Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 3. Stuttgart u. a., 1850.strahlenlos wie durch gefärbte Blendgläser gesehen: gewöhnlich gelbroth, bisweilen weiß, am seltensten blaugrün. Der Schiffer, von den kalten Südströmungen des Meeres getrieben, verkennt dann die Küste, und segelt, aller Breiten-Beobachtungen entbehrend, bei den Häfen vorüber, in welche er einlaufen soll. Eine Inclinations-Nadel allein2 könnte ihn, bei der dortigen Richtung der magnetischen Curven, vor Irrthum bewahren, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe. Bouguer und sein Mitarbeiter Don Jorge Juan haben lange vor mir über "Peru's unastronomischen Himmel" Klage geführt. Eine ernstere Betrachtung knüpft sich noch an diese lichtraubende, jeder electrischen Entladung unfähige, blitz- und donnerlose Dunstschicht an, über welche frei und unbewölkt die Cordilleren ihre Hochebenen und schneebedeckten Gipfel erheben. Nach dem, was uns die neuere Geologie über die alte Geschichte unseres Luftkreises vermuthen läßt, muß sein primitiver Zustand in Mischung und Dichte dem Durchgange des Lichts nicht günstig gewesen sein. Wenn man nun der vielfachen Processe gedenkt, welche in der Urwelt die Scheidung des Festen, des Flüssigen und Gasförmigen um die Erdrinde mögen bewirkt haben; so kann man sich nicht des Gedankens erwehren, wie nahe die Menschheit der Gefahr gewesen ist, von einer undurchsichtigeren, manchen Gruppen der Vegetation wenig hinderlichen, aber die ganze Sternendecke verhüllenden Atmosphäre umgeben zu sein. Alle Kenntniß des Weltbaues wäre dann dem Forschungsgeiste entzogen geblieben. Außer uns schiene nichts Geschaffenes vorhanden zu sein als vielleicht Mond und Sonne. Wie ein isolirtes Dreigestirn, würden scheinbar Sonne, Mond und strahlenlos wie durch gefärbte Blendgläser gesehen: gewöhnlich gelbroth, bisweilen weiß, am seltensten blaugrün. Der Schiffer, von den kalten Südströmungen des Meeres getrieben, verkennt dann die Küste, und segelt, aller Breiten-Beobachtungen entbehrend, bei den Häfen vorüber, in welche er einlaufen soll. Eine Inclinations-Nadel allein2 könnte ihn, bei der dortigen Richtung der magnetischen Curven, vor Irrthum bewahren, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe. Bouguer und sein Mitarbeiter Don Jorge Juan haben lange vor mir über „Peru's unastronomischen Himmel“ Klage geführt. Eine ernstere Betrachtung knüpft sich noch an diese lichtraubende, jeder electrischen Entladung unfähige, blitz- und donnerlose Dunstschicht an, über welche frei und unbewölkt die Cordilleren ihre Hochebenen und schneebedeckten Gipfel erheben. Nach dem, was uns die neuere Geologie über die alte Geschichte unseres Luftkreises vermuthen läßt, muß sein primitiver Zustand in Mischung und Dichte dem Durchgange des Lichts nicht günstig gewesen sein. Wenn man nun der vielfachen Processe gedenkt, welche in der Urwelt die Scheidung des Festen, des Flüssigen und Gasförmigen um die Erdrinde mögen bewirkt haben; so kann man sich nicht des Gedankens erwehren, wie nahe die Menschheit der Gefahr gewesen ist, von einer undurchsichtigeren, manchen Gruppen der Vegetation wenig hinderlichen, aber die ganze Sternendecke verhüllenden Atmosphäre umgeben zu sein. Alle Kenntniß des Weltbaues wäre dann dem Forschungsgeiste entzogen geblieben. Außer uns schiene nichts Geschaffenes vorhanden zu sein als vielleicht Mond und Sonne. Wie ein isolirtes Dreigestirn, würden scheinbar Sonne, Mond und <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0149" n="144"/> strahlenlos wie durch gefärbte Blendgläser gesehen: gewöhnlich gelbroth, bisweilen weiß, am seltensten blaugrün. 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strahlenlos wie durch gefärbte Blendgläser gesehen: gewöhnlich gelbroth, bisweilen weiß, am seltensten blaugrün. Der Schiffer, von den kalten Südströmungen des Meeres getrieben, verkennt dann die Küste, und segelt, aller Breiten-Beobachtungen entbehrend, bei den Häfen vorüber, in welche er einlaufen soll. Eine Inclinations-Nadel allein
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könnte ihn, bei der dortigen Richtung der magnetischen Curven, vor Irrthum bewahren, wie ich an einem anderen Orte gezeigt habe.
Bouguer und sein Mitarbeiter Don Jorge Juan haben lange vor mir über „Peru's unastronomischen Himmel“ Klage geführt. Eine ernstere Betrachtung knüpft sich noch an diese lichtraubende, jeder electrischen Entladung unfähige, blitz- und donnerlose Dunstschicht an, über welche frei und unbewölkt die Cordilleren ihre Hochebenen und schneebedeckten Gipfel erheben. Nach dem, was uns die neuere Geologie über die alte Geschichte unseres Luftkreises vermuthen läßt, muß sein primitiver Zustand in Mischung und Dichte dem Durchgange des Lichts nicht günstig gewesen sein. Wenn man nun der vielfachen Processe gedenkt, welche in der Urwelt die Scheidung des Festen, des Flüssigen und Gasförmigen um die Erdrinde mögen bewirkt haben; so kann man sich nicht des Gedankens erwehren, wie nahe die Menschheit der Gefahr gewesen ist, von einer undurchsichtigeren, manchen Gruppen der Vegetation wenig hinderlichen, aber die ganze Sternendecke verhüllenden Atmosphäre umgeben zu sein. Alle Kenntniß des Weltbaues wäre dann dem Forschungsgeiste entzogen geblieben. Außer uns schiene nichts Geschaffenes vorhanden zu sein als vielleicht Mond und Sonne. Wie ein isolirtes Dreigestirn, würden scheinbar Sonne, Mond und
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