Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.II. Landschaftmalerei in ihrem Einfluß auf die Belebung des Naturstudiums -- Graphische Darstellung der Physiognomik der Gewächse -- Charakteristik ihrer Gestaltung unter verschiedenen Zonen. Wie eine lebensfrische Naturbeschreibung, so ist auch die Landschaftmalerei geeignet die Liebe zum Naturstudium zu erhöhen. Beide zeigen uns die Außenwelt in ihrer ganzen gestaltenreichen Mannigfaltigkeit; beide sind fähig, nach dem Grade eines mehr oder minder glücklichen Gelingens in Auffassung der Natur, das Sinnliche an das Unsinnliche anzuknüpfen. Das Streben nach einer solchen Verknüpfung bezeichnet das letzte und erhabenste Ziel der darstellenden Künste. Diese Blätter sind durch den wissenschaftlichen Gegenstand, dem sie gewidmet sind, auf eine andere Ansicht beschränkt: es kann hier der Landschaftmalerei nur in der Beziehung gedacht werden, als sie den physiognomischen Charakter der verschiedenen Erdräume anschaulich macht, die Sehnsucht nach fernen Reisen vermehrt, und auf eine eben so lehrreiche als anmuthige Weise zum Verkehr mit der freien Natur anreizt. In dem Alterthum, welches wir vorzugsweise das classische nennen, bei den Griechen und Römern, war nach der besonderen Geistesrichtung dieser Völker die Landschaftmalerei eben so wenig als die dichterische Schilderung einer Gegend ein für sich bestehendes Object der II. Landschaftmalerei in ihrem Einfluß auf die Belebung des Naturstudiums — Graphische Darstellung der Physiognomik der Gewächse — Charakteristik ihrer Gestaltung unter verschiedenen Zonen. Wie eine lebensfrische Naturbeschreibung, so ist auch die Landschaftmalerei geeignet die Liebe zum Naturstudium zu erhöhen. Beide zeigen uns die Außenwelt in ihrer ganzen gestaltenreichen Mannigfaltigkeit; beide sind fähig, nach dem Grade eines mehr oder minder glücklichen Gelingens in Auffassung der Natur, das Sinnliche an das Unsinnliche anzuknüpfen. Das Streben nach einer solchen Verknüpfung bezeichnet das letzte und erhabenste Ziel der darstellenden Künste. Diese Blätter sind durch den wissenschaftlichen Gegenstand, dem sie gewidmet sind, auf eine andere Ansicht beschränkt: es kann hier der Landschaftmalerei nur in der Beziehung gedacht werden, als sie den physiognomischen Charakter der verschiedenen Erdräume anschaulich macht, die Sehnsucht nach fernen Reisen vermehrt, und auf eine eben so lehrreiche als anmuthige Weise zum Verkehr mit der freien Natur anreizt. In dem Alterthum, welches wir vorzugsweise das classische nennen, bei den Griechen und Römern, war nach der besonderen Geistesrichtung dieser Völker die Landschaftmalerei eben so wenig als die dichterische Schilderung einer Gegend ein für sich bestehendes Object der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0081" n="76"/> <div n="3"> <head> <hi rendition="#b">II. Landschaftmalerei in ihrem Einfluß auf die Belebung des Naturstudiums — Graphische Darstellung der Physiognomik der Gewächse — Charakteristik ihrer Gestaltung unter verschiedenen Zonen.</hi> </head><lb/> <p>Wie eine lebensfrische Naturbeschreibung, so ist auch die <hi rendition="#g">Landschaftmalerei</hi> geeignet die Liebe zum Naturstudium zu erhöhen. Beide zeigen uns die Außenwelt in ihrer ganzen gestaltenreichen Mannigfaltigkeit; beide sind fähig, nach dem Grade eines mehr oder minder glücklichen Gelingens in Auffassung der Natur, das Sinnliche an das Unsinnliche anzuknüpfen. Das Streben nach einer solchen Verknüpfung bezeichnet das letzte und erhabenste Ziel der darstellenden Künste. Diese Blätter sind durch den wissenschaftlichen Gegenstand, dem sie gewidmet sind, auf eine andere Ansicht beschränkt: es kann hier der Landschaftmalerei nur in der Beziehung gedacht werden, als sie den physiognomischen Charakter der verschiedenen Erdräume anschaulich macht, die Sehnsucht nach fernen Reisen vermehrt, und auf eine eben so lehrreiche als anmuthige Weise zum Verkehr mit der freien Natur anreizt.</p> <p>In dem Alterthum, welches wir vorzugsweise das classische nennen, bei den Griechen und Römern, war nach der besonderen Geistesrichtung dieser Völker die Landschaftmalerei eben so wenig als die dichterische Schilderung einer Gegend ein für sich bestehendes Object der </p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [76/0081]
II. Landschaftmalerei in ihrem Einfluß auf die Belebung des Naturstudiums — Graphische Darstellung der Physiognomik der Gewächse — Charakteristik ihrer Gestaltung unter verschiedenen Zonen.
Wie eine lebensfrische Naturbeschreibung, so ist auch die Landschaftmalerei geeignet die Liebe zum Naturstudium zu erhöhen. Beide zeigen uns die Außenwelt in ihrer ganzen gestaltenreichen Mannigfaltigkeit; beide sind fähig, nach dem Grade eines mehr oder minder glücklichen Gelingens in Auffassung der Natur, das Sinnliche an das Unsinnliche anzuknüpfen. Das Streben nach einer solchen Verknüpfung bezeichnet das letzte und erhabenste Ziel der darstellenden Künste. Diese Blätter sind durch den wissenschaftlichen Gegenstand, dem sie gewidmet sind, auf eine andere Ansicht beschränkt: es kann hier der Landschaftmalerei nur in der Beziehung gedacht werden, als sie den physiognomischen Charakter der verschiedenen Erdräume anschaulich macht, die Sehnsucht nach fernen Reisen vermehrt, und auf eine eben so lehrreiche als anmuthige Weise zum Verkehr mit der freien Natur anreizt.
In dem Alterthum, welches wir vorzugsweise das classische nennen, bei den Griechen und Römern, war nach der besonderen Geistesrichtung dieser Völker die Landschaftmalerei eben so wenig als die dichterische Schilderung einer Gegend ein für sich bestehendes Object der
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