgekehrten Fall die Schiefe der Ekliptik null, fiele der Erd-Aequator mit der Ekliptik zusammen; so hörten an jedem Orte die Unterschiede der Jahreszeiten und Tageslängen auf, weil die Sonne sich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <p><pb facs="#f0455" n="450"/>
3½ Grad oscilliren. In der Stellung der Rotations-Achsen gegen die eigene Bahn ist es Jupiter, welcher sich dem Extreme der Perpendicularität am meisten nähert. Im Uranus dagegen fällt, nach der Neigung der Trabanten-Bahnen zu schließen, die Rotations-Achse fast mit der Ebene der Bahn des Planeten zusammen.</p>
                <p>Da von der Größe der Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer Bahn, also von der Schiefe der Ekliptik (d. h. von dem Winkel, welchen die scheinbare Sonnenbahn in ihrem Durchschnittspunkte mit dem Aequator macht), die Vertheilung und Dauer der Jahreszeiten, die Sonnenhöhen unter verschiedenen Breiten und die Länge des Tages abhangen; so ist dieses Element von der äußersten Wichtigkeit für die <hi rendition="#g">astronomischen Klimate,</hi> d. h. für die Temperatur der Erde, in so fern dieselbe Function der erreichten Mittagshöhen der Sonne und der Dauer ihres Verweilens über dem Horizonte ist. Bei einer großen Schiefe der Ekliptik, oder wenn gar der Erd-Aequator auf der Erdbahn senkrecht stände, würde jeder Ort einmal im Jahr, selbst unter den Polen, die Sonne im Zenith, und längere oder kürzere Zeit nicht aufgehen sehen. Die Unterschiede von Sommer und Winter würden unter jeder Breite (wie die Tagesdauer) das Maximum des Gegensatzes erreichen. Die Klimate würden in jeder Gegend der Erde im höchsten Grade zu denen gehören, welche man <hi rendition="#g">extreme</hi> nennt und die eine unabsehbar verwickelte Reihe schnell wechselnder Luftströmungen nur wenig zu mäßigen vermöchte. Wäre im umgekehrten Fall die Schiefe der Ekliptik null, fiele der Erd-Aequator mit der Ekliptik zusammen; so hörten an jedem Orte die Unterschiede der Jahreszeiten und Tageslängen auf, weil die Sonne sich
</p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[450/0455] 3½ Grad oscilliren. In der Stellung der Rotations-Achsen gegen die eigene Bahn ist es Jupiter, welcher sich dem Extreme der Perpendicularität am meisten nähert. Im Uranus dagegen fällt, nach der Neigung der Trabanten-Bahnen zu schließen, die Rotations-Achse fast mit der Ebene der Bahn des Planeten zusammen. Da von der Größe der Neigung der Erdachse gegen die Ebene ihrer Bahn, also von der Schiefe der Ekliptik (d. h. von dem Winkel, welchen die scheinbare Sonnenbahn in ihrem Durchschnittspunkte mit dem Aequator macht), die Vertheilung und Dauer der Jahreszeiten, die Sonnenhöhen unter verschiedenen Breiten und die Länge des Tages abhangen; so ist dieses Element von der äußersten Wichtigkeit für die astronomischen Klimate, d. h. für die Temperatur der Erde, in so fern dieselbe Function der erreichten Mittagshöhen der Sonne und der Dauer ihres Verweilens über dem Horizonte ist. Bei einer großen Schiefe der Ekliptik, oder wenn gar der Erd-Aequator auf der Erdbahn senkrecht stände, würde jeder Ort einmal im Jahr, selbst unter den Polen, die Sonne im Zenith, und längere oder kürzere Zeit nicht aufgehen sehen. Die Unterschiede von Sommer und Winter würden unter jeder Breite (wie die Tagesdauer) das Maximum des Gegensatzes erreichen. Die Klimate würden in jeder Gegend der Erde im höchsten Grade zu denen gehören, welche man extreme nennt und die eine unabsehbar verwickelte Reihe schnell wechselnder Luftströmungen nur wenig zu mäßigen vermöchte. Wäre im umgekehrten Fall die Schiefe der Ekliptik null, fiele der Erd-Aequator mit der Ekliptik zusammen; so hörten an jedem Orte die Unterschiede der Jahreszeiten und Tageslängen auf, weil die Sonne sich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Posner Collection: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-01-09T11:04:31Z)
Moritz Bodner: Erstellung bzw. Korrektur der griechischen Textpassagen (2013-04-18T11:04:31Z)



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/455
Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 450. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/455>, abgerufen am 18.09.2024.