Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847.VIII. Rückblick auf die Reihenfolge der durchlaufenen Perioden. -- Einfluß äußerer Ereignisse auf die sich entwickelnde Erkenntniß des Weltganzen. -- Vielseitigkeit und innigere Verkettung der wissenschaftlichen Bestrebungen in der neuesten Zeit. -- Die Geschichte der physischen Wissenschaften schmilzt allmälig mit der Geschichte des Kosmos zusammen. Ich nähere mich dem Ende eines vielgewagten, inhaltschweren Unternehmens. Mehr als zwei Jahrtausende sind durchlaufen worden, von den frühen Zuständen der Cultur unter den Völkern, die das Becken des Mittelmeeres und die fruchtbaren Stromgebiete des westlichen Asiens umwohnten, bis zu dem Anfange des letztverflossenen Jahrhunderts, also bis zu einer Zeit, in der Ansichten und Gefühle sich schon mit den unsrigen verschmelzen. Ich habe in sieben scharf von einander geschiedenen Abtheilungen, gleichsam in der Reihenfolge von eben so viel einzelnen Gemälden, die Geschichte der physischen Weltanschauung, d. h. die Geschichte der sich allmälig entwickelnden Erkenntniß des Weltganzen, darzustellen geglaubt. Ob es einigermaßen gelungen ist die Masse des angehäuften Stoffes zu beherrschen, den Charakter der Hauptepochen aufzufassen, die Wege zu bezeichnen, auf denen Ideen und Gesittung zugeführt worden sind: darf, in gerechtem Mißtrauen der ihm übrig gebliebenen Kräfte, der nicht entscheiden, dem mit Klarheit nur in VIII. Rückblick auf die Reihenfolge der durchlaufenen Perioden. — Einfluß äußerer Ereignisse auf die sich entwickelnde Erkenntniß des Weltganzen. — Vielseitigkeit und innigere Verkettung der wissenschaftlichen Bestrebungen in der neuesten Zeit. — Die Geschichte der physischen Wissenschaften schmilzt allmälig mit der Geschichte des Kosmos zusammen. Ich nähere mich dem Ende eines vielgewagten, inhaltschweren Unternehmens. Mehr als zwei Jahrtausende sind durchlaufen worden, von den frühen Zuständen der Cultur unter den Völkern, die das Becken des Mittelmeeres und die fruchtbaren Stromgebiete des westlichen Asiens umwohnten, bis zu dem Anfange des letztverflossenen Jahrhunderts, also bis zu einer Zeit, in der Ansichten und Gefühle sich schon mit den unsrigen verschmelzen. Ich habe in sieben scharf von einander geschiedenen Abtheilungen, gleichsam in der Reihenfolge von eben so viel einzelnen Gemälden, die Geschichte der physischen Weltanschauung, d. h. die Geschichte der sich allmälig entwickelnden Erkenntniß des Weltganzen, darzustellen geglaubt. Ob es einigermaßen gelungen ist die Masse des angehäuften Stoffes zu beherrschen, den Charakter der Hauptepochen aufzufassen, die Wege zu bezeichnen, auf denen Ideen und Gesittung zugeführt worden sind: darf, in gerechtem Mißtrauen der ihm übrig gebliebenen Kräfte, der nicht entscheiden, dem mit Klarheit nur in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0400" n="395"/> <div n="4"> <head> <hi rendition="#b">VIII.</hi> </head><lb/> <argument> <p> <hi rendition="#b">Rückblick auf die Reihenfolge der durchlaufenen Perioden. — Einfluß äußerer Ereignisse auf die sich entwickelnde Erkenntniß des Weltganzen. — Vielseitigkeit und innigere Verkettung der wissenschaftlichen Bestrebungen in der neuesten Zeit. — Die Geschichte der physischen Wissenschaften schmilzt allmälig mit der Geschichte des Kosmos zusammen.</hi> </p> </argument> <p>Ich nähere mich dem Ende eines vielgewagten, inhaltschweren Unternehmens. Mehr als zwei Jahrtausende sind durchlaufen worden, von den frühen Zuständen der Cultur unter den Völkern, die das Becken des Mittelmeeres und die fruchtbaren Stromgebiete des westlichen Asiens umwohnten, bis zu dem Anfange des letztverflossenen Jahrhunderts, also bis zu einer Zeit, in der Ansichten und Gefühle sich schon mit den unsrigen verschmelzen. Ich habe in sieben scharf von einander geschiedenen Abtheilungen, gleichsam in der Reihenfolge von eben so viel einzelnen Gemälden, die <hi rendition="#g">Geschichte der physischen Weltanschauung,</hi> d. h. die Geschichte der sich allmälig entwickelnden Erkenntniß des Weltganzen, darzustellen geglaubt. Ob es einigermaßen gelungen ist die Masse des angehäuften Stoffes zu beherrschen, den Charakter der Hauptepochen aufzufassen, die Wege zu bezeichnen, auf denen Ideen und Gesittung zugeführt worden sind: darf, in gerechtem Mißtrauen der ihm übrig gebliebenen Kräfte, der nicht entscheiden, dem mit Klarheit nur in </p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [395/0400]
VIII.
Rückblick auf die Reihenfolge der durchlaufenen Perioden. — Einfluß äußerer Ereignisse auf die sich entwickelnde Erkenntniß des Weltganzen. — Vielseitigkeit und innigere Verkettung der wissenschaftlichen Bestrebungen in der neuesten Zeit. — Die Geschichte der physischen Wissenschaften schmilzt allmälig mit der Geschichte des Kosmos zusammen.
Ich nähere mich dem Ende eines vielgewagten, inhaltschweren Unternehmens. Mehr als zwei Jahrtausende sind durchlaufen worden, von den frühen Zuständen der Cultur unter den Völkern, die das Becken des Mittelmeeres und die fruchtbaren Stromgebiete des westlichen Asiens umwohnten, bis zu dem Anfange des letztverflossenen Jahrhunderts, also bis zu einer Zeit, in der Ansichten und Gefühle sich schon mit den unsrigen verschmelzen. Ich habe in sieben scharf von einander geschiedenen Abtheilungen, gleichsam in der Reihenfolge von eben so viel einzelnen Gemälden, die Geschichte der physischen Weltanschauung, d. h. die Geschichte der sich allmälig entwickelnden Erkenntniß des Weltganzen, darzustellen geglaubt. Ob es einigermaßen gelungen ist die Masse des angehäuften Stoffes zu beherrschen, den Charakter der Hauptepochen aufzufassen, die Wege zu bezeichnen, auf denen Ideen und Gesittung zugeführt worden sind: darf, in gerechtem Mißtrauen der ihm übrig gebliebenen Kräfte, der nicht entscheiden, dem mit Klarheit nur in
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Zitationshilfe: | Humboldt, Alexander von: Kosmos. Entwurf einer physischen Weltbeschreibung. Bd. 2. Stuttgart u. a., 1847, S. 395. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/humboldt_kosmos02_1847/400>, abgerufen am 22.02.2025. |