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Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.

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Annäherung vieler, dem bloßen Auge unsichtbaren, kleinen Sterne einen Nebelschein giebt. Trotz der großen Vervollkommnung optischer Werkzeuge ist fast drittehalb Jahrhunderte lang der Nebel der Andromeda, wie bei seiner Entdeckung, für vollkommen sternenleer gehalten worden: bis vor zwei Jahren jenseits des atlantischen Oceans von George Bond zu Cambridge (V. St.) 1500 kleine Sterne within the limits of the nebula erkannt worden sind. Ich habe, trotz des unaufgelösten Kerns, nicht angestanden ihn unter den Sternhaufen aufzuführen.10

Es ist wohl nur einem sonderbaren Zufall zuzuschreiben, daß Galilei, der sich schon vor 1610, als der Sydereus Nuntius erschien, mehrfach mit der Constellation des Orion beschäftigte, später in seinem Saggiatore, da er längst die Entdeckung des sternlosen Nebels in der Andromeda aus dem Mundus Jovialis kennen konnte, keines anderen Nebels am Firmamente gedenkt als solcher, welche sich selbst in seinen schwachen optischen Instrumenten in Sternhaufen auflösten. Was er Nebulose del Orione e del Presepe nennt, sind ihm nichts als "Anhäufungen (coacervazioni) zahlloser kleiner Sterne".11 Er bildet ab nach einander unter den täuschenden Namen Nebulosae Capitis, Cinguli et Ensis Orionis Sternhaufen, in denen er sich freut in einem Raum von 1 oder 2 Graden 400 bisher unaufgezählte Sterne aufgefunden zu haben. Von unaufgelöstem Nebel ist bei ihm nie die Rede. Wie hat der große Nebelfleck im Schwerdte seiner Aufmerksamkeit entgehen, wie dieselbe nicht fesseln können? Aber wenn auch der geistreiche Forscher wahrscheinlich nie den unförmlichen Orions-Nebel oder die rundliche Scheibe eines sogenannten unauflöslichen Nebels gesehen hat, so waren doch seine allgemeinen Betrachtungen12 über die innere Natur der

Annäherung vieler, dem bloßen Auge unsichtbaren, kleinen Sterne einen Nebelschein giebt. Trotz der großen Vervollkommnung optischer Werkzeuge ist fast drittehalb Jahrhunderte lang der Nebel der Andromeda, wie bei seiner Entdeckung, für vollkommen sternenleer gehalten worden: bis vor zwei Jahren jenseits des atlantischen Oceans von George Bond zu Cambridge (V. St.) 1500 kleine Sterne within the limits of the nebula erkannt worden sind. Ich habe, trotz des unaufgelösten Kerns, nicht angestanden ihn unter den Sternhaufen aufzuführen.10

Es ist wohl nur einem sonderbaren Zufall zuzuschreiben, daß Galilei, der sich schon vor 1610, als der Sydereus Nuntius erschien, mehrfach mit der Constellation des Orion beschäftigte, später in seinem Saggiatore, da er längst die Entdeckung des sternlosen Nebels in der Andromeda aus dem Mundus Jovialis kennen konnte, keines anderen Nebels am Firmamente gedenkt als solcher, welche sich selbst in seinen schwachen optischen Instrumenten in Sternhaufen auflösten. Was er Nebulose del Orione e del Presepe nennt, sind ihm nichts als „Anhäufungen (coacervazioni) zahlloser kleiner Sterne“.11 Er bildet ab nach einander unter den täuschenden Namen Nebulosae Capitis, Cinguli et Ensis Orionis Sternhaufen, in denen er sich freut in einem Raum von 1 oder 2 Graden 400 bisher unaufgezählte Sterne aufgefunden zu haben. Von unaufgelöstem Nebel ist bei ihm nie die Rede. Wie hat der große Nebelfleck im Schwerdte seiner Aufmerksamkeit entgehen, wie dieselbe nicht fesseln können? Aber wenn auch der geistreiche Forscher wahrscheinlich nie den unförmlichen Orions-Nebel oder die rundliche Scheibe eines sogenannten unauflöslichen Nebels gesehen hat, so waren doch seine allgemeinen Betrachtungen12 über die innere Natur der

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[316/0321] Annäherung vieler, dem bloßen Auge unsichtbaren, kleinen Sterne einen Nebelschein giebt. Trotz der großen Vervollkommnung optischer Werkzeuge ist fast drittehalb Jahrhunderte lang der Nebel der Andromeda, wie bei seiner Entdeckung, für vollkommen sternenleer gehalten worden: bis vor zwei Jahren jenseits des atlantischen Oceans von George Bond zu Cambridge (V. St.) 1500 kleine Sterne within the limits of the nebula erkannt worden sind. Ich habe, trotz des unaufgelösten Kerns, nicht angestanden ihn unter den Sternhaufen aufzuführen. ¹⁰ Es ist wohl nur einem sonderbaren Zufall zuzuschreiben, daß Galilei, der sich schon vor 1610, als der Sydereus Nuntius erschien, mehrfach mit der Constellation des Orion beschäftigte, später in seinem Saggiatore, da er längst die Entdeckung des sternlosen Nebels in der Andromeda aus dem Mundus Jovialis kennen konnte, keines anderen Nebels am Firmamente gedenkt als solcher, welche sich selbst in seinen schwachen optischen Instrumenten in Sternhaufen auflösten. Was er Nebulose del Orione e del Presepe nennt, sind ihm nichts als „Anhäufungen (coacervazioni) zahlloser kleiner Sterne“. ¹¹ Er bildet ab nach einander unter den täuschenden Namen Nebulosae Capitis, Cinguli et Ensis Orionis Sternhaufen, in denen er sich freut in einem Raum von 1 oder 2 Graden 400 bisher unaufgezählte Sterne aufgefunden zu haben. Von unaufgelöstem Nebel ist bei ihm nie die Rede. Wie hat der große Nebelfleck im Schwerdte seiner Aufmerksamkeit entgehen, wie dieselbe nicht fesseln können? Aber wenn auch der geistreiche Forscher wahrscheinlich nie den unförmlichen Orions-Nebel oder die rundliche Scheibe eines sogenannten unauflöslichen Nebels gesehen hat, so waren doch seine allgemeinen Betrachtungen ¹² über die innere Natur der

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Zitationshilfe: Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850, S. 316. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos03_1850/321>, abgerufen am 26.08.2024.