Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.wiedergiebt, was die Trombe ihnen brausend entzogen."91 Die Schriftgelehrten, sagt der Dichter (und er sagt es fast auch zum Spott der jetzigen Zeit), die Schriftgelehrten mögen versuchen "der Welt verborgene Wunderdinge zu erklären, da, vom Geist allein und von der Wissenschaft geleitet, sie so gern für falsch ausgeben, was man aus dem Munde des Schiffers hört, dem einziger Leiter die Erfahrung ist." Das naturbeschreibende Talent des begeisterten Dichters weilt aber nicht bloß bei den einzelnen Erscheinungen, es glänzt auch da, wo es große Massen auf einmal umfaßt. Der dritte Gesang schildert mit wenigen Zügen die Gestaltung von Europa92 vom kältesten Norden an bis "zum Lusitanenreiche und zu der Meerenge, wo Hercules sein letztes Werk gethan". Ueberall wird auf die Sitten und den Culturzustand der Völker angespielt, welche den vielgegliederten Welttheil bewohnen. Von den Preußen, Moscoviten und den Stämmen, "que o Rheno frio lava", eilt er zu den herrlichen Auen von Hellas, "que creastes os peitos eloquentes, e os juizos de alta phantasia". Im zehnten Gesange erweitert sich der Blick. Tethys führt den Gama auf einen hohen Berg, um ihm die Geheimnisse des Weltbaues (machina do mundo) und der Planeten Lauf (nach Ptolemäischen Ansichten) zu enthüllen.93 Es ist ein Traumgesicht im Styl des Dante; und da die Erde das Centrum des Bewegten bildet, so wird zuletzt bei Beschreibung des Erdglobus die ganze Kenntniß der damals erforschten Länder und ihrer Erzeugnisse dargelegt.94 Es gilt hier nicht mehr Europa allein zu schildern, wie früher im dritten Gesange, alle Erdtheile werden durchmustert; selbst wiedergiebt, was die Trombe ihnen brausend entzogen."91 Die Schriftgelehrten, sagt der Dichter (und er sagt es fast auch zum Spott der jetzigen Zeit), die Schriftgelehrten mögen versuchen „der Welt verborgene Wunderdinge zu erklären, da, vom Geist allein und von der Wissenschaft geleitet, sie so gern für falsch ausgeben, was man aus dem Munde des Schiffers hört, dem einziger Leiter die Erfahrung ist." Das naturbeschreibende Talent des begeisterten Dichters weilt aber nicht bloß bei den einzelnen Erscheinungen, es glänzt auch da, wo es große Massen auf einmal umfaßt. Der dritte Gesang schildert mit wenigen Zügen die Gestaltung von Europa92 vom kältesten Norden an bis „zum Lusitanenreiche und zu der Meerenge, wo Hercules sein letztes Werk gethan". Ueberall wird auf die Sitten und den Culturzustand der Völker angespielt, welche den vielgegliederten Welttheil bewohnen. Von den Preußen, Moscoviten und den Stämmen, »que o Rheno frio lava«, eilt er zu den herrlichen Auen von Hellas, »que creastes os peitos eloquentes, e os juizos de alta phantasia«. Im zehnten Gesange erweitert sich der Blick. Tethys führt den Gama auf einen hohen Berg, um ihm die Geheimnisse des Weltbaues (machina do mundo) und der Planeten Lauf (nach Ptolemäischen Ansichten) zu enthüllen.93 Es ist ein Traumgesicht im Styl des Dante; und da die Erde das Centrum des Bewegten bildet, so wird zuletzt bei Beschreibung des Erdglobus die ganze Kenntniß der damals erforschten Länder und ihrer Erzeugnisse dargelegt.94 Es gilt hier nicht mehr Europa allein zu schildern, wie früher im dritten Gesange, alle Erdtheile werden durchmustert; selbst <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0065" n="60"/> wiedergiebt, was die Trombe ihnen brausend entzogen."<note xml:id="ftn90" next="#ftn90-text" place="end" n="91"/> Die Schriftgelehrten, sagt der Dichter (und er sagt es fast auch zum Spott der jetzigen Zeit), die Schriftgelehrten mögen versuchen „der Welt verborgene Wunderdinge zu erklären, da, vom Geist allein und von der Wissenschaft geleitet, sie so gern für falsch ausgeben, was man aus dem Munde des Schiffers hört, dem einziger Leiter die Erfahrung ist."</p> <p>Das naturbeschreibende Talent des begeisterten Dichters weilt aber nicht bloß bei den einzelnen Erscheinungen, es glänzt auch da, wo es große Massen auf einmal umfaßt. 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wiedergiebt, was die Trombe ihnen brausend entzogen."
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Die Schriftgelehrten, sagt der Dichter (und er sagt es fast auch zum Spott der jetzigen Zeit), die Schriftgelehrten mögen versuchen „der Welt verborgene Wunderdinge zu erklären, da, vom Geist allein und von der Wissenschaft geleitet, sie so gern für falsch ausgeben, was man aus dem Munde des Schiffers hört, dem einziger Leiter die Erfahrung ist."
Das naturbeschreibende Talent des begeisterten Dichters weilt aber nicht bloß bei den einzelnen Erscheinungen, es glänzt auch da, wo es große Massen auf einmal umfaßt. Der dritte Gesang schildert mit wenigen Zügen die Gestaltung von Europa
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vom kältesten Norden an bis „zum Lusitanenreiche und zu der Meerenge, wo Hercules sein letztes Werk gethan". Ueberall wird auf die Sitten und den Culturzustand der Völker angespielt, welche den vielgegliederten Welttheil bewohnen. Von den Preußen, Moscoviten und den Stämmen, »que o Rheno frio lava«, eilt er zu den herrlichen Auen von Hellas, »que creastes os peitos eloquentes, e os juizos de alta phantasia«. Im zehnten Gesange erweitert sich der Blick. Tethys führt den Gama auf einen hohen Berg, um ihm die Geheimnisse des Weltbaues (machina do mundo) und der Planeten Lauf (nach Ptolemäischen Ansichten) zu enthüllen.
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Es ist ein Traumgesicht im Styl des Dante; und da die Erde das Centrum des Bewegten bildet, so wird zuletzt bei Beschreibung des Erdglobus die ganze Kenntniß der damals erforschten Länder und ihrer Erzeugnisse dargelegt.
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Es gilt hier nicht mehr Europa allein zu schildern, wie früher im dritten Gesange, alle Erdtheile werden durchmustert; selbst
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